Ein Screenshot der Homepage des Quartiers im niederösterreichischen Bezirk Krems-Land.

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Aggsbach-Markt – Eine Beherbergungsstätte in der Wachau sorgt für breite Empörung. Denn die Billigunterkunft wirbt nicht etwa mit einem schönen Ausblick und günstigen Preisen, sondern mit ihrer eindringlichen Hausordnung. Auf der Website des "Arbeiter-Monteur-Quartiers" in Aggsbach-Markt findet man neben Bildern von einfach gehaltenen Wohnräumlichkeiten auch eine klare homophobe Positionierung des Gastgebers. Unter "Warum wir ein Anti-Homo-Haus sind" lässt sich nachlesen, dass homosexuelle Gäste unerwünscht sind.

Von Gemeindeliste gestrichen

"Homosexualität, Pädophilie und Gender-Ideologie" werden als "Philosophien" bezeichnet, die in der Unterkunft keinen Platz fänden. Grund dafür seien gesundheitliche Bedenken – denn mit Aids und Syphilis wolle man nichts zu tun haben, heißt es. Der Bürgermeister von Aggsbach-Markt, Josef Kremser (ÖVP), zeigte sich schockiert über derartige Aussagen. Er ließ die Unterkunft auf der Homepage der Gemeinde bereits von der Liste der Beherbergungsunternehmen löschen.

Fehlender Diskriminierungsschutz

Viel mehr kann er gegen die diskriminierende Hausordnung derzeit nicht tun – denn Homosexuelle unterstehen in Österreich immer noch keinem vollkommenen Diskriminierungsschutz. Während Ungleichbehandlung aufgrund von sexueller Orientierung in Beschäftigung und Beruf per Gesetz verboten ist, ist sie bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen weiterhin nicht rechtlich relevant. Darunter fällt auch das Vermieten von Wohnungsflächen.

Forderungen nach einem Levelling-up

Aus diesem Grund wird von verschiedenen Seiten seit Jahren eine Ausweitung des Diskriminierungsschutzes auf alle Lebensbereiche gefordert – das sogenannte Levelling-up. So etwa die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW), die diese Schutzlücke im Gleichbehandlungsgesetz seit Jahren kritisiert. "Es ist aus unserer Sicht unverständlich, dass das Gleichberechtigungsgesetz anders als alle Landesantidiskriminierungsgesetze keinen umfassenden Schutz beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen vorsieht. Da die aktuelle Causa in den Kompetenzbereich des Bundes und somit ins Gleichberechtigungsgesetz fällt, sind Betroffene nicht geschützt", kritisiert Sandra Konstatzky, die Leiterin der GAW. Österreich sei aktuell einer jener Staaten, der im europäischen Vergleich am wenigsten Schutz für Homosexuelle außerhalb der Arbeitswelt biete.

20.000 Unterschriften

Auch für die zivilgesellschaftliche Kampagnenorganisation #Aufstehn ist dieser Umstand untragbar. "Dass man 2022 mit so was in Österreich ungeschoren davonkommt, ist eigentlich Wahnsinn", so Philine Dressler von #Aufstehn. Der Appell der Organisation an Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne), den Diskriminierungsschutz aufgrund sexueller Orientierung auf alle Lebensbereiche auszuweiten, wurde bereits von 20.000 Menschen unterschrieben.

Schadenersatz nur mit neuem Gesetz

Würde ein Levelling-up gelten, könnten auch Dienstleistungsanbieter oder Vermieter für die Benachteiligung von Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung mit Schadenersatzzahlungen belangt werden. Bisher lässt die Gesetzesänderung aber auf sich warten. So wurde das Levelling-up entgegen den Hoffnungen der queeren Community auch nicht im Regierungsprogramm der türkis-grünen Regierung verankert. Bis sich das ändert, wird es weiterhin möglich sein, homosexuelle Paare beispielsweise aus einem Lokal zu verweisen – oder Beherbergungsstätten zu betreiben, die gewisse Personengruppen ausschließen. (Sarah Maria Kirchmayer, 10.2.2022)