Ralf Beste (links) durfte mit dem argentinischen Botschafter Gustavo Eduardo Ainchil auf der Stadionbank aus Cordoba Platz nehmen. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hat es gefreut.

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Was wird er in Berlin vermissen? Da überlegt Ralf Beste nicht lang: "Die Berge." Die Antwort des scheidenden deutschen Botschafters in Wien kommt rasch und mit dem Zusatz: "Die sind schon ein enormes Plus hier in Österreich."

Doch mit Radeln und Wandern ist jetzt erst mal Schluss. Früher als erwartet, nach zweieinhalb Jahren in Österreich, kehrt Beste nach Berlin, ins Flachland, zurück. Dort erwartet ihn unter Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) eine neue Aufgabe. Der 55-Jährige wird künftig die Kulturabteilung im Auswärtigen Amt in Berlin leiten.

Signatur und gurgeln

Koffer und Kisten sind gepackt. Im Diplomatengepäck hat Beste auch ein paar Tipps für die Deutschen aus Österreich mit. Als er 2019 kam, wolle er schauen, was hierzulande besser läuft als daheim. "Dinge wie die elektronische Signatur bei der Wiener Stadtverwaltung, das zentrale Gesundheitsregister oder ,Alles gurgelt‘ sind mir positiv aufgefallen. Natürlich habe ich darüber auch in Berlin geredet", sagt er.

Seine Amtszeit war von der Pandemie überschattet. Österreich und Deutschland waren sich nicht immer ganz grün und blickten mit Argusaugen auf verschärfte Einreisebedingungen im jeweils anderen Land.

"Die schwierige Situation hat aber auch nach und nach zu einem besseren Verständnis beigetragen. Beide Länder haben gelernt zu verstehen, warum das jeweils andere so agiert und reagiert", meint er.

Beide Seiten hätten unter großem Druck gehandelt, es sei immer um bestmöglichen Schutz der Menschen gegangen. Beste ist überzeugt: "Wir bekamen vor Augen geführt, wie verflochten Österreich und Deutschland sind. Das war hilfreich und ist etwas, worauf wir aufbauen können."

Vier Regierungschefs

Bevor der Historiker nach Wien kam, war er Journalist beim Spiegel und Leiter des Planungsstabs im deutschen Außenamt. Wien war seine erste Mission als Botschafter. Und diese hatte es in sich.

Beste erlebte gleich vier österreichische Regierungschefs (Brigitte Bierlein, Sebastian Kurz, Alexander Schallenberg, Karl Nehammer). "So viele habe ich in meinem ganzen Erwachsenenleben in Deutschland gehabt", sagt er.

Beste geht aber nicht mit dem Gefühl, Österreich sei ein instabiles Land: "Das war ja auch für Österreich eine ungewöhnliche Phase und nicht der Normalfall."

Über die vielen Enthüllungen in der Zeit von Sebastian Kurz meint er nur diplomatisch: "Es überrascht doch niemanden, dass auch in Österreich die Justiz unabhängig und effektiv arbeitet."

Der unbekannte Norden

In seiner Österreich-Zeit stellte Beste fest, dass es doch ein gewisses Ungleichgewicht gibt: "Viele Deutsche kennen Österreich gut, vor allem natürlich von ihren Urlauben." Umgekehrt jedoch galt es einige Lücken zu füllen. Beste: "Bayern ist den Österreichern vertraut. Bei vielem, was nördlicher liegt, gibt es vielleicht noch Leerstellen."

Er selbst legte mit dem Rad fast 20.000 Kilometer in Österreich zurück und merkte dabei auch, welche enorm große Rolle "die Schönheit des Landes im österreichischen Selbstverständnis spielt". Das, sagt er, "hat mich überrascht, das war mir vorher so nicht bewusst".

Apropos Selbstverständnis: Der 3:2-Sieg der Österreicher über die Deutschen, 1978 im argentinischen Córdoba, so erfuhr er, zählt immer noch. Doch Beste hatte kein Problem, sich mit dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig auf eine Originalbank aus dem Stadion, die nun in Wien ist, zu setzen.

Auch sprachlich hat Beste viel gelernt – etwa, was Sternspritzer und Spompanadeln sind. Und dass die Österreicher nicht ohne die in Deutschland unbekannte Standardformulierung "Das geht sich schon aus" durchs Leben kommen. Auch wenn jetzt neue Aufgaben in Berlin warten, er wird privat wieder nach Österreich kommen. Das wird sich schon ausgehen. (Birgit Baumann aus Berlin, 4.2.2022)