Lang hat die Suche gedauert, und sie ist vorläufig ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Der deutsche Ökonom Lars Feld hat für den Chefposten des Instituts Höhere Studien (IHS) abgesagt. Feld hat am Freitagabend eine entsprechende Mail an mehrere Journalisten verschickt. Er selbst war für Rückfragen vorerst nicht erreichbar, das IHS hat die Absage aber bestätigt.

Die IHS-Spitze war seit dem Abgang von Martin Kocher in Richtung Arbeitsministerium vor etwas mehr als einem Jahr vakant.

Die Mail von Feld hat es in sich. Feld, aktuell Professor für Wirtschaftspolitik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, erklärt, dass er ein Bleibeangebot seiner Universität und des Landes Baden-Württemberg doch annehme. Er bleibe damit der "wirtschafts- und finanzpolitischen Diskussion in Deutschland erhalten."

"Notwendigkeiten zur Umstrukturierung"

Der Entschluss, nicht nach Wien zu gehen, habe aber auch mit dem IHS, genauer genommen der Finanzierung und der Aufstellung des Instituts zu tun. Das IHS sei zwar "ein tolles Institut mit vielfältigen Entwicklungschancen, mit hervorragenden Forschungsleistungen und einer vorzüglichen Präsenz in der politischen Beratung". Gleichwohl bestünden dort "gewisse Notwendigkeiten zur Umstrukturierung", nicht zuletzt, weil das IHS vor allem im finanzwissenschaftlichen Bereich – und somit im Kernbereich von Felds Forschungsinteressen – deutlich gestärkt werden müsste. Dies würde erhebliche Anstrengungen erfordern, "nicht ohne Querelen ablaufen und zu Belastungen führen."

Hinzu komme die veränderte Grundfinanzierung durch die Österreichische Nationalbank (OeNB), die Feld offenbar befürchten lässt, dass die Basisfinanzierung des Instituts nicht mehr gesichert sei. Die OeNB hat ihre Finanzierungsstruktur tatsächlich gerade umgestellt: Statt Basisfinanzierung will die Notenbank künftig mehr projektbezogen finanzieren.

Hinzu komme, dass die Institute in Österreich stärker von ihren Geldgebern abhängen als jene in Deutschland: Die Finanzierung in Österreich erfolge nicht über eine unabhängige Gesellschaft wie die Leibniz-Gemeinschaft. Die Situation in Österreich erfordere daher "stärkere Anstrengungen" um die Unabhängigkeit wahren zu können.

Wunsch aus dem Finanzministerium

IHS-Kuratorium-Chef Franz Fischler stellt den Vorgang etwas anders da. Demnach habe im Herbst 2021 bereits mit Lars Feld ein fix fertiger Dienstvertrag vorgelegen. Allerdings hätten Feld bei einem Weggang aus Deutschland hohe Einbußen in der Pension gedroht.

Das zu kompensieren, hätte das IHS gut eine Million Euro gekostet – wozu man finanziell nicht bereit gewesen sei. Feld habe daraufhin erklärt, er könne an der Universität in Deutschland eine Beurlaubung erwirken und so doch nach Österreich kommen, ohne seine Ansprüche zu verlieren. "Hier hat er die Lage aber offenkundig nicht richtig eingeschätzt", sagt Fischler dem STANDARD. Bis kurz vor der Absage habe Feld den Eindruck erweckt, eine Einigung sei möglich.

Die Finanzierungssituation des IHS sei für 2022 geklärt, danach müsse sich das IHS wieder so wie auch alle anderen Institute um eine Finanzierung bemühen, das sei nichts Außergewöhnliches. Die Umstände der Finanzierung beim IHS seien Feld zudem bekannt gewesen.

Lars Feld als IHS-Chef war ein großer Wunsch von Ex-Finanzminister Gernot Blümel und Franz Fischler. Feld war von 2011 bis 2021 Mitglied des Sachverständigenrats der deutschen Bundesregierung. Dieses Gremium berät die Regierung in Berlin in makroökonomischen Fragen.

Nun beginnt die Suche beim IHS wieder von vorne. Neben Feld galt lange Guntram Wolff als Kandidat mit den besten Chancen für die IHS-Spitze. Wolff selbst ist Direktor des renommierten Bruegel-Instituts. Nun sollen mit ihm Gespräche geführt werden. (András Szigetvari, 4.2.2022)