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Schöne Kulisse, dürftiges Resultat: Auch die Meeresluft in Neum führte keine Einigung herbei.

Foto: Reuters / Djurica

Das Gesprächsformat erinnerte manche an die Verhandlungen auf dem britischen Flugzeugträger Invincible während des Bosnienkriegs 1993. Damals versuchte man ebenfalls, die Verhandlungsparteien zu isolieren, um sie zu einem Ergebnis zu bringen. Damals war es erfolglos, heute auch: Am Sonntag scheiterten die Gespräche zur Verfassungsreform in Bosnien-Herzegowina, zu denen Vertreter der USA und der EU bosnische Parteien nach Neum bestellt hatten.

Inhaltlich ging es um die Wahl des Staatspräsidiums und die Zusammensetzung der zweiten Parlamentskammer. Doch einige Parteien waren erst gar nicht in den Küstenort gereist, weil sie es für verfehlt halten, über ein Thema wie eine Wahlgesetzgebung zu diskutieren – angesichts der Drohungen von Milorad Dodik, dem Chef der extrem nationalistischen Partei SNSD, Bosnien-Herzegowina zu zerstören.

Glaubwürdigkeitsproblem

Die beiden Verhandler, der noch von Donald Trump entsandte Matthew Palmer und Angelina Eichhorst vom Europäischen Auswärtigen Dienst, hatten zudem bereits zuvor bei bosnischen Politikern und Diplomaten an Glaubwürdigkeit verloren, weil sie vor einigen Jahren einen Gebietstausch zwischen Kosovo und Serbien, der für Bosnien-Herzegowina eine Katastrophe bedeutet hätte, unterstützt hatten.

Zudem war in den seit Monaten dauernden Verhandlungen offensichtlich geworden, dass diese vor allem von der kroatisch-nationalistischen Partei HDZ angestoßen wurden, die innerhalb der EU-Institutionen von ihrer Schwesterpartei HDZ in Kroatien dabei unterstützt wurde. Die HDZ in Bosnien-Herzegowina blockiert seit Jahren einige wichtige Institutionen durch ihre Vetorechte so wie auch dutzende Gesetze im Landesteil Föderation.

Niederlage für den Westen

Sie will mit dieser Obstruktionspolitik erreichen, dass ihre Forderungen erfüllt werden. Der Chef der HDZ in Bosnien-Herzegowina, Dragan Čović, drohte nun nach den gescheiterten Verhandlungen, die Wahlen im Oktober zu blockieren.

Der österreichische Politologe und Bosnien-Experte Vedran Džihić fordert indes eine Rückkehr zu europäischen Normen in der internationalen Bosnien-Politik und Sanktionen gegen Dodik. Die USA haben seit Jahren Strafmaßnahmen erlassen, aber in der EU zögert man.

"Wenn man Dodik so davonziehen lässt, dann ist das eine Niederlage für den Westen", sagt Džihić auch angesichts der Ukraine-Krise. "Denn das ist mehr als Appeasement, man lässt damit Bullying, Nationalismus und eine Militarisierungslogik zu." (Adelheid Wölfl, 1.2.2022)