Mehr als vier Jahre nach Einreichung der Klage setzt sich Eva Glawischnig-Piesczek gegen den Facebook-Konzern Meta durch.

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Vor rund fünf Jahren zog die nunmehr ehemalige Parteiobfrau der Grünen, Eva Glawischnig-Piesczek, wegen eines Hasspostings gegen Facebook vor Gericht. In diesem wurde die Ex-Politikerin unter anderem als "miese Volksverräterin" und "Trampel" tituliert. Mittlerweile hat der Prozess mehrere Instanzen hinter sich. Nach Verhandlungen vor dem österreichischen Obersten Gerichtshof und dem EuGH im Sicherungsverfahren um den Unterlassungsanspruch war Ende vergangenen Jahres wieder das Handelsgericht Wien am Zug.

Dieses bestätigte im Hauptverfahren erneut, dass Facebook das inkriminierte Posting – und sinngleiche Einträge – weltweit zu entfernen habe. Weiters ordnete es die Veröffentlichung des Urteils für sechs Monate auf der Startseite an, wo es für Nutzer sichtbar sein müsse, ohne scrollen zu müssen. Zudem müsse das Unternehmen den vollen Namen und die Adresse hinter dem Account, von dem das Hassposting stammte, herausgeben.

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"Sieg auf voller Linie"

Am Mittwochmorgen (2. Februar) hat Facebook nun tatsächlich das Urteil veröffentlicht. Meta Ireland, das sich mit dem Richterspruch ursprünglich "nicht einverstanden" gezeigt und eine Berufung in Aussicht gestellt hat, akzeptiert damit das Urteil einen Tag vor Ablauf der Einspruchsfrist. Das sorgte auch bei Glawischnigs Anwältin Maria Windhager (sie vertritt auch den STANDARD in medienrechtlichen Angelegenheiten) für Überraschung.

Die Juristin sieht einen Sieg "auf voller Linie" für ihre Mandantin. Der Ausgang zeige, dass Facebook dauerhaft verpflichtet werden könne, Hasspostings zu entfernen. Wesentlich sei auch, dass Facebook Schadenersatz zahlen muss. Zudem könnten auch Hassposter nicht auf ihre Anonymität zählen. Der Anordnung folgend, hat Meta bereits "Nutzerdaten" übermittelt, sagt Windhager. Derzeit prüft man, ob gegen den Verfasser oder die Verfasserin des Postings weitere Schritte gesetzt werden.

Urteil offenbar nur sehr eingeschränkt veröffentlicht

Weiters wird evaluiert, ob die Veröffentlichung des Urteils in ausreichendem Rahmen erfolgt ist. Nach Interpretation von Windhager wäre Facebook eigentlich zur weltweiten Publikation des Richterspruchs verpflichtet, da das Handelsgericht diesbezüglich keine Einschränkung auf Österreich vorgenommen hat. Außerdem müsse das Urteil für jeden User sichtbar sein.

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DER STANDARD hat via VPN-Dienst eine stichprobenartige Prüfung vorgenommen. Aus dieser ergibt sich, dass der Hinweis auf das Urteil wohl nur Nutzern angezeigt wird, die via Browser (sowohl bei mobilen Geräten als auch am Desktop) die Facebook-Startseite (facebook.com) aufrufen und dabei nicht bereits eingeloggt sind. In diesem Fall erscheint unter der Log-in-Maske ein verlinkter Hinweis, der auf eine weitere Seite mit der vollinhaltlichen Veröffentlichung führt.

In der Facebook-App erscheint bislang kein derartiger Hinweis beim Log-in. Ebenso ist er auch beim Aufruf der Startseite über eine IP-Adresse eines anderen Landes nicht sichtbar. Das gilt sowohl für EU-Länder als auch für Drittstaaten. Geprüft wurde mit IP-Adressen aus den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Griechenland, Irland und Polen. Ebenso nicht sichtbar ist der Hinweis für Nutzer, die bereits eingeloggt sind und direkt in ihrem Nachrichten-Stream landen – auch mit österreichischer IP-Adresse.

Offene Kostenfrage

Sollte sich dies bestätigen, so erwägt Windhager, eine Exekution zu begehren, über die Facebook gezwungen werden kann, das Urteil einem größeren Nutzerkreis zugänglich zu machen. Ein weiterer Punkt wird auf jeden Fall noch juristisch ausgefochten. Denn in erster Instanz wurde Glawischnig kein Ersatz der Kosten für die Verhandlung vor dem EuGH zugesprochen. Diesen will Windhager für ihre Mandantin noch erstreiten.

DER STANDARD hat Meta um Stellungnahme zur Causa gebeten und eine Reihe von Fragen übermittelt. Das Unternehmen ließ ausrichten, dass es "zum jetzigen Zeitpunkt keine Informationen, über die Urteilsveröffentlichung hinaus teilen" möchte. (Georg Pichler, 2.2.2022)

Update, 16:50 Uhr: Stellungnahme von Facebook ergänzt.