Deutschlands oberster Corona-Erklärer Christian Drosten sieht erste Entspannungszeichen. Knackpunkt ist für ihn immer noch die Impfung.

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Omikron beschert uns gerade einen Paradigmenwechsel in der Pandemie – eine gewisse "Eh schon alles egal"-Mentalität scheint um sich zu greifen. Ganz absurd dürfte dieser Zugang nicht sein. Zwar warnt der deutsche Virologe Christian Drosten in der aktuellen Ausgabe des Podcasts Coronavirus-Update bei NDR-Info vor einem unkontrollierten Durchlaufenlassen – vor allem für Ungeimpfte sei das nicht ratsam. Doch er schlägt auch sanft positive Töne an.

Ein Problem, betont Drosten, sei die Impflücke. Zwar bezieht er sich dabei auf Deutschland, aber die Zahlen dort sind jenen in Österreich sehr ähnlich mit rund 75 Prozent Impfquote. Den Booster haben mit 53 Prozent sogar mehr Deutsche als Österreicher mit rund 50 Prozent.

Mildere Verläufe kein Impfersatz

Tatsächlich sieht Drosten in der aktuellen Omikron-Welle eine Chance, dass die Pandemie endemisch wird, wie er zuletzt auch in mehreren Medien zitiert wurde. Allerdings sei die Voraussetzung dafür eben die gute Impfquote, ähnlich wie in Dänemark. Dort liegt sie bei 83 Prozent und über 61 Prozent Drittstichen, weshalb man jetzt auch alles öffnen könne. Davon sei man hierzulande noch zu weit entfernt.

Das Gute, betont Drosten, sei, dass das Fahrwasser, in dem wir uns bewegen, immer bekannter werde. Bei der Omikron-Variante handle es sich um einen neuen Serotyp, der den Immunschutz relativ gut umgehen könne. Doch obwohl die Verläufe milder sind, sei das kein Ersatz für die Impfung, betont der Virologe. Denn eine Omikron-Infektion biete keinen guten Schutz gegen eine Infektion mit den bisherigen Varianten wie Delta oder Alpha. Diese Varianten seien nämlich keineswegs verschwunden und könnten im nächsten Winter wiederkommen. Der ideale Schutz, betont er, seien drei Impfdosen und anschließende Infektion. Wer das durchgemacht habe, sei wahrscheinlich auf Jahre hinaus immun und werde sich nicht erneut infizieren.

Omikron-Subvariante

Ein Thema, das uns noch beschäftigen wird – und das die endemische Phase wohl auch noch etwas hinauszögern kann –, ist die Omikron-Subvariante BA.2. Diese dürfte eine noch höhere Übertragbarkeit haben als der derzeit vorherrschende Subtyp BA.1, wie Daten aus Dänemark zeigen. Das sei ein Fitnessvorteil, den Drosten mit einer Autometapher erklärt: "Der Motor, der hat schon ein paar PS mehr." Das Risiko der Weitergabe des Virus sei außerdem bei infizierten Ungeimpften stark erhöht, bei geimpften Kontaktpersonen dagegen verringert.

Der Anteil von BA.2 in Deutschland sei noch recht gering. International wird aber bereits beobachtet, dass sich BA.2 stärker ausbreitet als BA.1, in Dänemark etwa ist es schon die dominante Variante. In Österreich dürfte die Verbreitung ähnlich niedrig wie in Deutschland sein, im (noch) einstelligen Prozentbereich mit kleinen Ausreißern. Ihre Verbreitung hat außerdem zuletzt stetig zugenommen, wie der Molekularbiologe Ulrich Elling von der OEAW, der einen großen Teil der Virussequenzierungen in Österreich durchführt, weiß.

Inzidenztreiber Schulen

Auf die Frage, wann es eine Entspannung geben werde in der aktuellen Pandemiesituation, sieht Drosten als "Planungshorizont" die Osterferien: "Wir haben ganz eindeutig den Befund in Deutschland, dass die Übertragungsnetzwerke im Moment aus dem Schulbetrieb gespeist werden. Da werden spätestens die Osterferien dann den Riegel vorschieben." Auch hier dürfte die Lage in Österreich vergleichbar sein, wie aus den aktuellen Cluster-Analysen der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) hervorgeht. Dazu komme, dass sich die dann wieder höheren Temperaturen senkend auf die Inzidenzen auswirken. (Pia Kruckenhauser, 2.2.2022)