In der Xbox-Community will man "Halo: Infinite" nicht mehr gegen PC-Spieler spielen – weil sie öfter schummeln.

Foto: Microsoft

Im Jahr 2022 stehen die Zeichen in der Games-Branche auf Veränderung, wie nur zwei der jüngsten Ereignisse zeigen: Zuerst kündigte Microsoft mit der knapp 70 Milliarden Dollar schweren Übernahme von Activision-Blizzard den größten Deal der eigenen Unternehmensgeschichte an – und kurz darauf hieß es, dass Sony den ehemaligen Halo-Entwickler Bungie für 3,2 Milliarden Euro übernehmen werde. Der zweite Deal fand deutlich weniger mediale Aufmerksamkeit, den Auswirkungen auf Sonys Playstation-Business haben wir uns aber sehr wohl mit dieser ausführlichen Analyse gewidmet. Doch was könnte der Deal eigentlich für uns selbst, die Gamerinnen und Gamer, bedeuten?

Aneignen von Know-how

Wie schon in der Analyse von vor ein paar Tagen beschrieben, kauft sich Sony mit der Bungie-Übernahme nicht nur Marken, sondern vor allem Know-how ein. Hierbei geht es weniger um Halo, denn dieses Franchise befindet sich ja nach wie vor ironischerweise in den Händen von Sonys aggressivstem Konkurrenten Microsoft. Nein, es geht unter anderem um die gewaltige Welt von Destiny – und deren Features.

Im Fokus steht dabei auch Crossplay, also die Möglichkeit, auf einer Playstation 4 oder 5 gegen Gamerinnen und Gamer zu zocken, die auf dem PC oder einer Konsole der Marke Xbox spielen. Und dieses Crossplay, das war bei Sony immer so eine Sache: Lange wurde dies so gut wie gar nicht unterstützt, im Mai vergangenen Jahres wurde dann eine der Ursachen dafür bekannt: Denn Sony verlangte unter bestimmten Bedingungen von den Entwicklern Gebühren für die Nutzung des Features.

Crossplay und "Cross Save"

Im Juni folgte dann die Kehrtwende mit der Ankündigung, dass man künftig vermehrt auf Crossplay setzen wolle. Unter anderen gibt es diese Möglichkeit schon bei beliebten Titeln wie Fortnite und Call of Duty – und eben seit August 2021 auch bei Bungies Destiny 2, mit dem ich selbst zig Stunden meines Lebens verbracht habe.

Zuvor war es bereits möglich, bei Destiny 2 ein Feature namens "Cross Save" zu nutzen, also auf einer Plattform zu speichern und auf einer anderen Plattform weiterzuspielen. Ich habe das damals genutzt, um meine Destiny-Aktivitäten von der Playstation 4 zu Stadia zu verlagern – einfach weil ich bei einem Spiel mit derart hohen Suchtfaktor die Möglichkeit liebe, mit möglichst wenig Aufwand immer und überall spielen zu können.

Cross-Play ist auf Konsolen nicht immer super

Eine Supersache also, wenn ich auf meiner PS5 künftig noch öfter gegen Fremde und Freunde antreten kann, die auf dem PC mit Maus und Tastatur zocken? Nicht unbedingt. Das zeigte unter anderem ein Aufbegehren von Xbox-Gamerinnen und -Gamern: Sie forderten eine Möglichkeit, im jüngsten Teil der erfolgreichen Halo-Reihe Partien mit PC-Spielern zu vermeiden.

Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass am PC das Schummeln deutlich leichter fällt und sich die Konsolenmenschen mit der unangenehmen Spezies der Cheater auseinandersetzen müssen. Konkret nutzten die Cheater "Aim Bots", mit denen sie automatisch besser zielen konnten – was insofern ironisch ist, dass Entwickler der Konsolen-Community unter die Arme greifen, indem sie für diese das Zielen von Haus aus erleichtern. Denn auch das ist ein Ärgernis für Xbox- und Playstation-Fans: PC-Spieler sind Konsolen-Gamern bei Shootern überlegen, weil das Zielen mit der Maus deutlich leichter fällt als mit dem Controller.

Dieser Umstand führte unter anderem zur Gründung des Reddit-Forums mit dem äußerst unglücklichen Namen "PC Master Race" ("PC Herrenrasse"), in dem sich die Userinnen und User über die Rechenpower und Überlegenheit ihrer Gaming-PCs auslassen. Gegen diese Menschen will man als Konsolenspieler nicht antreten.

Wege aus dem Crossplay-Wirrwarr

Dass es auch anders gehen kann, zeigt aber auch das Beispiel Destiny. Denn hier hat sich Bungie entschieden, klare Abgrenzungen zu machen: Wer die große Welt erkunden, gemeinsam gegen Computergegner kämpfen oder mit Freunden Aufgaben lösen will, kann dies mit Userinnen und Usern aller Plattformen tun – tritt man aber gegeneinander an, so werden die PC-Spieler klar von den Konsolen-Zockern getrennt. So kann man gemeinsam Abenteuer erleben, ohne dass eine Seite benachteiligt und somit frustriert ist.

Ähnlich erging es mir übrigens mit mehreren Runden von Star Trek: Bridge Crew: Hier steuerten wir gemeinsam ein Raumschiff der Sternenflotte – die Freunde mit VR-Brille am Gaming-PC, ich mit PSVR auf der Playstation. Wir waren nicht sonderlich gut, aber Spaß hatten wir trotzdem.

Von daher, liebe PC-Gamerinnen und -Gamer, muss ich die ursprüngliche Headline leicht korrigieren: Wenn ich auf der Playstation zocke, dann will ich zwar nicht gegen euch spielen – ich hatte aber schon wahnsinnig viel Spaß damit, mit euch zu spielen. Und es bleibt für uns alle zu hoffen, dass diese Möglichkeiten künftig weiter ausgebaut werden. (Stefan Mey, 6.2.2021)