Wien/Graz – Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) hält es für "falsch, eine Impfpflicht oder eine Zwangsimpfung zu verordnen". "Wir möchten die Leute von der Impfung überzeugen, aber Zwingen und Strafen halte ich für falsch", sagte Kahr in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag. Schuld an der geringen Impfquote sei auch die "grottenschlechte" Kommunikation der Bundesregierung. "Da hat man den letzten Impfbefürworter verprellt." Probleme sieht sie auch bei der Umsetzung.

Die Grazer Bürgermeisterin war am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" zu Gast. "Selbstverständlich haben wir nichts am Hut mit Nordkorea oder einem Stalin", sagte Elke Kahr dabei zu ihrem Verständnis von Kommunismus.
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"Wir stehen dazu, dass es notwendig ist, sich impfen zu lassen", betonte Kahr. Sie sei auch selbst geimpft. Überzeugen könne man aber "nicht mit dem Vorschlaghammer" – vielmehr müsse man mit Menschen auf Augenhöhe kommunizieren: "So, dass sie das auch annehmen können." Man müsse den Menschen zuhören und dürfe sie nicht gleich in eine Schublade stecken und in die Enge treiben.

Sie sei auch nicht überzeugt, dass die Impfpflicht in der geplanten Form tatsächlich kommen werde, meinte Kahr. Zum Teil seien die Vorgaben nicht exekutierbar, man habe auch nicht die nötigen Leute dafür.

Hohe Mieten und Energiekosten

Die von der Regierung geplanten Einmalzahlungen für den Energiekosten- und Teuerungsausgleich sieht Kahr mit gemischten Gefühlen. Es sei einmal positiv, dass die Probleme in diesem Bereich erkannt werden. Allerdings befänden sich etwa Arbeitslose oder Geringverdiener auch im nächsten Jahr in der gleichen Situation. Sie tritt daher etwa für eine Deckelung der Richtwertmieten sowie ein neues Mietrechtsgesetz ein. Natürlich könne man immer mehr Gemeindewohnungen bauen oder die Wohnunterstützung verbessern – "aber du wirst nie generell eine Lösung finden, den privaten Wohnungsmarkt zu regeln, wenn man kein modernes Mietrecht macht".

"Selbstverständlich reicht's nicht", sagt Kahr zu den kürzlich angekündigten Einmalzahlungen der Regierung angesichts der hohen Energiekosten.
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Staatliche Eingriffe in den Markt kann sich Kahr neben dem Miet- und Energiebereich teilweise auch bei Lebensmitteln vorstellen. Die Enteignung von Wohnungen könne man hingegen nicht durchführen. Man müsse aber Grund und Boden respektive Immobilien sichern – etwa durch mehr Steuerung durch die öffentliche Hand. In den vergangenen Jahren seien viel zu viel Objekte – siehe Buwog – "verscherbelt" worden.

Sideletter für KPÖ "nicht normal"

Nicht nur durch derartige Verkäufe, sondern auch durch die Korruptionsskandale der vergangenen Jahre und die jüngst öffentlich gewordenen Sideletter, leidet das Vertrauen in die Politik. Das nehme Kahr auch selbst wahr, es sei "so stark wie nie zuvor", sagt die Grazer Bürgermeisterin.

"Es geht durch alle sozialen Milieus und Berufsgruppen", sagt Kahr zum geringen Vertrauen in die Politik.
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Diesem Vertrauensverlust wirke die KPÖ Graz mit ihrem politischen Stil entgegen, sagt Kahr. Das habe etwas mit Integrität und Vorbildwirkung zu tun und damit, nichts zu versprechen, das man nicht halten kann.

"Für die KPÖ ist das nicht normal" sagt sie nach den Sidelettern gefragt. Wichtig sei, dass man seine Haltung nicht ändert, auch wenn man in politische Verantwortung kommt. Niemals dürfe es Postenbesetzung aufgrund der politischen Couleur geben, so Kahr. "Postenschacher gibt's mit uns nicht". (APA, red, 6.2.2022)