Die Mieten sorgen aktuell für Aufregung – wie schon vor einem Jahr.

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Es sei gar keine Mieterhöhung, sondern bloß "eine Inflationsanpassung", die bevorstehe – das schrieb der Präsident des Haus- und Grundbesitzerbunds (ÖHGB), Martin Prunbauer, am Dienstag mutmaßlich erbost in einer Aussendung. Stunden zuvor waren Arbeiterkammer (AK) und Mietervereinigung (MVÖ) vor die Presse getreten, um auch für heuer zu fordern, was vor einem Jahr gemacht wurde: die Anhebung der Mietrichtwerte und der Kategoriebeträge auszusetzen. Die Richtwerte sind die Basis für die Berechnung der Altbaumieten.

Erhöhung um fast sechs Prozent

Ohne politischen Eingriff würden die Richtwerte im April um 5,85 Prozent steigen, rechnete Thomas Ritt, AK-Abteilungsleiter für Wohnen, vor. Die Kategoriebeträge, die harte Währung für zwischen 1982 und 1994 abgeschlossene Mietverträge, müssten um 5,47 Prozent angehoben werden – dies trotz anhaltender pandemiebedingter Unsicherheiten auf der einen und "satten Einnahmen der Immobranche" auf der anderen Seite: "2008 lagen die Hauptmietzinseinnahmen bei 1,9 Milliarden, 2020 schon bei knapp vier Milliarden", sagte Ritt, auf eine Mikrozensus-Erhebung der Statistik Austria verweisend.

140 Millionen Euro würden auf einen Schlag dazukommen, sagte MVÖ-Vorsitzende Elke Hanel-Torsch, verteilt auf rund eine Million Mieterinnen und Mieter. "Das sorgt in einer 80-Quadratmeter-Wohnung in Wien für Mehrkosten von 360 Euro im Jahr." In Oberösterreich wären es wegen des höheren Richtwerts sogar 390 Euro, in Vorarlberg 550 Euro.

Justizministerium prüft

Doch auch die Wiener Gemeindebauten werden zum Wiener Richtwert vermietet. Sollte nicht auch die rot-pinke Stadtregierung etwas unternehmen? Hier wiegelte Hanel-Torsch ab: Wien verrechne ohnehin den reinen Richtwert ohne Zuschläge (bis 2012 gab es aber sogar einen Abschlag auf den Richtwert), und zudem werde bei den Gemeindewohnungen oft kritisiert, dass sie "zu günstig" vermietet würden.

Adressat ist also die Bundesregierung. Das Justizministerium prüft laut einer Sprecherin, ob bzw. wie eine neuerliche Aussetzung überhaupt möglich wäre. Das im Vorjahr beschlossene "Mietzinsrechtliche Pandemiefolgenlinderungsgesetz" schreibt eigentlich vor, dass die Anhebung heuer nachgeholt wird.

"Brauchen jeden Euro"

Hausbesitzer-Präsident Prunbauer mahnt Rechtssicherheit sowie "Respekt vor dem Eigentum" ein. Im Zuge des Klimawandels brauche man zudem "jeden Investitions-Euro" für die Häuser. Und auch die Stadt Wien habe im Vorjahr "keine Veranlassung gesehen, auf die ebenfalls durch Gesetz vorgesehene Inflationsanpassung bei Abfall, Wasser und Kanal zu verzichten."

SPÖ und FPÖ fordern ebenfalls den Stopp der Richtwertanhebung, und dass der geplante Wohnrechts-Reformdialog endlich startet. Dieser werde kommen, bekräftigt Grünen-Bautensprecherin Nina Tomaselli. Zuvor stehe aber ein zweiter Teil der Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) auf dem Plan.

ÖVP winkt ab

Was die Richtwertanhebung betrifft, wäre ein zweimaliges Aussetzen hintereinander "ein Novum", sagt Tomaselli dem STANDARD. "Doch wenn es grundsätzlich möglich ist, wird sich der grüne Teil der Regierung jedenfalls dafür einsetzen." Ihr VP-Pendant Johann Singer sieht das anders: Teuerungs- und Energiekostenausgleich würden ohnehin auch Mieter entlasten. (Martin Putschögl, 8.2.2022)