Der Steirer Ferdinand Feldhofer bevorzugt den aktiven, schönen Fußball.

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Rapid ist am Samstag im Cup an Hartberg gescheitert, also ernüchternd in die Frühjahrssaison gestartet. Trainer Ferdinand Feldhofer glaubt trotzdem an eine rosige Zukunft, an seinen neuen Weg.

STANDARD: Bei Rapid divergieren Anspruch und Wirklichkeit, seit 2008 rennt man einem Titel hinterher. Das wird nach dem 1:2 im Cup-Viertelfinale gegen Hartberg auch so bleiben. Es sind aktuell in der Liga 21 Zähler Rückstand auf Red Bull Salzburg, Rapid ist Fünfter, muss um die Teilnahme am Meister-Playoff noch bangen. Was können Sie tun, damit die Lücke vielleicht nicht geschlossen, aber doch kleiner wird?

Feldhofer: Viel. Ich kann die Burschen unterstützen, sie weiterbringen, damit mehr möglich ist. Wenn ich mich an 2005 erinnere, da wurde ich als Spieler mit Rapid Meister. Wir hatten ein sehr familiäres Klima, einen Zusammenhalt, der seinesgleichen gesucht hat. Aber das hat zwei bis drei Jahre gebraucht. Es wäre ein Wunder, wenn es sofort passiert. Das Out gegen Hartberg war ein absoluter Selbstfaller, es tut extrem weh, ich dachte, wir sind schon weiter. Im ersten und im letzten Drittel des Spiels war die Leistung okay, dazwischen haben wir völlig den Zugriff verloren. Das darf nicht passieren, das müssen wir analysieren.

STANDARD: Bleiben wir bei Salzburg, dem Gegner am Freitag in der Meisterschaft. Ist diese gespenstische Überlegenheit für den österreichischen Fußball Fluch oder Segen? Die Bullen treffen im Achtelfinale der Champions League auf Bayern München, Rapid spielt, bei allem Respekt, im Playoff der Conference League gegen Vitesse Arnheim. Sagt eigentlich alles, oder?

Feldhofer: Das sagt natürlich viel. Aber beides ist nicht schlecht. Von schlecht ist Rapid weit weg. Salzburg hat sich seit Jahren etwas aufgebaut, sie haben einen finanziellen und mittlerweile auch sportlichen Vorteil, der gewaltig ist. Diese Möglichkeiten hat Restösterreich nicht. Wir sind Achter in der Nationenwertung, dazu hat Salzburg enorm viel beigetragen. Also ist es ein Segen. Wenn man selbst einen Titel holen will, ist es ein Fluch.

STANDARD: Bei Ihrem Antritt haben Sie gesagt, Rapid brauche einen Wiedererkennungswert, müsse begeistern, wie ein Schwarm auftreten. Topscorer Ercan Kara und Maxi Ullmann sind dem Schwarm abhandengekommen, bei Taxi Fountas dürfte es nur eine Frage der Zeit sein. Deprimieren die Abgänge? Muss man sich damit abfinden, dass Rapid kein Sehnsuchtsziel mehr ist?

Feldhofer: Es deprimiert mich nicht. Es war mir bewusst, als ich den Job angetreten habe. Ein Umbruch wird stattfinden, geplant war eher im Sommer, nun ist einiges schon vorweg passiert. Wir sind darauf vorbereitet. Es werden auch in Zukunft Spieler den Verein verlassen. Weil sie es wollen, oder weil wir es wollen. Oder weil es nicht machbar ist.

STANDARD: Wie kann sich Rapid positionieren?

Feldhofer: Wir liefern eine sehr gute Nachwuchsarbeit ab, öffnen einen neuen Weg, auf dem man auch Geld lukrieren kann. Die Durchgängigkeit bis zur Kampfmannschaft ist wesentlich. Das Alter ist oft nicht entscheidend, ob man Titel holt. Da ist Salzburg das Paradebeispiel.

STANDARD: Die Zeiten, als Spieler die Karriere bei einem Verein verbracht haben, sind vorbei.

Feldhofer: Ja, es gibt aber Ausnahmen, Maxi Hofmann hat verlängert. Es erschließen sich immer wieder neue Märkte, derzeit die USA. Ich verstehe Kara, sehe das emotionslos. Ändern kann ich das ja nicht. Will ein Spieler weg, ist es sinnlos, ihn davon abzuhalten.

STANDARD: Was ist von Rapid zu erwarten? Der Cupsieg sicher nicht mehr.

