Mit dem Bachelor Professional soll Studieren ohne Matura attraktiver werden. Erste Programme werden im Herbst starten.

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Der erste Hochschullehrgang mit dem neu eingeführten Abschluss "Bachelor Professional" startet im Wintersemester 2022. Das MCI Management Center Innsbruck und die Fachhochschule (FH) Technikum Wien bieten gemeinsam mit dem Handelsverband die Ausbildung "eCommerce Fachwirt:in" an.

Der Bachelor Professional ist ein Weiterbildungsabschluss, Zugang erhält man über einschlägige berufliche Qualifikationen oder eine mehrjährige einschlägige Berufserfahrung. Ein Maturaabschluss ist nicht erforderlich. Die voraussichtlichen Kosten für das Studium werden sich pro Person und Semester zwischen 3.500 und 4.500 Euro bewegen, heißt es vom MCI.

Der genaue Studienplan werde vom Handelsverband gemeinsam mit seinen Mitgliedern sowie den beiden Fachhochschulen ausgearbeitet und soll auf die Bedürfnisse des Handels abgestimmt sein. Mangelndes Interesse wird von den beteiligten Institutionen aber nicht befürchtet. Wie genau sich ein Abschluss auf die weitere Karriere niederschlägt oder sich im Gehalt zeigt, könne derzeit noch nicht abgeschätzt werden.

Für Berufserfahrene

Konkrete Pläne für weitere Bachelor-Professional-Studiengänge gibt es an den Fachhochschulen derzeit kaum. Lediglich an der FH St. Pölten gibt es mit dem Hochschullehrgang Sozialpädagogik ein bereits bestehendes Weiterbildungsangebot, das vom Umfang den für einen Bachelor Professional vorgegebenen 180 ECTS-Punkten entspricht. Mit geringfügigen Anpassungen und den an der FH St. Pölten üblichen qualitätssichernden Maßnahmen sei ein Studienstart ebenfalls im Wintersemester 2022 möglich, heißt es vonseiten der FH St. Pölten.

Auch an der FH Wien der WKW werde ein dementsprechendes Weiterbildungsprogramm in jedem Fall in das Angebotsportfolio aufgenommen. Als mögliche Fachbereiche nennt Wolfgang Vrzal, Leiter der akademischen Weiterbildung, Management oder Kommunikation. An den meisten anderen Fachhochschulen werden aber erste Überlegungen dazu angestellt. So heißt es etwa von der Life Long Learning Academy der FH Oberösterreich, dass man darin durchaus Potenzial sehe, es dürfe dabei aber nicht zu einer Konkurrenzsituation zu bestehenden Bachelorprogrammen kommen.

Unterschiede ausgleichen

Mit der Einführung des Bachelor Professional wurde im Frühling auch die Weiterbildung an allen Hochschultypen gesetzlich neu geregelt. Das Ziel der Neuregelung ist es, die verschiedenen akademischen Weiterbildungen vergleichbarer zu machen. Denn aktuell schließen zwar die meisten Weiterbildungsstudien mit einem Master ab, der Umfang, die Dauer und die zu erreichenden sogenannten ECTS-Punkte variieren aber stark.

Künftig sollen auch die kostenpflichtigen Weiterbildungsstudienprogramme der dreiteiligen Bologna-Struktur mit Bachelor – Master – PhD folgen. Die Weiterbildungsbachelors bzw. Masterstudien müssen dafür im Umfang den ordentlichen Bachelorprogrammen (180 ECTS, entspricht drei Jahren Vollzeitstudium) und Masterstudien (mit Ausnahmen 120 ECTS) angepasst werden und sollen wie in einer Art Baukastensystem mit den grundsätzlich meist kostenlosen ordentlichen Studien kombinierbar sein. Nach einem Weiterbildungsbachelor soll man etwa direkt ein ordentliches Masterstudium inskribieren können. Neu ist auch, dass hochschulische Weiterbildungslehrgänge nicht mehr akkreditierungspflichtig sind, egal an welchem Hochschultyp sie eingerichtet werden.

Geringer Änderungsbedarf

Nur einen geringen Änderungsbedarf bei den Weiterbildungslehrgängen sieht man bei der FH Wiener Neustadt. "Wir haben uns schon vor der Gesetzesnovelle die Qualitätslatte im Bereich der Zugangsvoraussetzungen hoch gelegt und uns an den ordentlichen Studien orientiert", sagt Stefan Burgstaller, Leiter der Stabsstelle Strategie & Entwicklung der FH Wiener Neustadt. An der FH Oberösterreich befürchtet man durch die Anpassungen im Weiterbildungssegment einen Wettbewerbsnachteil österreichischer Weiterbildungsanbieter gegenüber ausländischen Bildungseinrichtungen.

Wenig Änderungsbedarf sieht man an der IMC FH Krems. "Wir haben momentan nur einen Lehrgang, auf den die neue Rechtslage zutrifft", sagt Michaela Sabathiel, Sprecherin der FH. Bei allen anderen Weiterbildungsprogrammen seien die Teilnehmer nach Abschluss akademisch geprüfte Expertinnen und Experten. Diese Lehrgänge sind von der Gesetzesnovelle nicht betroffen.

Weniger attraktiv

Kritischer werden die neuen Vorgaben von der FH Burgenland gesehen. "Unsere Beratungsgespräche haben gezeigt, dass die Zielgruppe weiterbildungswilliger Berufstätiger mit Familie, die nicht bereits ein Vorstudium absolviert haben, sich von einem Weiterbildungsbachelor im Umfang von 180 ECTS-Punkten eher weniger angesprochen fühlt", merkt Bettina Schauer, Lehrgangsleiterin am Austrian Institute of Management der Weiterbildungsakademie der FH Burgenland, an.

Mit einer Übergangsfrist bis 2023 haben Fachhochschulen noch etwas Zeit, um ihre Weiterbildungsprogramme an die neuen Anforderungen anzupassen. (Gudrun Ostermann, 9.2.2022)