Baumfällung im Eilverfahren für die Stadtstraße.

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Wien – Mit den Rodungen für die Stadtstraße in der Donaustadt hat der mit dem Bau beauftragte Magistrat (MA) Fakten geschaffen. Ungewöhnlich oder überraschend ist nicht so sehr dieser Umstand, sondern dass damit das mit der Causa befasste Bundesverwaltungsgericht (BVwG) überdribbelt wurde. Das BVwG, genauer gesagt der dreiköpfige Richtersenat unter Vorsitz von Peter Grassl, will in der nächsten Verhandlung am 18. Februar nicht nur Sachverständige für Baumschutz, Naturschutz und biologische Vielfalt zum Thema Baumfällungen hören, sondern auch über den von der für Umwelt zuständigen MA 22 genehmigten Abänderungsbescheid befinden.

Dieser im Dezember erlassene Änderungsbescheid hat es in sich. Denn damit setzte die Stadtverwaltung erhebliche Auflagen außer Kraft, die im Zuge der umfangreichen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die den Bezirk teils unterirdisch durchkreuzende 3,2 Kilometer lange sogenannte Stadtstraße vor. Dazu gehören die nach der Räumung des Protestcamps durchgeführten Baumfällungen, aber auch Bauarbeiten rund um die Uhr, die laut MA 28 für die Errichtung der in offener Bauweise zu errichtenden Tunnel Emichgasse (Hirschstetten) und Hausfeldstraße geplant sind.

Entscheidung steht noch aus

Darüber hinaus hat dieser mittels Beschwerde bekämpfte Abänderungsbescheid Signalwirkung, weil die MA 22 darin allfälligen Beschwerden eine aufschiebende Wirkung von vornherein aberkannte. Genau zu diesem Thema hat das BVwG bereits am 11. Jänner eine "provisoriale Anhörung" abgehalten, die wohl den ganzen Tag dauerte, nun aber in wesentlichen Teilen obsolet ist, weil der Großteil der Bäume bereits gefällt wurde.

"Das ist eine Verhöhnung der Verfahrensparteien und meines Erachtens auch des Gerichtes", sagt Wolfram Schachinger, Anwalt einer der Bürgerinitiativen, die nicht grundsätzlich gegen den Bau jedweder neuen Straße ankämpfen, wohl aber gegen die Art und vor allem die Dimension dieser Stadtstraße, die ausschließlich dem motorisierten Verkehr vorbehalten ist – für Fußgänger oder Radfahrer unbenützbar.

Auch Februar ist Winter

"Entweder war die damalige Verordnung der MA 22 rechtswidrig, oder die jetzt gewählte Vorgangsweise ist rechtswidrig", betont Schachinger unter Verweis auf die UVP-Auflagen. Laut Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation Virus ist ein Teil der Baumfällungen jedenfalls rechtswidrig erfolgt. Denn der UVP-Änderungsbescheid ermöglicht zwar zusätzliche Baumfällungen, untersagte selbige aber in Zonen direkt bei S-Bahn-Querungen sowie aus ökologischen Gründen während der Winterruhe. "Februar ist definitiv Winter", ätzte Rehm.

Wie auch immer das Gericht am 18. Februar verfahren wird: Im Kernpunkt Baumrodungen wurde das Ergebnis seitens der Stadt vorweggenommen. Selbiges gilt auch für die aufschiebende Wirkung, über die Richter Grassl im Eilverfahren entscheiden wollte. Da zwischenzeitlich gerodet wurde, kann das Gericht de facto nur mehr über die verbliebenen 170 wild gewachsenen Holzgewächse befinden – sofern sie bis dahin noch stehen. 210 Bäume wurden bereits am Dienstag gefällt.

Sperre von Bahnstrecken

Die Camp-Räumung und die eiligen Rodungen sind auch vor dem Hintergrund des Projektzeitplanes hinterfragenswert. Denn die für die Errichtung zweier Behelfsbrücken für die Marchegger Bahn (die Straßentunnel queren die S 80 bei den Stationen Hirschstetten-Aspern und Hausfeldstraße) notwendigen Streckensperren sind in der ursprünglich geplanten Form nicht mehr realisierbar. Die erste Sperre für den Einbau der Behelfsbrücke verstrich in den Weihnachtsferien und fiel der Baustellenbesetzung zum Opfer, wie ein Vertreter der MA 28 im Jänner vor Gericht wortreich beklagte.

Nun sind die von der MA 28 gestützten Bauwerber plötzlich flexibel: Als neuer Termin wird irgendwann im dritten Quartal 2022 angepeilt, der Rückbau im März 2023 – sofern sich dies mit den Arbeiten der ÖBB an der Ostbahn verträgt. (Luise Ungerboeck, 3.2.2022)