Bundeskanzler Karl Nehammer während einer Pressekonferenz der Bundesregierung zum Thema Corona-Maßnahmen.

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Wien – Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) schließt das Aussetzen der Impfpflicht nicht aus, nachdem immer mehr Politiker und Experten in diese Richtung drängen. Wenn sich die von der Regierung beauftragten Experten dafür aussprechen, das Gesetz auszusetzen, werde man das machen, erklärt Nehammer in der "Krone" am Sonntag. Er sagt zudem endgültig die Impflotterie ab und schlägt vor, das dafür vorgesehene Geld jenen Menschen zukommen lassen, die in der Pandemie viel geleistet haben.

Konkret nennt er das Gesundheits-und Pflegepersonal, aber auch die Bundesheersoldaten und die Polizei. Er sei diesbezüglich in Gesprächen mit dem Koalitionspartner. "Die Impflotterie war ein Wunsch der Sozialdemokratie. Sie wollte diesen persönlichen Motivationsbonus, und sie wollte, dass der ORF das abwickelt. Für mich war es selbstverständlich, auf den Wunsch einzugehen. Aber so, wie sich die Sozialdemokraten das vorgestellt haben, ist sie nicht durchführbar. Das ist schade, aber kein Beinbruch", so Nehammer.

SPÖ: Nehammers Aussagen "falsch"

Dieser Darstellung widerspricht die SPÖ vehement. In einer Aussendung am Sonntag wirft sie Nehammer vor, "falsche" Aussagen zu verbreiten. Nachweislich habe die SPÖ bereits im Herbst vorgeschlagen, Impfprämien für alle Geimpften umzusetzen. Dies habe man in die Verhandlungen eingebracht, die Regierungsparteien hätten allerdings abgelehnt. Als "Kompromisslösung" sei die Impflotterie entstanden, auf die sich alle Vertreter inklusive Kanzleramt und Finanzministerium geeinigt hätten, sagt Joachim Preiss, Klubdirektor im SPÖ-Parlamentsklub.

Der Vorschlag, die Impflotterie über den ORF abzuwickeln, sei von der Regierung als "Gegenvorschlag" gekommen, nicht von der SPÖ. Die Sozialdemokraten wollten die Abwicklung über Elga und die Apotheken. Der SPÖ habe man mitgeteilt, dass dieses Vorhaben mit dem ORF bereits abgesprochen sei. Die SPÖ-Fraktion habe "aus Verantwortungsbewusstsein" und "im Sinne einer raschen Steigerung der Impfquote" dem Gesetz zugestimmt.

Von Experten abhängig

Zur Impfpflicht betont der Kanzler, dass das Gesetz ohnehin ständig evaluiert werde, "genau das fordern jetzt die Landeshauptleute". Solange die Experten der Kommission sagen: "'Ja, das Impfen ist das probate Mittel', bleibt die Impfpflicht natürlich aufrecht", so der Kanzler. Wenn aber die Experten der Regierung vorschlagen, das Gesetz abzusagen, werde man das tun.

Die von ihm erwähnte Kommission, die im Bundeskanzler angesiedelt sein soll, wurde bisher allerdings noch nicht ernannt. Am Mittwoch finden Beratungen zwischen der Bundesregierung und den Ländern zur Corona statt. Da wird die Impfpflicht sicher auch Thema sein.

Ende der Gratis-Corona-Tests

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) sprach sich in der ORF-Pressestunde am Sonntag für ein Ende der Gratis-Corona-Tests aus und rückte ebenfalls von der Impfpflicht ab. Es sei wichtig, dieses Instrument zu haben, aber "man muss nicht stur sein". Das Gesetz habe drei Stufen und wenn sich das Virus ändert, müssten die Entscheidungen der Politik auch flexibel sein.

Diskutieren will Schramböck ein Ende der Gratis-Corona-Tests. Es gebe eine Gratis-Impfung für alle und "man wird der Mehrheit auf Dauer nicht erklären können, warum sie die Tests für die Minderheit zahlen soll". In Hinblick auf die Beratungen am Mittwoch plädierte die Ministerin für ein Überdenken der unübersichtlichen 2G-Regeln. Sie ist dafür, nur mehr auf die Maskenpflicht zu setzen.

Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer betont in einem Kommentar in der "Kleinen Zeitung", dass "wir unsere Entscheidungen weiterhin auf Basis wissenschaftlicher Evidenz treffen und langfristig planen". Ein zentraler Kontrollmechanismus sei im Gesetz verankert: "Es wird laufend evaluiert, ob die Impfpflicht noch notwendig und verhältnismäßig ist – aufgrund der jeweils aktuellen Situation und mit Blick auf die kommenden Wochen und Monate. Dafür wird eine Kommission aus medizinischen und juristischen Expertinnen und Experten eingesetzt, die in den nächsten Tagen ihre Arbeit aufnehmen wird." (APA, 13.2.2022)