Bild nicht mehr verfügbar.

Mayer und Co als Vorbild für Chinas angehende Skifahrer und Skifahrerinnen? Noch wird zumeist gut gepolstert geübt, teilweise unter Anleitung von Skilehrern, die in Österreich ausgebildet wurden.

Foto: Reuters / Thomas Peter

In China ist alles gigantisch. Die Bauzeit der olympischen Anlagen war kürzer als kurz, die Überwachung ist noch immer gigantisch, groß sind in der Regel auch die Freudenausbrüche, wenn sich weit verstreut lebende Familienangehörige treffen. Und dann wäre da noch die gigantische Zahl an Menschen, die im Reich der Mitte leben: 1,4 Milliarden sind es, plus/minus.

Das weckt Begehrlichkeiten und Hoffnungen, nicht zuletzt in Österreichs Industrie, noch mehr aber im Tourismus. Wenn in den kommenden Jahren nur ein Bruchteil der Chinesen eine Europareise buchen würde und davon ein kleiner Teil auch Österreich auf dem Radar hätte, wäre das ebenfalls gigantisch.

Aushängeschild Mayer

Das Olympia-Gold von Matthias Mayer im Super-G und von Benjamin Karl im Snowboard-Bewerb haben die Hoffnungen heimischer Hoteliers und Seilbahnbetreiber auf klingelnde Kassen durch chinesische Gäste auf heimischen Pisten zusätzlich geschürt. Weitere Medaillen in Gold, Silber oder Bronze festigten das Image Österreichs als Wintersportnation und würden wohl auch positiv abfärben. Ganz so einfach ist es aber nicht.

Bild nicht mehr verfügbar.

Matthias Mayer, Bronze in der Abfahrt, Olympia-Gold im Super-G.
Foto: reuters

"Ich bezweifle, dass es eine Umwegrentabilität von Podestplätzen in China für den Tourismus in Österreich gibt. China ist kein klassischer Quellmarkt für uns", begründet Dieter Scharitzer, Assistenzprofessor am Institut für Marketing Management der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), im Gespräch mit dem STANDARD seine Skepsis. "Würden die Olympischen Spiele statt in Peking in irgendeinem europäischen Land stattfinden, könnte man sich alles vorstellen." So gesehen sollten die nächsten Olympischen Winterspiele, die 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo stattfinden, aus Sicht des Österreich-Tourismus deutlich interessanter sein als die derzeit laufenden Spiele im fernen China.

"Winziger Effekt unter vielen anderen"

Auch Oliver Fritz vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) kann "keine nennenswerten touristischen Auswirkungen" sportlicher Brillanz heimischer Athleten in Peking erkennen. "Olympia-Gold von Mayer, Karl und Co ist vermutlich ein winziger Effekt unter vielen anderen, die beim Urlaubsentscheid im Hinterkopf eine Rolle spielen", sagt der Tourismusexperte.

Auf dem Snowboard zur Goldenen: Benjamin Karl.
Foto: afp

Solange die Grenzen geschlossen sind und Chinesen pandemiebedingt nicht reisen dürfen, sei es ohnehin müßig, über ein mögliches Abfärben von Olympiagold zu spekulieren, meint WU-Professor Scharitzer. Möglicherweise gebe es Sekundäreffekte des Medaillengewinns, wenn eine Wirtschaftsdelegation oder wer anderes im ÖOC-Tross mit dabei sei. Scharitzer: "Eine sportliche Kausalität sehe ich nicht."

Interesse für Wintersport geweckt

In China sei das Interesse für Wintersport jedenfalls stark gestiegen, die Spiele werden im chinesischen Staatsfernsehen rund um die Uhr übertragen. Auch Social-Media-Kanäle und lokale Medien seien voll damit. "Die Siege heimischer Sportler verkörpern unsere Winterkompetenz. Die Österreich-Werbung nutzt das auch," sagt Emanuel Lehner, Leiter der Region Asien der ÖW mit Sitz in Peking. 300 Millionen Wintersportler bis zu den Spielen, lautete die Losung der kommunistischen Partei. Das Ziel sei sogar übertroffen worden, hieß es vor kurzem.

Auch wenn sich die Zahlen schwer überprüfen lassen – die Lust, sich ins Ausland aufzumachen, sei insbesondere unter gutsituierten Chinesen groß. Lehner: "Die Frage ist nur, wann die Grenzen wieder aufgehen." Bis zum Parteitag im Herbst, an dem Präsident Xi Jiping erneut an der Staatsspitze bestätigt werden soll, werde sich wohl kaum etwas ändern. Danach aber gehe man davon aus, an die Zahlen von 2019 anschließen zu können.

1,5 Millionen chinesische Nächtigungen

Im letzten Jahr vor Corona wurden knapp 1,5 Millionen Nächtigungen chinesischer Gäste in Österreich gezählt. Lange Zeit stagnierten die Zahlen bei 240.000 bis 250.000, ab 2011 gab es dann starke Zuwächse. Mit 1,5 Millionen Nächtigungen lag China 2019 dennoch weit hinter der kleinen Schweiz mit 4,3 Millionen Nächtigungen in Österreich zurück. (Günther Strobl, 9.2.2022)