Feldhofer: Die Ziele sind klar. Top sechs, nach der Punkteteilung ist einiges möglich. Wir haben uns eine gute Ausgangsposition geschaffen, es gibt gefühlt nur mehr K.-o.-Spiele. Das vielleicht wichtigste haben wir jetzt leider verloren. Ich bin aber sehr motiviert und optimistisch, aus Niederlagen muss man lernen.

STANDARD: Wird der neue Stürmer Ferdy Druijf eine Bereicherung sein? Was erwarten Sie vom Niederländer? Kann er Kara ersetzen?

Feldhofer: Wir haben jetzt einen zweiten Ferdy, das ist nie schlecht. Er ist ähnlich wie Kara, ein typischer Neuner, ein Wandspieler, physisch präsent, kopfballstark, ein Arbeiter.

STANDARD: Der 18-jährige Yusuf Demir ist zurück aus Barcelona. Welchen Eindruck macht er auf Sie? Sie wollen ja Wegbegleiter der Spieler sein. Wohin führt Demirs Reise?

Feldhofer: Kurzfristig sollte man auf die Bremse treten, er muss zunächst Stammspieler bei Rapid werden. Er merkt, er hat nicht den Istzustand, den er im Sommer hatte, als er ging. Ihm fehlt die Spielpraxis. Die Tendenz ist gut, Yusuf agiert vorbildlich, geht voran, schont sich nicht. Er bringt alles mit, was ein Fußballer braucht. Er kann ein wichtiger, entscheidender Bestandteil sein.

STANDARD: Um Demir gab es ja einen enormen Hype. Verkraftet er das Scheitern in Barcelona?

Feldhofer: Ja. Gegenteilige Befürchtungen sind nicht eingetreten.

STANDARD: Es gab ein zwölftägiges Trainingslager in Belek. Welche Schwerpunkte setzten Sie, worauf legten Sie besonderen Wert?

Feldhofer: Wir sind mittlerweile ein eingeschworener Haufen. Die Spieler sind selbstkritisch, lernwillig. Sie sind bereit, einen neuen Weg zu gehen. Wir haben athletisch gearbeitet, haben an der Flexibilität, am Taktischen gefeilt. Wir haben unsere Philosophie, mit und gegen den Ball aktiv zu sein, einstudiert. Das schaut nicht nur schön aus, es macht Spaß, wir können mit dieser Art am erfolgreichsten Fußball spielen. Hartberg ändert überhaupt nichts am Prinzipiellen.

STANDARD: Macht es einen Unterschied, ob man Trainer beim WAC oder bei Rapid ist?

Feldhofer: Auf dem Platz nicht. Das Umfeld ist einfach anders. Ich kriege hier mehr Unterstützung, mir wird viel abgenommen. Wir haben eine Scouting-Abteilung, einen Sportgeschäftsführer, einen Sportkoordinator, einen Medienbeauftragten. Ich diskutiere etwa mit Zoran Barisic oder Steffen Hofmann, wir suchen einen Nenner, sind keine Ja-Sager, das ist fruchtbar. Das heißt natürlich nicht, dass man beim WAC gar nichts hatte.

STANDARD: Die Pandemie lähmt und frustriert alle. Im österreichischen Fußball sind seit fast zwei Jahren gar keine oder kaum Zuschauer erlaubt, das ist sicher eine Form von Bedeutungsverlust. Wie gehen Sie mit Corona um? Kann man Normalität irgendwie vortäuschen?

Feldhofer: Vorweg: Rapid belastet es mehr als andere Vereine. Ich bin von Außen gekommen, habe den Vergleich. Die Leute, die Fans, die Mitarbeiter leiden hier extrem, es ist sehr hart. Trotzdem versuche ich, so professionell wie möglich damit umzugehen. Wir sind ja trotzdem privilegiert, dürfen unseren Beruf ausüben. Auch im Lockdown. Das Ganze war für mich unvorstellbar, es hat gedauert, bis ich Corona akzeptiert habe. Eigentlich will es ja keiner akzeptieren. Man lernt dazu, wird flexibler, muss kurzfristig reagieren. Beim WAC hatten wir einen riesigen Cluster, das war verrückt, man wusste nicht, was in der nächsten Stunde passiert. Aktuell gibt es bei Rapid einige Corona-Fälle, wir müssen abwarten.

STANDARD: Wird sich der Fußball von Corona erholen, wann immer das auch sein mag?

Feldhofer: Ja. Die Leute werden sich freuen, ins Stadion zu gehen. Ohne die vielen Auflagen. Es wird wieder Feste geben.

STANDARD: Eine banale, aber doch komplizierte Frage: Wie schlägt man Salzburg?

Feldhofer: Mutig sein, aktiv sein, sie nicht das gewohnte Spiel aufziehen lassen. Glück würde auch nicht schaden. (Christian Hackl, 7.2.2022)