Die regelmäßige Reinigung des Schaltknüppels macht durchaus Sinn, wie die britische Untersuchung zeigt.

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Wie viel Schmutz Autos in Form von Schadstoffemissionen und Reifenabrieb verursachen, ist hinlänglich bekannt. Einen Aspekt, bei dem weniger die Umweltkontamination denn die mikrobielle Verunreinigung von Fahrzeuginnenräumen im Vordergrund steht, hat nun ein Forschungsteam der Aston University in Birmingham im Detail untersucht. Das eindrucksvolle Ergebnis: Autos sind auch im Inneren erhebliche Dreckschleudern – selbst dann, wenn sie gepflegt sind und sauber wirken.

Schon vor Jahren haben Forschende Scheibenwischanlagen als Brutstätten von Krankheitserregern wie Legionellen identifiziert. Die Erreger der Legionärskrankheit fühlen sich in Tanks und Schläuchen offenbar recht wohl und können selbst in vielen Scheibenwaschmitteln überleben. Für Passagiere ist das jedoch kein nennenswertes Problem, sie kommen mit dem Sprühnebel der Scheibenreinigung üblicherweise nicht in Kontakt.

Vom Vehikel ins Labor

Mit welchen mikrobiellen Mitreisenden sie aber im Innenraum von Autos konfrontiert sind, hat nun ein Team um den Mikrobiologen Jonathan Cox aufgeklärt. Für ihre Untersuchung entnahmen die Forschenden Proben aus fünf Fahrzeugen unterschiedlichen Typs und Alters. Beprobt wurden jeweils sechs unterschiedliche Stellen im Auto, dann folgte die Analyse im Labor.

Dass auf allen untersuchten Oberflächen Bakterien zu finden waren, darf nicht überraschen: Allein die menschliche Haut wird von hunderten Bakterienarten besiedelt. Unser Mikrobiom, wie die Gesamtheit aller Mikroorganismen im und um den menschlichen Körper genannt wird, hinterlässt in unserer Umgebung zwangsläufig einen Fingerabdruck.

Ekel-Hotspot Kofferraum

Doch welche und wie viele Mikroben wo genau in den Autos zu finden waren, kam für die Forschenden unerwartet: Das Lenkrad war bei allen untersuchten Fahrzeugen der sterilste Ort, der Kofferraum hingegen der am meisten kontaminierte. Fanden sich am Lenkrad im Schnitt nur 145 Bakterienarten, waren es im Kofferraum fast zehnmal so viele. Ebenfalls stark verunreinigt waren die Fahrersitze und die Schalthebel, während Armaturenbretter und Rücksitze mit jeweils nur rund 300 Bakterienarten vergleichsweise sauber waren.

Neben vielen völlig harmlosen und auch nützlichen Mikroben enthüllten die Analyse auch einige problematische Keime, darunter antibiotikaresistente Bakterien. Besonders präsent auf der Liste der eher unerwünschten Mikropassagiere war das Fäkalbakterium E. coli, das vor allem in Kofferräumen und auf den Fahrersitzen zu finden war. "Das sollte man bedenken, wenn man Lebensmittel im Kofferraum transportiert oder heruntergefallene Chips vom Sitz aufhebt und isst", sagte Cox. "Ich würde zweimal darüber nachdenken."

Klokontrolle

Einige Bereiche in den Fahrzeugen waren sogar stärker kontaminiert als zwei Toilettensitze, die gleichsam als mikrobielle Kontrollgruppe dienten. Beide Toiletten waren in den 24 Stunden vor der Probenentnahme benutzt worden. Cox zufolge sollte das bei der Innenreinigung stärker bedacht werden; dass etwa ein Schalthebel schmutziger sein könnte als ein Toilettensitz, sei vermutlich den wenigsten bewusst.

Je älter die untersuchten Autos waren, desto mehr Bakterien fand das Forschungsteam im Innenraum – auch, wenn es gepflegt war und sauber aussah. Cox: "Das deutet darauf hin, dass ein Auto mit der Zeit schmutziger wird, unabhängig davon, wie viel wir es putzen. Je länger wir es benutzen, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir Bakterien aus neuen Quellen einschleppen."

Was bedeutet das nun alles für Fahrerinnen und Fahrer? "Es gibt keinen Grund, sich übermäßige Sorgen zu machen, aber die Untersuchung zeigt, wie falsch wir Verunreinigungen oft einschätzen", sagte Cox. Er empfiehlt, gebrauchte Autos regelmäßig gründlich zu reinigen und ansonsten dieselben Hygieneregeln zu beachten, die ohnehin Standard sein sollten. Allen voran: Händewaschen vor dem Essen. (David Rennert, 8.2.2022)