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Der Bereich "Soft Robotics", der weiche Bestandteile von Robotern entwickelt, ist von der Natur inspiriert – etwa von Kraken, die in ihrer Elastizität besonders beeindruckend sind.
Foto: REUTERS/Pool

Linz/Wien – Ein biologisch abbaubares Biogel, mit dem sich mittels 3D-Druck weiche und recycelbare Roboter drucken lassen, hat eine Forschungsgruppe der Universität Linz entwickelt. Die "Tinte" besteht größtenteils aus Gelatine und Zucker und soll eine umweltfreundliche Alternative zu Kunststoffen und nicht erneuerbaren Materialien bieten, die derzeit im 3D-Druck und in der Soft-Robotics-Forschung eingesetzt werden, berichten die Forschenden im Fachjournal "Science Robotics".

Das Team um Martin Kaltenbrunner von der Abteilung Physik der Weichen Materie und dem "LIT Soft Materials Lab" der Universität Linz arbeitet bereits seit Jahren daran, bewegliche Maschinen und Roboter mit weichen Werkstoffen zu bauen. Sie wollen damit die Möglichkeit schaffen, dass Roboter und Mensch eng und sicher miteinander interagieren können, und lassen sich dabei von der Natur inspirieren.

Einfach auflösbar

Bisher hat den Soft-Robots allerdings eine der Natur inhärente Eigenschaft gefehlt: die biologische Abbaubarkeit. Aus diesem Grund hat das Linzer Forschungsteam bereits Materialien auf Basis von Gelatine, einem Biopolymer, entwickelt. Die Materialien erreichen die Leistung herkömmlicher elastisch verformbarer Kunststoffe, bauen sich außerdem aber nach ihrer Verwendung vollständig ab.

Doch trotz ihrer hohen Dehnbarkeit und Elastizität waren die aus solchen Gelen konstruierten "Aktuatoren" genannte Bauteile, die ein elektrisches Signal in eine Bewegung umwandeln, in ihrer Funktionalität eingeschränkt. Sie konnten nur wenige Bewegungsmuster ausführen, die in der Bauteil-Architektur vorprogrammiert sind.

Interaktion mit Umgebung

Andreas Heiden aus dem Team Kaltenbrunners ist es nun gelungen, eine vollständig biologisch abbaubare Hydrogel-Tinte auf Gelatinebasis sowie ein maßgeschneidertes 3D-Druckverfahren für deren Verarbeitung zu entwickeln. Damit lassen sich formstabile, sehr bewegliche komplexe Objekte drucken. Zudem können integrierte Sensornetzwerke eingebaut werden, damit solche Aktuatoren mit ihrer Umgebung interagieren können.

Soft Materials Lab JKU Linz

"Unser Verfahren ermöglicht die schnelle und kostengünstige Herstellung von Prototypen für elastische, weiche Roboteranwendungen aus Gelen, die sich bis zum Sechsfachen ihrer ursprünglichen Länge dehnen und einfach recyceln beziehungsweise abbauen lassen", sagt Kaltenbrunner.

Roboterfinger

Das Material kann dabei bis zu fünfmal wiederverwendet und neue Bauteile damit nachgedruckt werden, ehe es am Ende seiner Lebensdauer gefahrlos entsorgt werden kann. Diese Wiederverwendung ist möglich, weil das Biogel thermoreversibel ist: Durch Aufheizen direkt im Drucker wird es wieder flüssig und kann erneut gedruckt werden.

Zur Demonstration druckte die Linzer Forschungsgruppe aus dem Biogel einen weichen, fingerförmigen Roboter-Aktuator. Dieser wurde mit einem Exoskelett aus Baumwollfasern ausgestattet und lässt sich mit einer Reaktionszeit von weniger als einer Sekunde mittels Druckluft in alle Richtungen steuern und um bis zu 74 Grad biegen.

Hindernisse wegschnippen

Zudem druckten sie aus dem Biogel dehnbare Lichtwellenleiter und schufen damit ein optisches Sensornetzwerk, das sie mit dem Soft-Robots kombinierten. Damit lassen sich mit hoher Genauigkeit auf den weichen Roboter einwirkende Kräfte erfassen. Nachdem die Forschenden eine Such- und Wischroutine implementierten, ist der "Roboterfinger" in der Lage, seine Umgebung nach Hindernissen abzusuchen.

Erkennt er ein solches, kann er es dann durch eine rasche Bewegung wegschnippen. Mit den gedruckten Lichtwellenleitern realisierte das Team zu Demonstrationszwecken auch einen Videospiel-Controller. (APA, red, 3.2.2022)