Der Presserat rügt heute.at für einen Artikel, in dem detailliert geschildert wird, wie einer Frau von drei Männern sexuelle Gewalt angetan wurde.

Foto: Robert Newald

Wien – Der Presserat rügt heute.at für einen Artikel, in dem detailliert geschildert wird, wie einer Frau von drei Männern sexuelle Gewalt angetan wurde. Der Beitrag "Party endete für XXX fast tödlich" (sic!) erschien Ende Mai auf der Nachrichtenplattform der Gratiszeitung "Heute" und verletzte die Punkte 5 (Persönlichkeitsschutz) und 6 (Intimsphäre) des Ehrenkodex für die österreichische Presse, teilte das Selbstkontrollorgan in einer Aussendung mit.

In dem Artikel wird das Alter, der Beruf und eines der Hobbies der Frau genannt, die trotz schwerer Verletzungen von drei Männern sexuell missbraucht und somit fast getötet worden sein soll. Auch wird erläutert, wie es zur Festnahme der Tatverdächtigen kam und dass diese seit Monaten in Untersuchungshaft sitzen und wegen sexuellen Missbrauchs, Körperverletzung und versuchten Mordes vor Gericht stehen würden.

Berichterstattung soll warnen

Eine Leserin wandte sich an den Presserat und kritisierte, dass die Tat auf eine unglaublich grausame Art und Weise beschrieben werde. Die Medieninhaberin nahm an einem daraufhin vom Senat 1 eingeleiteten Verfahren teil. In einer Stellungnahme wurde festgehalten, dass der Name des Opfers bewusst unerwähnt blieb und somit kein Verstoß gegen den Persönlichkeitsschutz vorliege. Die Berichterstattung solle über derart brutale Vorfälle warnen.

Der Presserat hielt fest, dass Medien beim Thema "Gewalt gegenüber Frauen" einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Bewusstseinsbildung leisten. Allerdings müsse der Persönlichkeitsschutz der Opfer und derer Angehörigen beachtet werden – was im vorliegenden Fall nicht geschah. Denn nach Ansicht des Senats ist die betroffene Frau zumindest für einen beschränkten Personenkreis identifizierbar. Die veröffentlichten Details könnten dazu beitragen, das Leid des Opfers und seiner Angehörigen zu vergrößern. Keine Rolle spiele, dass die Details in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft angeführt wurden, da die Gerichtsöffentlichkeit nicht mit der Medienöffentlichkeit gleichzusetzen sei.

Heute.at sei seiner Filterfunktion nicht gerecht worden. Die geschilderten Gewalttaten hätten mit mehr Zurückhaltung und Sensibilität berichtet werden können, so der Presserat. Die Medieninhaberin wird aufgefordert, freiwillig über den Ethikverstoß zu berichten. "Heute" kennt die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats an. Der Artikel ist nach wie vor unverändert abrufbar. Das Selbstkontrollorgan empfiehlt eine Anpassung. (APA, 11.2.2022)