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PRO: Screenen und schützen

von Colette M. Schmidt

Es stimmt schon: Menschen, die sich in einer Epidemie nicht impfen lassen wollen, obwohl sie es aus medizinischer Sicht könnten, sind unsolidarisch. Dennoch bekommen sie Tests, die die Allgemeinheit zahlt. Dafür, dass sie ein Gesetz brechen, werden sie belohnt. Deshalb aber an den Gratistests zu rütteln, ist gefährlich.

Erstens hat eine große Testdichte auch den wichtigen "Nebeneffekt" des Screenings auf neue Varianten. Zweitens ist zu bezweifeln, dass man mit der Abschaffung von Gratistests den harten Kern der Impfgegnerinnen oder Corona-Leugner umstimmt. Nach dieser Logik könnte man auch einfach wieder überall 2G statt 3G einführen.

Und drittens träfe diese "Strafe" für unsolidarisches Verhalten auch die Solidarischen, die geimpft sind, Kontakte reduzieren, aber vulnerable Menschen in ihrer Umgebung schützen wollen. Auch Geimpfte können das Virus weitertragen, und unter ihnen gibt es auch viele Armutsbetroffene. Sie brauchen Tests nicht für den Spa-Besuch oder das Paris-Wochenende, sondern vielleicht, um die Oma besuchen zu können.

Um die explodierenden Kosten zu senken, könnte die Regierung auch die Abgeltung für die Testeinrichtungen anpassen. Schließlich sind die Tests mittlerweile billiger als zu Beginn der Pandemie. Oder die Regierung könnte, sollte sie jemals der Übermut packen und sie sich gegenüber Gastronomie und Tourismus behaupten, dort 2G plus einführen. (Colette M. Schmidt, 4.2.2022)

KONTRA: Bequemlichkeitsbonus

von Lisa Nimmervoll

Corona-Test-Weltmeister! Wenigstens das war Österreich. Aber was vor einem Jahr sinnvoll war, um das Virus unter Kontrolle zu halten, ist mittlerweile zur Geldverbrennungsaktion mutiert. Als epidemiologisches Instrument taugen die Gratismassentests nicht mehr. Omikron hat die Kontaktverfolgung de facto implodieren lassen. Die Tests zum Nulltarif wurden vielfach zu einem Lifestyle-Accessoire. Ich will ins Wirtshaus oder shoppen: Gratistest! Wir fahren auf Urlaub: Gratistest! Am besten gleich zwei Tests in der Teststraße: Antigen und PCR. Kostet ja nix. Ein Bequemlichkeitsbonus auf Kosten der steuerzahlenden Allgemeinheit.

Mit der 3G-Regel hat die Regierung auch noch just jenen einen Generalschlüssel ausgehändigt, die ihr ständig ausrichten: Eure Impfpflicht kann uns mal! Das ist grotesk.

Dafür funktioniert die lukrative Testmaschinerie – mit der Ausnahme von Wien – ausgerechnet dort nicht, wo sie wichtig wäre: in den Schulen. Dieser falsche Einsatz von Ressourcen muss korrigiert werden – mit einem Fokus auf Alters- und Pflegeheime, systemkritische Berufsgruppen, die nicht im Homeoffice sitzen, und Schulen als Ort mit dem größten "Infektionseinzugsgebiet", an dem man auch die Familien einfängt.

Ungeimpfte sollen ihre Tests selbst zahlen. Wer ungezügeltes Freizeitvergnügen "wie früher" haben will, sollte mit einem Testselbstbehalt einen Pandemiebeitrag leisten. (Lisa Nimmervoll, 4.2.2022)