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Bankfilialen als finanzielle Nahversorger werden weniger, womit Österreich dem internationalen Trend folgt. Zudem könnte in der Branche auch der Personalabbau wieder an Fahrt gewinnen.

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Im Laufe dieses Jahrzehnts werden sich Österreichs Bankkunden an einige Umstellungen gewöhnen müssen. Bereits vor der Corona-Krise wurden in der Branche regelmäßig Filialen abgebaut, nun hat die Pandemie zudem auch noch zu einem Digitalisierungsschub geführt. Die Folge: Die Kreditinstitute setzen den Trend zu Filialschließungen nun weiter fort. Zuletzt hat die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich mit der Ankündigung aufhorchen lassen, bis zu 60 der derzeit etwa 400 Raiffeisen-Filialen dichtzumachen.

"Die Barbehebungen am Schalter sind im Durchschnitt um mehr als 50 Prozent zurückgegangen, an manchen Standorten wesentlich stärker", begründet Bankchef Heinrich Schaller gegenüber den Oberösterreichischen Nachrichten diesen Schritt. "Außerdem bedienen sich die Kunden digitaler Möglichkeiten. 94 Prozent aller Transaktionen werden von den Kunden digital erledigt." Die Kundschaft sei zufrieden damit, daran müssten sich die Banken anpassen.

Dabei handelt es sich keineswegs um einen Einzelfall. "In Österreich sind zuletzt etwa vier Prozent der Filialen pro Jahr weggefallen", sagt Achim Kaucic, Bankexperte und Partner der Beratungsgesellschaft Bosten Consulting. "Wir gehen davon aus, dass sich das noch weiter beschleunigen wird." Wo das hinführt? "Wenn man weiter in die Zukunft blickt, dann schaut es danach aus, dass bis 2030 etwa 60 Prozent der Filialen wegfallen werden", erklärt Kaucic.

Weniger als 1400 Filialen

Ende des dritten Quartals 2021 gab es laut der Oesterreichischen Nationalbank insgesamt 3464 Zweigstellen von Kreditinstituten, im Jahr 2015 waren noch mehr als 4000. Dabei wurde die Anzahl zuletzt sogar durch den Markteintritt der Post-Tochter Bank 99, die betont, künftig keine Filialen schließen zu wollen, deutlich erhöht. Gemäß der Prognose von Bankexperte Kaucic würde sich die Zahl der Bankfilialen bis Ende des Jahrzehnts auf weniger als 1400 verringern.

"Natürlich stehen wir dem sehr skeptisch gegenüber", sagt Verbraucherschützer Bernd Lausecker vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). Es gebe zwar einen Digitalisierungsschub, aber es dürfe vor allem im ländlichen Raum nicht dazu führen, dass eine große Anzahl von Menschen nur noch schwer zu einer Bankfiliale komme – zumal Onlinebanking keine umfassende Lösung sei. "Es gibt Menschen, die es nicht können oder wollen", betont Lausecker.

Die von Bankchef Schaller in Aussicht gestellten Taxigutscheine als Lösung für wenig mobile Menschen kann er nichts abgewinnen. "Das ist ein netter Schmäh", sagt Lausecker. Er befürchtet, dass dies nach kurzer Zeit "mangels Nachfrage" wieder beendet werden könnte. Auch Berater Kaucic ist skeptisch: "Insgesamt wird sich das kaum rechnen", sagt er. An einem durchschnittlichen Kunden verdiene eine Bank jährlich nur etwa 200 bis 300 Euro.

Kooperation als Lösung

Auch Bankbussen, die in strukturschwachen Regionen Filialen ersetzen, kann Kaucic nicht viel abgewinnen: "Solche Modelle gibt es schon lange, wir sehen aber keine große Verbreitung." Vielmehr sieht er in Kooperationen mit lokalen Geschäften wie Trafiken, Lebensmittelhändlern oder womöglich auch Apotheken die bessere Lösung, da auch diese von einer höheren Kundenfrequenz profitieren würden.

Veränderungen könnten auch bei den Geldautomaten anstehen. "Die Banken werden sich bei Bankomaten neu aufstellen müssen", sagt Kaucic. Diese sollten die Geräte gemeinsam betreiben und sich die Kosten teilen. Denn ein Bankomat mache eine Filiale wegen der Sicherheitsanforderungen teuer. Ergänzend könne es günstige Beratungsfilialen ohne Geldverkehr geben.

Größere Bankfilialen

Für höherwertige Dienstleistungen stünden die verbliebenen größeren Bankfilialen zur Verfügung, in denen spezialisierte Mitarbeiter Beratungen anbieten. Alternativ dazu könne man diese auch per Videokonferenz abhalten, dafür ist Kaucic zufolge jedoch nur jeder dritte Kunde empfänglich.

Teuer mache Filialen weniger die Miete als das Personal. Die gestiegene Inflation werde auch zu massiven Lohnerhöhungen führen, weshalb Kaucic einen Mitarbeiterabbau erwartet. Davon betroffen sollten vor allem die Bereiche Service und Transaktionen sein, während die Kundenberatung ausgebaut werde. (Alexander Hahn, 13.2.2022)