Von seinem Höchststand Ende November ist der Bitcoin aktuell weit entfernt. Erst kürzlich fiel der Kurs auf unter 34.000 Dollar. Entwickeln sich die Zinssätze tatsächlich zum digitalen Kryptonit für Kryptowährungen, könnte es weiterhin ordentliche Kurskorrekturen geben. Preisschwankung hin oder her, Betrüger finden großen Gefallen an digitalen Währungen. Einer Studie der Marktforschungsfirma Chainalysis zufolge erreichte Betrug mit Kryptowährungen vergangenes Jahr ein Rekordausmaß. Hier muss aber auch erwähnt werden, dass das gesamte gehandelte Volumen von Cyberdevisen massiv angestiegen ist.

Der Studie zufolge wurden 2021 bei kriminellen Machenschaften Kryptowährungen im Wert von 14 Milliarden Dollar veruntreut. Das sind 80 Prozent mehr als im Jahr davor und so viel wie noch nie. Das Gesamtvolumen im Kryptohandel verfünffachte sich der Studie zufolge allerdings auch auf 15,8 Billionen Dollar.

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Kryptowährungen haben sich zu einem billionenschweren Business entwickelt, wenig überraschend nehmen auch krumme Machenschaften zu.
Foto: REUTERS/Kacper Pempel/File Photo

Start-up setzt auf Forensik

Das neu gegründete Wiener Start-up Iknaio will Krypto-Betrügern mit einer speziellen Forensikmethode das Leben deutlich erschweren. Der Name leitet sich vom Wort "Iknaia" – Spurensucher – aus der griechischen Mythologie ab. Alle jemals in Kryptowährungen durchgeführten Transaktionen sind auf der Blockchain öffentlich einsehbar. "Diese Transparenz ermöglicht uns die Analyse von Zahlungsströmen, die wir aufbereiten und grafisch darstellen", sagt Iknaio-Mitgründer Karl Zettl im Gespräch mit dem STANDARD.

Nachzuforschen, wohin gestohlenes Geld läuft, bedarf eines außerordentlichen Aufwands. Die vom Team rund um die renommierten Forscher Ross King und Bernhard Haslhofer vom AIT entwickelten Algorithmen ermöglichen beispielsweise, globale Hackerangriffe, Erpressungsversuche und Transaktionen mit Geldwäschepotenzial in der Blockchain nachzuweisen. Iknaio ordnet mit seiner Methode Wallets zu, um Behörden oder Sicherheitsfirmen die Verfolgung einfacher zu machen.

Grafische Aufbereitung

Es wird grafisch aufbereitet, auf welcher Börse das entsprechende Wallet liegt bzw. ob das Geld ins Darknet fließt. Sprich, die Spur wird so lange verfolgt, bis die Coins das System verlassen und/oder in "herkömmliche" Währungen zurückgetauscht werden. "Graph Sense" heißt die Plattform mit der Iknaio seine Dienste nun kommerziell anbietet.

So soll die grafische Aufbereitung aussehen, um den Weg des Geldes leichter verfolgen zu können.
Foto: Screenshot Graph Sense

Grundsätzlich ist die Technologie aber für jedermann zugänglich, da es sich um eine Open-Source-Lösung handelt. Fürs Erste wird eine Analyse für Bitcoin- und Ethereum-Transaktionen angeboten, weitere sollen folgen. "Die Blockchain anderer Krypto währungen können wir in unser System laden und weitere Analysen anstellen", sagt Zettl. Im nächsten Schritt sollen interne Abläufe von Smart Contracts nachvollziehbar gemacht werden, um die Funktionsweise dezentraler Finanzprodukte besser zu verstehen. Iknaio hat Blockchain-Analysen nicht neu erfunden.

Konkurrenz aus den USA

Etwa die eingangs erwähnten Chainalysis oder Ciphertrace aus den USA bieten Ähnliches an. Zettl sieht Iknaio als Komplementärprodukt zu den weit größeren Datenbanken der US-Firmen: "Kauft die Polizei die große Lizenz von Chainalysis, lässt sich das mit unserer Plattform gut kombinieren." Details zu den Kosten nennt Zettl keine – es bedürfe noch Feinabstimmungen in der Praxis.

Selbst ermittlerisch tätig werden möchte Iknaio nicht. "Wir stellen unseren Service Behörden oder Sicherheitsfirmen zur Verfügung." Bis Ende März soll Graph Sense auch Einzelpersonen zugänglich gemacht werden. Die Datenhoheit bleibt laut Zettl stets beim Kunden, die Server-Infrastruktur wird in Österreich gehostet und betrieben.

Regulierung gesuchtCyberdevisen werden durch hochkomplexe Berechnungen von Computern erzeugt und im Gegensatz zu klassischen Währungen nicht von Notenbanken kontrolliert. Wegen der Betrugsfälle sind Aufsichtsbehörden alarmiert. Sie warnen immer wieder vor möglichen Totalausfällen von Investments. Weltweit arbeiten Finanzaufseher deshalb an einer geeigneten Regulierung für die Branche. (Andreas Danzer, 7.2.2022)