
Eine Aufnahme vom Ulrichsbergtreffen die noch älter ist, als die Archivmeldungen über Tauschitz als Redner: Der damalige Landeshauptmann Jörg Haider bei der Kranzniederlegung.
Der 21. September 2008 war es, an dem DER STANDARD schrieb: "Trotz Wahlkampfes ließen sich keine Spitzenpolitiker am Ulrichsberg blicken. Lediglich das BZÖ und die ÖVP entsandten ihre Klubobleute, Kurt Scheuch und Stephan Tauschitz". Ein Blick ins Archiv, der momentan den neuen Chef des Kärntner Verfassungsschutzes in Bedrängnis bringt. Denn: Das Ulrichsbergtreffen zieht traditionell Rechtsextreme und Neonazis an, steht deswegen jedes Mal aufs neue in Kritik. Und: Eben jene Rechtsextremen und Neonazis sollte der Verfassungsschutz eigentlich im Blick haben – anstatt sie mit Grußworten zu empfangen, wie nun Politik und Experten anmerken.
Dazu gesellt sich nun Unmut über den Bestellungsvorgang von Tauschitz, ehemaliger Kärntner ÖVP-Klubobmann und eben seit 1. Februar in der Spitzenposition im Verfassungsschutz. Zwar soll die Personalvertretung einstimmig für ihn gestimmt haben, allerdings gab es im Endeffekt nur ihn als Bewerber. Obwohl, wie SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner nun aufbringt, sich eigentlich vier Personen beworben haben sollen. Auf die drei anderen, so deutet er zumindest an, sei Druck ausgeübt worden, ihre Bewerbung zurückzuziehen. Laut dem sozialdemokratischen Gewerkschafter Bruno Kelz habe es zumindest einen zweiten Bewerber aus Wien gegeben, der seine Kandidatur dann zurückzog.
Die Replik der ÖVP auf Einwallners Vorwurf folgte prompt: "Dass die Beamtinnen und Beamten unseres Landes durch die Oppositionsparteien ständig diskreditiert werden und ihnen böswillig mangelnde Qualifikation unterstellt wird, ist beschämend", ließ ÖVP-Sicherheitssprecher Christian Stocker per Aussendung wissen. Man könne nicht hinnehmen, dass "verdiente und hochqualifizierte Polizistinnen und Polizisten sowie Mitarbeiter des Innenresorts aus reinem Parteikalkül diskreditiert werden".
"Bemerkenswerte Karrierestation"
Zurück ins Jahr 2008 und auf den Ulrichsberg: In dem Jahr, so hielt damals das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) fest, sei von den Verantwortlichen die Absicht bekundet worden, "diesmal keine als solche erkennbaren Neonazis zuzulassen". Dennoch hätten dann "etwa 15 vermummte Neonazis zwei Tage vor dem Treffen Jagd auf protestierende AntifaschistInnen" gemacht und einige von ihnen verletzt. Außerdem sei etwa in der rechtsextremen Zeitschrift Aula betont worden, "dass ehemalige Waffen-SS-Angehörige am Ulrichsberg ausdrücklich willkommen seien".
Begrüßt wurden die rund 500 Teilnehmenden dann eben unter anderem von Tauschitz, zwei Jahre später sprach er erneut bei dem Treffen, etwa darüber, dass man nicht über Tote richten solle – bei den Feiern wird den Opfern der beiden Weltkriege gedacht.
Bernhard Weidinger vom DÖW sprach in der "ZiB 2" am Freitag von einer "Eigenheit der Kärntner Verhältnisse" dass die Ulrichsbergfeier zwar einerseits von Landespolitikern, andererseits aber auch von "Alt- und Neonazis" besucht werde. Zu Tauschitz meint Rechtsextremismusforscher Weidinger, es sei für den Chef einer Behörde, die für die Beobachtung von Rechtsextremen zuständig ist, "jedenfalls eine bemerkenswerte Karrierestation", auch am Ulrichsberg zu sprechen. Die stellvertretende Klubobfrau der Bundesgrünen, Olga Voglauer, forderte, dass Tauschitz von dem Posten zurücktritt und dieser neu ausgeschrieben wird.
Auch die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) fordert Tauschitz' Rückzug. IKG-Präsident Oskar Deutsch meinte am Samstag auf Twitter: "Wer am Ulrichsbergtreffen teilnimmt, sollte vom Verfassungsschutz beobachtet werden und kann diesen nicht leiten." Die Huldigung der Waffen-SS und die Legitimation "eines Naziaufmarschs durch Teilnahme" sei kein Kavaliersdelikt.
Heute würde er diese Worte so nicht mehr wählen, teilte Tauschitz der "ZiB" schriftlich mit. Und: Eigentlich habe er mit seinem Auftritt versucht, die Vereinnahmung des Treffens durch Rechtsextremisten zu verhindern. Nachsatz: Das habe so leider nicht erreicht werden können. (elas, 5.2.2022)