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Wien – Recht entspannt gaben sich am Mittwoch der Chef der Raiffeisenbank International (RBI), Johann Strobl, und sein fürs Risiko zuständige Kollege, Hannes Mösenbacher. Bei der Bilanzpressekonferenz des Instituts drehten sich die Fragen der Journalisten naturgemäß viel um Russland und die Ukraine, ist doch Raiffeisen Russland wesentlichster Profitbringer für die Bankengruppe, die in 13 Ländern tätig ist.

Im vorigen Jahr fuhr das Institut in Russland einen Gewinn vor Steuern von 474 Millionen Euro ein, die Bank in der Ukraine 122 Millionen – insgesamt verkündete die RBI fürs Vorjahr unterm Strich einen Gewinn von 1,37 Milliarden Euro. Damit liegt sie besser als vor der Coronakrise im Jahr 2019, als das Ergebnis bei 1,23 Mrd. Euro gelegen ist.

Kein Verkauf der Russland-Tochter

In Bezug auf Russland und die Ukraine hoffen die RBI-Banker auf die diplomatische Lösung der geopolitischen Spannungen in dieser Gegend, sagten die RBI-Chefs, an einen Verkauf der Russlandbank denkt Strobl nicht, "dazu gibt es keine Überlegungen". Vorsorgen – im Gespräch sind ja Sanktionen des Westen, sollte es zu einem Einmarsch Russlands in der Ukraine kommen – habe die RBI aber bereits gebildet: Im letzten Vorjahresquartal wurden Risikovorsorgen in der Höhe von 115 Millionen Euro eingebucht, das Fremdwährungsrisiko wurde höher abgesichert und das Liquiditätsrisiko neu bewertet, erklärte Mösenbacher. Die Geschäfte in den beiden Ländern liefen aber gut.

Die Beiträge aus Russland sind nicht nur für die RBI wichtig, sondern für den gesamten Raiffeisen-Bankenbereich. Profitieren doch die Landesbanken, denen die börsennotierte RBI zu fast 59 Prozent gehört, ihrerseits von den Dividenden der Mutter RBI.

Große Bank, ganz klein

Für russische Verhältnisse sei die RBI-Tochter mit ihrem Marktanteil von unter zwei Prozent allerdings klein, betonte Strobl bei dem Pressegespräch. Raiffeisen Russland hat rund vier Mio. Kunden, die Bank in der Ukraine rund drei Millionen Kunden, das Kreditvolumen in Russland lag im Vorjahr bei elf Milliarden Euro, das entspricht rund elf Prozent der Kreditausleihungen der gesamten in Zentral- und Osteuropa tätigen Gruppe. In der Ukraine betrug das Kreditvolumen 2,2 Milliarden Euro.

Das Eigenkapital der russischen Tochter lag 2021 bei 2,4 Milliarden Euro (18 Prozent des gesamten RBI-Eigenkapitals), im Jahr davor waren es rund 1,9 Milliarden Euro gewesen. Liquiditätsuntertstützungen von der Wiener Mutter bekommt die Bank in Russland eben so wenig wie jene in der Ukraine. Dort hat Raiffeisen einen Mitgesellschafter: die europäische Entwicklungsbank EBRD.

Kein Abwertungsbedarf

Mit welchem Wert die RBI ihre Moskauer Tochter in den Büchern stehen hat, das wird nicht veröffentlicht. Jedenfalls, versicherten die RBI-Manager, bestehe angesichts "ordentlicher Puffer" in den beiden profitablen Banken derzeit kein Abwertungsbedarf. Die Entwicklungen beobachte man weiterhin sehr genau.

Das Faktum, dass die Bank im Vorjahr bessere Ergebnisse einfuhr als vor der Corona-Krise zeige, dass man gelernt habe, mit den Einschränkungen umzugehen, erklärte RBI-Chef Strobl, der von einem "sehr, sehr guten Ergebnis" sprach. Die Risikokosten (in Summe 295 Mio. Euro) seien sehr stark zurückgegangen, das Kreditwachstum mit 15 Prozent deutlich höher ausgefallen als zuletzt, auch die Zinserträge seien gestiegen.

2021 war für die RBI ein sehr gutes Jahr. Auch für 2022 erwarten die Bankmanager gute Geschäfte. Die Russland-Ukraine-Krise wirft aber Schatten auf die positiven Aussichten.
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Kostensenkungen

Optimistisch zeigten sich die RBI-Manager auch fürs heurige Jahr, die zentral- und osteuropäischen Länder werden laut den Prognosen der Wirtschaftsforscher mit im Schnitt vier Prozent im Jahr stärker wachsen als die EU-Länder. Was das Institut aber sehr wohl spüre, sei ein deutlicher Lohndruck. Das wirkt sich auf die Betriebsaufwendungen aus, da sind Zuwachsraten im hohen einstelligen Prozentbereich zu erwarten. Trotzdem ist das Ziel der Banker die Kosten-Ertrags-Relation von zuletzt 53,5 auf unter 50 Prozent zu senken, erklärte Strobl – an ein weiteres Paket zur Kosteneinsparung sei aber nicht gedacht.

Keine Finanzierung von Atomenergie

Auch Atomenergie war beim Pressegespräch Thema, denn die RBI hat im Vorjahr viele nachhaltige Anleihen (Green Bonds) begeben und sich mit 18 Emissionen im Volumen von 1,8 Mrd.Euro zur Nummer eins in Osteuropa hinaufgearbeitet.

Die Taxonomie-Entscheidung der EU von Mittwoch werde aber nichts daran ändern, dass die RBI Atomkraft auch weiterhin nicht finanzieren werde, beteuerte Strobl. Daran würde sich auch dann nichts ändern, sollte Österreich Klagen wie jene in Vorbereitung befindliche vor dem Europäischen Gerichtshof verlieren. (Renate Graber, 2.2.2022)