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So nah wie hier in Südfrankreich würden die Solarpaneele freilich auch im Burgenland nicht an den Häusern stehen. Viele stören sich dennoch an ihnen.

Foto: Reuters/Jean-Paul Pelissier

Auf der Stelle ist klar: Der Typ, der da eben bei der Wirtshaustür hereinkommt, der gehört nicht hierher. Der einzige Gast im Lokal – der Kleidung nach ein Handwerker auf Pause – mustert den Typen kurz. Dann steht er vom Barhocker auf, nimmt seine Bierflasche und verzieht sich in ein Hinterzimmer. Auch der Wirt ist misstrauisch, bringt aber den bestellten Kaffee. Als der Typ sagt, dass er Journalist sei und gern wissen würde, wie die Stimmung im Ort sei, verzieht sich auch der Wirt.

Ein grüner Roter

An diesem Tag weht ein eisiger Wind durch Wimpassing an der Leitha, der die Stimmung im Wirtshaus – und vielleicht auch der 1700 Einwohnerinnen und Einwohner – geradezu perfekt widerspiegelt.

Nur der Bürgermeister ist sehr freundlich. Ernst Edelmann, gebürtiger Steirer, ein "Zuagroaster", hat als Quereinsteiger die ÖVP-Gemeinde an der Grenze zu Niederösterreich zu einer SPÖ-Gemeinde gemacht. Doch die grünen Vertikallamellen, die an den Fenstern das Innere des Gemeindeamts vor neugierigen Blicken schützen, dürften auf den Vater zweier Kinder auch politisch abgefärbt haben. Das erkennt man nicht nur an seinem neuesten Projekt.

An der Grenze zur Nachbargemeinde Hornstein will er auf 52 Hektar Ackerland von der Energie Burgenland einen Sonnenpark errichten lassen, der im Endausbau mehr als 60 Gigawattstunden Strom pro Jahr erzeugen soll. "Wir wären auf einen Schlag klimaneutral", schwärmt Ernst Edelmann.

Auf die Hälfte geschrumpft

Doch so einfach soll sein Klimaschutzprojekt nicht über die Bühne gehen. Zumindest wenn es nach der ÖVP geht. Doch auch wenn der rote Bürgermeister grüne Sprenkel erkennen lässt, für seinen Sonnenpark lässt er sich zur Not auch von der FPÖ unterstützen. Etwa um den ÖVP-Wunsch nach einer Bürgerbefragung abzuschmettern.

Gegenwind kommt auch aus Hornstein. Und das schon seit Beginn der Idee, die im Frühjahr 2021 zum ersten Mal ventiliert wurde und noch einen ganz anderen Umfang hatte. Ursprünglich hätte der Photovoltaikpark 120 Hektar groß werden und gemeinsam auf Hornsteiner und Wimpassinger Grund entstehen sollen. Doch Christoph Wolf, der Hornsteiner Bürgermeister, drehte bei der vergangenen Gemeinderatswahl den Ort ebenfalls, allerdings von Tiefrot auf Schwarz – nein, in seinem Fall muss man eindeutig Türkis sagen. Er war von Anfang an gegen den Solarpark. Und mit ihm der gesamte Gemeinderat.

Dächer gegen Felder

Dem Umwidmungsansuchen der Energie Burgenland erteilte man einstimmig eine Absage. Aufregung in der Bevölkerung? Fehlanzeige.

Nur die Initiative Zukunft Hornstein, eine Gruppierung, die dadurch auffällt, dem Bürgermeister besonders gern – sprichwörtlich – auf die Füße zu treten, hätte das Projekt gern breiter diskutiert. "Der Solarenergie wird in zunehmenden Maße eine entsprechende Wertigkeit zukommen", und deshalb hätte man die Bürgerinnen und Bürger in die Absage stärker einbinden sollen.

Für Bürgermeister Christoph Wolf ist aber klar: "So eine Anlage passt nicht in unser Leithaland-Konzept des sanften Tourismus. Wir wollen zuerst die Dächer vollpflastern – da ist noch viel Potenzial."

Die Dächer mit Solarpaneelen bestücken, das will Ernst Edelmann ohnedies auch, doch er argumentiert: "Nur die Dächer zu bebauen ist am Ende genauso zu wenig wie nur die Freiflächen zu nutzen."

Bei der Energie Burgenland verweist man auf eine Studie, die besagt, dass nur ein Viertel aller Dachflächen überhaupt für Solarstromgewinnung genutzt werden könne – sei es, weil sie zu wenig Sonne bekomme, oder weil es statisch gar nicht möglich ist. Was keiner sagt, ist, dass die Errichtung auf der Freifläche deutlich günstiger ist als jene auf dem Dach.

Wo Sonne, da Schatten

"Die Energie Burgenland hat in der Vergangenheit ordentlich Gewinne gemacht und diese nicht an die Bürger weitergegeben", wettert Christoph Wolf und sieht deswegen kein Finanzierungsproblem. Was er aber sieht – oder, sagen wir, die Gemeindebürgerinnen und -bürger –, das wird der Wimpassinger Solarpark sein. "Wir werden die Fläche zur Gänze sehen, die Wimpassinger nicht", sagt er zornig.

Das stimme gar nicht, kontert Ernst Edelmann. "Der Sonnenpark müsste wegen der entsprechenden Begrünung uneinsehbar sein." Und damit tritt er den Gegnern, die mit versiegelten, wertvollen Ackerflächen argumentieren, auch noch entgegen, nämlich dass der Park eine Agri-PV-Anlage sei, also landwirtschaftlich genutzt werde. Es wird demnach kein Boden versiegelt, lediglich werden Steher in den Boden gerammt. Er verweist auf ähnliche Anlagen, in denen Niederwild ein neues Paradies gefunden hat, kann sich aber auch eine Nutzung mit Schafen vorstellen. Zudem sei die Anlage schnell und komplett demontierbar und würde einen Boden hinterlassen, von dem andere Bauern nur träumen können.

Doch am Wochenende könnte es noch einmal eng werden mit seinem Traum vom Ökokraftwerk. Nach drei Anläufen der ÖVP, eine Bürgerbefragung zu erzwingen, hat Ernst Edelmann im Dezember eingelenkt und die Bürgerbefragung auf den Weg gebracht. Vor wenigen Tagen sind auch Astrid Eisenkopf und Heinrich Dorner – wenig verwunderlich beide SPÖ – vom Landhaus in Eisenstadt aus angerückt, um Stimmung vor der Abstimmung zu machen. "Uns ist wichtig, dass alle Beteiligten miteingebunden sind, um letztendlich auch die Akzeptanz für dieses Vorzeigeprojekt in der Bevölkerung zu schaffen", erklärte Landesrat Dorner.

Ob das Ergebnis am Sonntag für ihn bindend sei, mag Ernst Edelmann noch nicht beantworten. Aber auch er weiß, am 2. Oktober sind wieder Gemeinderatswahlen. Da könnte gach noch einmal über das Projekt abgestimmt werden und die Stimmung vom Wirtshaus bis ins Gemeindeamt ziehen. (Guido Gluschitsch, 5.2.2022)