Wie zufrieden die Arbeit in den eigenen vier Wänden macht, hängt wesentlich von der konkreten Lebenssituation ab – und von der Unterstützung durch die Unternehmen.

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Das Homeoffice – es gehört zweifellos zu den großen gesellschaftlichen Veränderungen, die untrennbar mit der Covid-19-Pandemie verbunden sind. Zwar gab es auch zuvor Heimarbeit, doch erst während der Krise wurde sie als vollwertige Alternative zum Bürobetrieb akzeptiert, vielfach sogar als offiziell bevorzugte Variante. Von der Regierung empfohlen, von Arbeitgebern verordnet – doch wie standen und stehen eigentlich die Arbeitenden zum Homeoffice?

Dieser Frage ging die Fachhochschule Joanneum gemeinsam mit der Universität Graz und der Interdisziplinären Gesellschaft für Sozialtechnologie und Forschung (IGSF) im Rahmen des Projekts Digi@Homework nach. Es wurde von der Arbeiterkammer Steiermark im Rahmen des Projektfonds "Arbeit 4.0" gefördert.

Kernstück von Digi@Homework ist eine empirische Befragung von knapp mehr als 1100 steirischen Beschäftigten. Die Datenerhebung erfolgte mittels einer Online-Umfrage Ende 2020 und Anfang 2021, also genau zur Zeit des dritten Lockdowns.

Um repräsentative Ergebnisse zu erhalten, wurde darauf geachtet, dass die Stichprobe Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus verschiedenen Branchen im korrekten Verhältnis beinhaltet. Zusätzlich wurden diese Branchen nach ihrem jeweiligen Potenzial für Homeoffice gewichtet. Neben der quantitativen Erhebung wurden auch Experteninterviews und eine Gruppendiskussion mit Experten durchgeführt.

Mehrheitlich glücklich

Die steirischen Befragten waren mehrheitlich glücklich im Homeoffice: Zwei Drittel gaben an, "zufrieden" oder "sehr zufrieden" mit dieser Form des Arbeitens zu sein, nur fünf Prozent waren "unzufrieden" oder "sehr unzufrieden". Dieses Ergebnis ist dennoch insofern überraschend, als die befragten Personen zugleich mitteilten, dass sie im Homeoffice eine höhere Arbeitsbelastung haben – durchschnittlich fehlten ihnen 2,7 Stunden Freizeit pro Woche im Vergleich zur Arbeit im Büro.

"Das hat uns stutzig macht", sagt Projektleiterin Susanne Sackl-Sharif von der FH Joanneum. "Dann haben wir festgestellt, dass die Zufriedenheit stark mit der Lebenslage der Beschäftigten korreliert, also mit Einkommen, Familien- und Wohnsituation." Dass ein hohes Einkommen mit hoher Zufriedenheit zusammenfällt, ist noch vergleichsweise wenig überraschend.

Interessanter ist hingegen die sozioökonomische Erklärung für dieses scheinbar triviale Phänomen im Kontext von Homeoffice: "Unsere These ist, dass durch Corona Verantwortungen auf die Beschäftigten übertragen wurden, die zuvor von den Unternehmen getragen wurden", sagt Sackl-Sharif. Im Detail identifizierten die Wissenschafter vier Bereiche solcher Verantwortung: Arbeitsraum, Betriebsmittel, Kenntnisse in Bezug auf digitale Tools sowie Prozesse und Strukturen im Rahmen der jeweiligen Tätigkeit.

Kein eigener Arbeitsraum

Dabei zeigte sich, dass ökonomisch schwächere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in jedem dieser Bereiche Nachteile haben. So verfügt weniger als die Hälfte der Befragten zu Hause über einen eigenen Raum zum Arbeiten. Etwa ein Viertel hat nicht einmal einen eigenen, regelmäßigen Platz zur Verfügung. Mehr als 90 Prozent der an der Studie Beteiligten gaben an, dass sie die Kosten für Strom, Miete und Arbeitsmittel selbst bezahlen mussten. Sogar erforderliche Software wurde von einem Fünftel selbst bezahlt.

Ganz ähnlich sieht es bei der Aneignung von Kenntnissen für die Heimarbeit aus, etwa im Umgang mit Software für kollaboratives Arbeiten oder Videokonferenzen. Nicht nur musste sich ein Viertel der Befragten diese Kenntnisse ohne Unterstützung durch den Arbeitgeber selbst aneignen, sie mussten dies darüber hinaus in ihrer Freizeit tun.

Je geringer das Haushaltseinkommen, desto schwieriger ist es für die Betroffenen, sich auf die Mehrbelastungen einzustellen. Und umso größer ist in der Folge auch die Unzufriedenheit. Eine kritische Grenze konnten die Forscher bei einem Haushaltseinkommen von 1500 Euro pro Monat identifizieren: Ein Fünftel der Personen mit weniger Einkommen ist unzufrieden, aber nur ein Zehntel derer, die mehr verdienen.

Schulungsbedarf

In der noch nicht veröffentlichten Studie wurde auch untersucht, welchen Schulungsbedarf Beschäftigte haben. Dabei zeigte sich, dass sich über 50-jährige Personen vor allem Schulungen zu den eingesetzten digitalen Tools wünschen, besonders zu Videokonferenz-Software. Unter 30-Jährige wünschen sich hingegen eher Schulungen, in denen sie besseres Zeitmanagement lernen können. Die Altersgruppe dazwischen hat vor allem den Wunsch nach gesundheitsbezogenen, insbesondere psychologischen Kursen.

Quer über alle Altersgruppen hinweg ist es ein Anliegen, auch im Homeoffice den Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen nicht zu verlieren. Das könnte beispielsweise durch gemeinsame Austauschplattformen oder virtuelle Mittagessen gewährleistet werden. Den Unternehmen rät Sackl-Sharif, die sozioökonomischen Faktoren zu berücksichtigen. "Wer seine Belegschaft ins Homeoffice schickt, sollte deren konkrete Lebenssituation mitbetrachten", meint sie.

Insbesondere sollten die Unternehmen die benötigte technische Infrastruktur zur Verfügung stellen und mehr Kosten als bisher übernehmen, um die Distanz zwischen besser und schlechter Verdienenden zu verringern. Sackl-Sharif: "Das passiert noch nicht hinreichend." (Raimund Lang, 7.2.2022)