Ab jetzt zuständig für Message-Control: Guto Harri.

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London – Der britische Premierminister Boris Johnson (57) bemüht in der sogenannten Partygate-Affäre einen Partyklassiker, um seinen Kampfgeist zu beweisen. Johnsons neuer Kommunikationschef Guto Harri berichtete dem Nachrichtenportal "Golwg360" am Montag, dass er den konservativen Regierungschef als Erstes gefragt habe: "Wirst du das überstehen, Boris?" ("Are you going to survive, Boris?"). Daraufhin habe der Premier angefangen, den Song von Gloria Gaynor von sich zu geben: "I will survive."

Dann sangen beide angeblich die nächsten zwei Zeilen noch gemeinsam weiter. Harri soll die Außendarstellung der Regierung verbessern, die schweren Schaden genommen hat. Als Johnson auf die Anekdote angesprochen wurde, lachte er lediglich. Ein Regierungssprecher sagte, der Premierminister kommentiere private Unterhaltungen nicht.

Harri: "Kein kompletter Clown"

Ansonsten sagte Harri über seinen neuen Chef: "Er ist kein kompletter Clown, er ist ein sehr liebenswürdiger Charakter. 90 Prozent unserer Diskussion sind sehr ernsthaft, aber er ist ein Charaktertyp und hat auch mal Spaß. Er ist nicht der Teufel, als den ihn einige falsch charakterisiert haben."

Johnson steht seit Wochen wegen der Affäre um Lockdown-Partys in der Downing Street unter Druck. Sogar mehrere Abgeordnete seiner Konservativen Partei fordern seinen Rücktritt. Der Premier tauschte kürzlich mehrere Berater aus, um Führungsstärke zu demonstrieren.

Polizei muss britischen Oppositionschef vor Mob retten

Weil er von einem wütenden Mob bedrängt wurde, hat die Polizei indes den britischen Oppositionsführer Keir Starmer am Montag in Sicherheit bringen müssen. Auf im Internet kursierenden Videos ist zu sehen, wie Starmer von Demonstranten in der Nähe des Parlaments in London angegangen wird. Zu hören sind unter anderem Rufe wie "Verräter". Polizisten bugsieren den Labour-Politiker schließlich in einen Streifenwagen, der mit Blaulicht davonfährt.

Pikant ist an dem Vorfall vor allem, dass Starmer von den Demonstranten auch mit Anschuldigungen konfrontiert wurde, er habe als Chef der Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung des inzwischen gestorbenen pädophilen BBC-Moderators Jimmy Savile versäumt. Die Falschbehauptung hatte Johnson in der vergangenen Woche im Parlament aufgebracht. Er wurde dafür auch aus den eigenen Reihen heftig kritisiert. Seine Chefstrategin Munira Mirza nahm das sogar zum Anlass für ihren Rücktritt.

Kritik an Johnson

Labour-Politiker David Lammy, der bei dem Vorfall am Montag dabei war, machte Johnson indirekt verantwortlich. "Kein Wunder, dass die Verschwörungstheoretiker, die Keir Starmer und mich belästigt haben, die Verunglimpfungen wiederholten, die wir vergangene Woche von Boris Johnson am Rednerpult gehört haben", schrieb Lammy.

Ob es sich bei den Demonstranten um eine homogene Gruppe handelte ist unklar. Auf den Videos zu sehen war eine England-Fahne, die eher von rechtsgerichteten Gruppen verwendet wird. Mehrmals wird Starmer jedoch auch wegen der Inhaftierung des Wikileaks-Chefs Julian Assange verbal angegangen. Die britische Nachrichtenagentur PA meldete, auf einem der Videos sei Pierce Corbyn zu sehen gewesen. Der Bruder des ehemaligen Labour-Chefs und Altlinken Jeremy Corbyn ist als radikaler Impfgegner bekannt. (APA, 7.2.2022)