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Die ersten zwei Millionen Johnson-&-Johnson-Impfdosen der EU-Spende an Nigeria sind in Abuja eingetroffen.

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Kurz vor Weihnachten vernichteten die nigerianischen Behörden auf einer Müllhalde mehr als eine Million Astra-Zeneca-Impfdosen.

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Indonesien hat um 100 Millionen Impfdosen gebeten, um die Bevölkerung boostern zu können. Die Haltbarkeit muss aber über drei Monaten liegen.

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Diesmal hat man genug Zeit, um den Menschen die Impfdosen zu verabreichen. Faisal Shuaib zeigte sich beim Medientermin am Flughafen der nigerianischen Hauptstadt Abuja erleichtert. Der Chef der nationalen Gesundheitsbehörde nahm symbolisch die zwei Millionen gespendeten Impfdosen gegen das Coronavirus entgegen, die nun zwischenzeitlich in Kühlräumen des Flughafens lagern. Finnland, Griechenland und Slowenien hatten die Lieferung des Johnson-&-Johnson-Vakzins möglich gemacht. Insgesamt sollen EU-Länder 20 Millionen Impfdosen an Nigeria spenden, kündigte die EU-Botschafterin Samuela Isopi an.

Dass Shuaib hörbar aufatmet, weil die Impfdosen noch bis zum August 2023 haltbar sind, hat mit den schlechten Erfahrungen zu tun, die Nigeria – und andere Staaten – mit gespendeten Vakzinen gemacht hat. Erst im Dezember waren Bulldozer auf einer Müllhalde in Abuja über Papp- und Plastikkartons voller abgelaufener Astra-Zeneca-Dosen gefahren, nur vier bis sechs Wochen hätte man laut Reuters gehabt, um sie zu verimpfen. Eine Million wurden laut offiziellen Angaben zerstört. Shauib erklärte damals, dass man die gespendeten Dosen trotz der kurzen verbliebenen Haltbarkeit aufgrund der Impfstoffknappheit im Land quasi annehmen musste. Gesundheitsminister Osagie Ehanire beeilte sich aber zu versichern, dass das künftig nicht mehr geschehen werde.

"Müll abgeladen"

Das afrikanische Seuchenschutzzentrum CDC spricht von 2,8 Millionen vernichteter Dosen auf dem Kontinent. Zwar wies CDC-Direktor John Nkengasong darauf hin, dass das "nur 0,5 Prozent aller zur Verfügung gestellten Impfungen" seien, doch "jede abgelaufene Impfdosis schmerzt mich, weil sie ein Leben darstellt, das hätte gerettet werden können", wird Nkengasong in der Nachrichtenagentur AP zitiert. Sein Stellvertreter Ahmed Ogwell Ouma geht sogar so weit, zu warnen, solche Dosen anzunehmen: "Das ist keine Spende mehr, hier wird Müll abgeladen."

Teilweise werden die Spendenlieferungen den einzelnen Nationen auch zu kurzfristig angekündigt, sodass den Behörden fast keine Zeit bleibt, um zu organisieren, wie die Menschen zu den Impfdosen kommen. Im vergangenen April schickte die Demokratische Republik Kongo deshalb 1,3 Millionen Dosen an Covax zurück – jene internationale Initiative, die eine faire globale Impfstoffverteilung sicherstellen soll.

Und selbst aus Ländern, denen eigentlich eine gute Gesundheitsinfrastruktur zur Verfügung steht, kommt Kritik. Indonesiens Gesundheitsminister Budi Gunadi Sadikin fordert zwar rund 100 Millionen Impfdosen, um die Bevölkerung zu boostern, bittet aber gleichzeitig um eine Haltbarkeit von mindestens weiteren drei Monaten. Denn auch die Regierung in Jakarta musste bereits mehr als eine Million abgelaufener Dosen wegschmeißen.

Spenden helfen auch reichen Nationen

Insgesamt sollen aber laut Covax immer mehr Spendenlieferungen eintreffen, die anschließend auch regelmäßiger an die Empfängerstaaten verteilt werden können. Mitte Jänner lieferte die Initiative die milliardste Impfdosis aus. Insgesamt 144 Staaten profitieren bereits, und mehr als zehn Milliarden US-Dollar (8,8 Milliarden Euro) an Spendengeldern konnten gesammelt werden. Gleichzeitig verlautbarte der Chef von Gavi – jener Allianz aus Regierungen, Firmen, Stiftungen und UN-Organisationen, die Covax durchführt – dass 41 Prozent der Weltbevölkerung noch nicht geimpft seien. In Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen haben nur zehn Prozent der Bevölkerung eine Dosis gegen das Coronavirus erhalten.

Dabei zeigen Studien, dass die reichen Nationen gut daran täten, mehr Geld und vor allem Impfstoffe in den Globalen Süden zu schicken. Es würde zu deutlich weniger Todesfällen in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen kommen, wenn finanzstarke Staaten die Hälfte ihrer Impfdosen spenden würden. Zu dem Schluss kommt eine Untersuchung im Magazin "Nature Human Behaviour", die Ende Jänner veröffentlich wurde. Qingpeng Zhang von der City University of Hong Kong, einer der Autoren, sagte im Interview mit dem "Guardian", dass es zwar verständlich sei, dass reiche Länder ihre Lager füllen wollen. Doch gleichzeitig seien die Vorteile nicht so groß, wie sie scheinen würden: "Das ist nur ein sehr kurzfristiger Schutz", sagte Zhang.

Das Forschungsteam und er untersuchten anhand von Flugdaten, wie sich Menschen in den kommenden fünf Jahren über den Globus bewegen werden – und wie sich die unterschiedliche Verteilung von Impfstoffen auswirken wird. Die meisten Mutationen des Coronavirus erwarten die Fachleute in Ländern mit geringen und mittleren Einkommen. Deshalb wäre es besser, die Impfstoffe global zu verteilen und die Bevölkerungen in eben jenen Ländern zu impfen, anstatt nur an Nachbarländer zu spenden – wie das Australien macht. Denn neu entstehende Mutationen seien eine Gefahr für die gesamte Welt, auch für die reichen Staaten. (Bianca Blei, 9.2.2022)