Es ist ein Kraftlackel, das M440i xDrive Gran Coupé von BMW. Um das zu ahnen, muss man keinen einzigen Meter gefahren sein. Die Optik allein spricht Bände. So wie der gut 1,8 Tonnen schwere Bolide in der Parklücke steht, das allein schon zeugt von Power pur.

Abgesehen von der immer noch gewöhnungsbedürftigen Niere ist dies ein Auto von gestreckter Eleganz. Unter der Haube ein prachtvoller Reihensechser.
Foto: Stockinger

Es ist aber nicht der Motor, sondern ausgerechnet der Kühlergrill, der stark emotionalisiert. Die Designer haben die für BMW-Kraftfahrzeuge so typischen Nieren groß wie nie gestaltet. Die vielen Lamellen hinter der Grillfront haben auch einen Zweck: Sie gehen auf und zu, je nachdem, ob der Motor Kühlung braucht oder nicht. Und Kühlung braucht der Motor, wenn man ihn richtig fordert. Davon aber später.

Innen überzeugen insbesondere die Sitze. Verschiedene Ebenen, mit edlem Leder überzogen, passen sich der Körperform nahezu perfekt an. Die Sitze lassen sich im Winter heizen und im Sommer kühlen. Eine Massagefunktion sorgt dafür, dass man selbst bei längeren Ausfahrten fit bleibt. Das Knieteil kann verlängert werden und ist weich. Gut gefallen hat uns auch die Seitenpolsterung, sie lässt sich per Knopfdruck enger oder weiter stellen.

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Der Start/Stopp-Knopf ist in die breite Mittelkonsole integriert. Knopf drücken, Gas geben, schon entfaltet sich der unverwechselbare BMW-Sound. Kein Wunder: Unter der Motorhaube finden sich nicht weniger als 374 Pferdestärken.

Im Gran Coupé, das wir getestet haben, ist aber nicht nur ein Benziner mit einem Dreiliter-Reihensechszylinder-Motor verbaut, sondern zusätzlich ein 48-Volt-Mildhybridsystem. Das heißt: Immer wenn die Fuhre bremst, fließt Energie in den Akku. Wenn dann im Stand der Motor aus ist und die Ampel wieder auf Grün springt, startet der Wagen zunächst elektrisch; der Verbrenner schaltet sich dazu, ohne dass man es zunächst merkt.

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Hilfe zur Selbsthilfe

Will man die volle Power spüren, und tritt das Gaspedal durch, stehen elf weitere PS zur Verfügung. Neben der Unterstützung beim Anfahren hilft der Elektromotor auch, den Spritverbrauch um etwa 0,3 Liter je 100 km zu senken, verspricht der Hersteller. Direkt nachprüfen konnten wir das bei unseren Ausfahrten nicht. Der Verbrauch ist aber bei zugegeben dosierter Fahrweise im Umland von Wien unter zehn Litern je 100 km geblieben.

Wenn es sein muss, ist das Auto in weniger als fünf Sekunden von null auf 100. Abgeriegelt wird bei 250 km/h, was auf Österreichs Straßen aber ohnehin graue Theorie ist.

Das Platzangebot ist beim Gran Coupé nicht nur vorn gut, dort aber speziell. Einzig einen passenden Platz für den Schlüssel haben wir vermisst. So musste der Getränkehalter zweckentfremdet werden.

Grafik: Der Standard

Das Achtgang-Automatikgetriebe von ZF schaltet höllisch gut, bis zu 40 Assistenzsysteme sorgen dafür, dass man selbst bei nasser Fahrbahn sicher auf der Straße bleibt. Das Infotainment System lässt sich per Touchscreen steuern – oder mit einem Drehknopf in der Mittelkonsole. Fahrmodi von Sport über Comfort, Eco Pro bis Adaptive lassen kaum einen Wunsch offen.

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Dasselbe gilt für den Kofferraum. Mit 500 bis 1300 Liter Fassungsvermögen (bei umgelegter Rückbank) lässt sich eine Matratze genauso gut transportieren wie ein Billy-Regal von Ikea. Allzu groß gewachsen sollten die Personen, die in der zweiten Reihe Platz nehmen, dennoch nicht sein: Die Dachschräge, die dem Auto die aerodynamische Form gibt, könnte an den Haaren kratzen.

Alles in allem ein schönes Auto, durchaus familientauglich, das aber auch seinen Preis hat. (Günther Strobl, 4.2.2022)

Zweite Meinung:

Der Dreiliter-Reihensechszylinder von BMW ist einer der berühmtesten Motoren der vergangenen Jahrzehnte. In seiner aktuellsten Ausprägung bekommt er noch Mildhybrid-Unterstützung, das spart da und dort ein paar Zehntelliter beim Verbrauch und verhilft ihm zu noch spontanerem Antritt. Ein Stück von ingenieurstechnischem Kulturgut, an dem man sich delektieren mag, solang es noch existiert. Wer dieses Antriebskonzept für die Welt von gestern hält – und es werden immer mehr –, das 4er-Gran-Coupé aber dennoch für einen großen ästhetischen Wurf hält, kann auch zum elektrischen i4 greifen. (stock)