Noch sollte man die Maske nicht wegwerfen. Auf dem Weg zur Endemie gibt es einige Unklarheiten und Fallstricke.

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Gegen die Impfpflicht und das "Corona-Diktat" richteten sich in Neusiedl am See Beschmierungen und Zettel an den Eingangstüren lokaler Geschäfte, wie die Landespolizei bestätigte. Die Debatte darüber, ob die Impfpflicht, so wie sie ab Mitte März gedacht ist – also ab dem Zeitpunkt, wo auch gestraft wird –, hält, ist mittlerweile auch politisch in vollem Gange.

Nun hat sie auch Salzburgs schwarzer Landeshauptmann Wilfried Haslauer erneut entfacht: Er stellt infrage, ob sie momentan noch dazu geeignet ist, die Intensivstationen zu entlasten – denn diese seien momentan nicht derart in Gefahr. Und wie es weitergehe, wisse schließlich niemand, sagte er sinngemäß. "Man kann nicht mit einem ungewissen Ereignis die Notwendigkeit einer Impfpflicht argumentieren", sagt er. Auch Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil (SPÖ) äußerte erneut Kritik, wie der ORF berichtet. Der Bund habe sich mit dem Impfpflichtgesetz in eine Sackgasse manövriert und agiere in der Umsetzung planlos, erklärte Doskozil.

Uneins über Impfpflicht

Unter Juristinnen und Juristen ist man dazu geteilter Meinung, so sagt etwa der Verfassungsjurist Benjamin Kneihs, die Impfpflicht sei sehr wohl auch als vorbeugende Maßnahme möglich, immerhin gehe es darum, kommende Wellen zu verhindern. Anders sieht das die Medizinjuristin Maria Kletečka-Pulker: Man müsse Mitte März, bevor Strafen verhängt werden, noch einmal prüfen, ob die Impfpflicht momentan gerechtfertigt sei, und gegebenenfalls doch nicht strafen.

Für diese Prüfung ist im Impfpflichtgesetz eine Kommission vorgesehen, die auch aus Juristen, Juristinnen, Medizinern und Medizinerinnen bestehen muss. Sie muss alle drei Monate prüfen, ob es die Impfpflicht tatsächlich braucht. Nur: Wann sie das erste Mal zusammentritt und wer Teil dieser Kommission sein soll, ist noch unklar. Der Gesundheitsminister kündigte an, das in den nächsten Wochen zu klären.

Geklärt muss bis Ende März auch werden, wie es mit den Gratistests weitergeht. Denn dann läuft die Finanzierung des Bundes geplantermaßen aus. Das Wiener Labor Lifebrain, das in der Bundeshauptstadt die PCR-Tests von "Alles gurgelt" auswertet, hat jedenfalls schon einen Plan für das Ende der Massentests: Nach der Covid-Pandemie wird das Labor auf genetische Untersuchungen umsatteln, berichtete der Kurier. Sollten die Gurgeltests nicht mehr gebraucht werden, kann die Stadt den Vertrag mit Lifebrain innerhalb von sechs Wochen kündigen. Lifebrain beschäftigt derzeit rund 1.700 Personen.

38.300 Neuinfektionen

Flächendeckend getestet wird während der Sicherheitsphase in den Schulen bis Ende Februar. Beim ersten Durchlauf waren diese Woche 4.560 PCR-Tests positiv – ohne Niederösterreich und Wien, wo Semesterferien sind.

Die Schultests schlagen sich am Mittwoch zudem in den Infektionszahlen nieder. 38.309 Neuinfektionen wurden gemeldet. In den Spitälern wurden mehr als 2.000 Menschen aufgrund einer Covid-Infektion behandelt. Davon wurden 185 auf der Intensivstation versorgt – um neun weniger als am Vortag.

Das Covid-Prognosekonsortium geht in seiner aktuellen Berechnung davon aus, dass der "Anstieg des Normalpflegebelags" sich nun abschwächt. Die Fachleute prognostizieren, dass in der Omikron-Welle eine "vorübergehende Plateauphase" erreicht wurde, die Fallzahlen weder fallen noch steigen. Ein Anstieg durch den leichter übertragbaren Omikron-Subtyp BA.2 sei aber "nicht auszuschließen".

Corona wie Grippe behandeln?

Bleibt es bei diesen Omikron-Untervarianten, "dann könnte man in Richtung der klassischen Influenzaüberwachungsstrukturen gehen", heißt es in dem aktuellen Report der gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination Gecko, der die Frage aufwarf: Könnte es sein, dass Corona in nicht allzu ferner Zukunft einfach wie eine Grippe betrachtet wird? Und was bedeutet das überhaupt?

Das Influenzaüberwachungssystem setzt sich aus stichprobenartigen Sequenzanalysen zusammen, dazu seien im Falle von Corona Abwasseruntersuchungen sinnvoll. Kern der Grippeüberwachung ist aber das Sentinel-System, in das einerseits Schätzungen, andererseits Versicherungsdaten einfließen. Getestet würden dann nur noch symptomatische Personen – bei größeren Clustern und in bestimmten Einrichtungen, etwa Pflegeheimen, könne man zusätzlich genauer überwachen.

Dafür, wie mit Erkrankten umgegangen würde, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Seit dem Frühling 2020 ist Corona im Epidemiegesetz als anzeigepflichtige Erkrankung festgeschrieben, damit einhergehen etwa Contact-Tracing, Absonderung, Quarantäne. Denkbar wäre, sagt Kletečka-Pulker, dass man eine Corona-Infektion zwar anzeigepflichtig belässt, aber keine anderen Rechtsfolgen mehr eintreten. So hätte man, ähnlich wie bei der Grippe, noch eine gewisse Überwachung, aber keine grundsätzliche Quarantänepflicht mehr. (Oona Kroisleitner, Gabriele Scherndl, 9.2.2022)