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Putschistenführer Assimi Goïta sagte die angekündigte Wahl wieder ab.

Foto: REUTERS/Amadou Keita/File Photo

Die Beziehungen zwischen Frankreich und Mali erreichten einen Tiefpunkt, nachdem der westafrikanische Unruhestaat den französischen Botschafter am Montag zur Persona non grata erklärt hatte. Joël Meyer muss das Land innerhalb von 72 Stunden verlassen. Begründet wurde der drastische Schritt in Bamako mit Äußerungen des französischen Außenministers Jean-Yves Le Drian, der Malis Militärherrscher in der vergangenen Woche als illegitim und unverantwortlich bezeichnet hatte. Diese Aussagen behinderten "die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den beiden Staaten", heißt es in einer Erklärung der malischen Regierung: Sie kämen einer Fortsetzung des "kolonialen Reflexes" der ehemaligen Kolonialmacht gleich.

Der eskalierende Konflikt zwischen Paris und Bamako belastet die Präsenz europäischer Truppen in dem Sahelstaat, die dort in unterschiedlichen Missionen tätig sind. Frankreich unterhält die mehr als 5.000-köpfige Barkhane-Mission in der Sahelzone, die islamistische Extremisten bekämpft. Deutschland ist mit mehr als 1.000 Soldaten an der für den Schutz der Bevölkerung verantwortlichen UN-Mission Minusma beteiligt. Außerdem bilden deutsche und französische Soldaten im Rahmen der europäischen Mission EUTM Angehörige der malischen Armee aus. Geleitet wird die Truppe, zu der auch 70 Bundesheersoldaten gehören, vom österreichischen Brigadier Christian Riener. Schließlich sind an der europäischen Eingreiftruppe Takuba, die Barkhane teilweise ersetzen soll, Soldaten aus 14 EU-Nationen beteiligt, nicht aber die deutsche Bundeswehr.

Auch dänische Soldaten zum Abzug aufgefordert

Nach dem jüngsten Konflikt zwischen dem westafrikanischen Staatenbund Ecowas und der malischen Regierung zog sich Schweden aus Takuba zurück. Bamako forderte in der vergangenen Woche rund 100 dänische Takuba-Soldaten zum Verlassen des Landes auf: Sie seien ohne Zustimmung der malischen Regierung ins Land gekommen, hieß es. Die Zukunft der Eingreiftruppe, die in diesem Jahr zu ihrer vollen Stärke von rund 600 Elitesoldaten anwachsen sollte, ist nun gefährdet: Die beteiligten EU-Staaten wollen in den nächsten zwei Wochen über weitere Schritte entscheiden. Inzwischen zeichnet sich auch ein Ende der Ausbildungsmission EUTM ab: Sie sei "massiv infrage gestellt", sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag, Jürgen Trittin, im Gespräch mit dem STANDARD.

Ausgelöst wurde das Dilemma der Europäer durch die Weigerung der Militärregierung Malis, einen zeitnahen Termin für Wahlen festzulegen. Nach einem zweiten Umsturz im Mai des vergangenen Jahres hatte Putschistenführer Assimi Goïta einen Urnengang für diesen Februar angekündigt, dieses Versprechen Anfang des Jahres allerdings revidiert. Nun sollen Wahlen erst in vier Jahren abgehalten werden. Ecowas verhängte daraufhin harte Sanktionen gegen Mali: Der Flugverkehr wurde eingestellt, die Grenzen für nicht lebenswichtige Handelswaren geschlossen und der Finanzverkehr gestoppt. Die Maßnahmen führten allerdings nicht zu einem Aufstand der Bevölkerung gegen die Militärregierung, wie die westafrikanischen Staatschefs wohl erhofft hatten: Vielmehr stellten sich Tausende von Demonstranten hinter die Junta und geißelten sowohl Ecowas als auch Frankreich, dessen Regierung sie Neokolonialismus vorwarfen.

Russische Präsenz

Zum Stein des Anstoßes für die Westeuropäer wurde auch die Präsenz Hunderter von Söldnern der russischen Wagner-Gruppe in Mali. Sie waren Anfang des Jahres auf Einladung der Militärregierung ins Land gekommen und haben sich inzwischen in dem ehemaligen französischen Militärlager in Timbuktu niedergelassen. Obwohl Paris zunächst damit gedroht hatte, im Fall der Ankunft der russischen Söldner auch die Barkhane-Mission abzubrechen, ist davon inzwischen nicht mehr die Rede. Die Wagner-Truppe stütze die Militärregierung und beute Malis Bodenschätze aus, sagte Frankreichs Außenminister Le Drian am Wochenende, antwortete aber auf die Frage, ob dies den Abzug Barkhanes nach sich ziehe: "Das habe ich nicht gesagt."

Vorübergehend war auch die Aufgabe der an der UN-Mission beteiligten Bundeswehrsoldaten durch ein Drohnenflugverbot der malischen Regierung infrage gestellt. Trotzdem beabsichtige die Bundesregierung keine einseitige Beendigung des Einsatzes, sagte Trittin: Darüber müssten die Vereinten Nationen gemeinsam entscheiden. (Johannes Dieterich, 1.2.2022)