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Die Lage im Osten der Ukraine ist weiterhin sehr angespannt.

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Der britische Premier Boris Johnson intensiviert seine Bemühungen im Ukraine-Konflikt.

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London – Die ukrainische Regierung hat von Russland unter Berufung auf eine Vereinbarung in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Transparenz über dessen Truppenbewegungen gefordert. Moskau müsse "seinen Verpflichtungen zur militärischen Transparenz nachkommen, um Spannungen abzubauen", erklärte Außenminister Dmytro Kuleba am Sonntagabend. Deshalb berufe die Ukraine "innerhalb von 48 Stunden ein Treffen mit Russland und allen Mitgliedsstaaten ein".

100.000 russische Soldaten

Die Regierung in Moskau habe eine Anfrage Kiews unter Berufung auf das Wiener Dokument der OSZE ignoriert, erklärte Kuleba weiter. Der Text soll den Informationsaustausch über die Aktivitäten der Streitkräfte der 57 Mitgliedsländer der Organisation fördern. "Jetzt gehen wir zum nächsten Schritt über", kündigte Kuleba an. Es gehe darum, "die Verstärkung und Verlegung russischer Truppen entlang unserer Grenze und auf der besetzten Krim zu besprechen".

Ein Sprecher des turnusmäßigen OSZE-Vorsitzes, den derzeit Polen innehat, gab auf Twitter bekannt, dass die von Kiew geforderte Dringlichkeitssitzung am Dienstag in Wien stattfinden werde. Ob Russland teilnehmen wird, ließ er offen. Wie die Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf den russischen Diplomaten Konstantin Gawrilow berichtete, blieb Russland zumindest einer OSZE-Sitzung am Montag fern, die von den baltischen Staaten beantragt wurde. Dabei geht es mit Blick auf russisch-belarussische Manöver um "ungewöhnliche militärische Aktivität" in Belarus.

Moskau hat nach westlichen Angaben in den vergangenen Monaten mehr als 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Die US-Regierung hat wiederholt gewarnt, Russland könnte das Nachbarland "jederzeit" angreifen. Russland bestreitet jegliche Angriffspläne und führt an, sich von der Nato bedroht zu fühlen.

Zuletzt hatten die Spannungen weiter zugenommen. Zahlreiche westliche Staaten riefen ihre Staatsbürger auf, die Ukraine zu verlassen. Am Montag kam etwa Griechenland dazu. Österreich hat bisher keine offizielle Reisewarnung erlassen, rät aber von nicht notwendigen Reisen in die Ukraine ab.

Ukraine plant weiterhin Nato-Beitritt

Unterdessen stellte die ukrainische Regierung klar, weiterhin am Nato-Beitritt festzuhalten. Zuvor hatte der ukrainische Botschafter in Großbritannien, Vadym Prystajko, laut einem Bericht der BBC signalisiert, die Ukraine könnte auf die von ihr angestrebte Nato-Mitgliedschaft verzichten, um einen Krieg mit Russland zu vermeiden. Die Ukraine werde den von ihr anvisierten Nato-Beitritt nicht überdenken.

Moskau lehnt eine Osterweiterung der Nato entschieden ab und fordert vom Westen Sicherheitsgarantien, dass die Ukraine nicht beitreten wird. Die Nato lehnt dies ab. Der Kreml ließ am Montag wissen, dass ein Verzicht der Ukraine auf die Nato-Ambitionen "entscheidend helfen" würde, die Sorgen Russlands in puncto seiner eigenen Sicherheit zu entschärfen, so Putin-Sprecher Dmitri Peskow.

Putin fragte am Montag seinen Außenminister Sergej Lawrow, ob er in den Verhandlungen mit dem Westen überhaupt noch eine Chance sehe. "Es gibt immer eine Chance", antwortete Lawrow. Allerdings dürften sich die Gespräche nicht endlos hinziehen. Nach Darstellung Lawrows hat Russland nun auch eine zehnseitige Antwort an die Nato und die USA formuliert, nachdem beide Seiten bereits vorher Schriftstücke ausgetauscht hatten.

Johnson: "Zeitfenster für Deeskalation und Diplomatie"

Der britische Premierminister Boris Johnson sieht noch eine Chance für eine diplomatische Lösung im Ukraine-Konflikt. "Es gibt noch ein Zeitfenster für Deeskalation und Diplomatie", erklärte ein Sprecher des Regierungschefs am Sonntagabend in London. Großbritannien würde nach Regierungsangaben jede Entscheidung der Ukraine bezüglich eines Nato-Beitritts unterstützen. "Wenn die Ukraine entscheidet, dass sie anbietet, kein Nato-Mitglied zu werden, unterstützen wir das", sagte der Unterhausabgeordnete und Verteidigungsexperte James Heappey dem Sender Sky. "Das müssen die Ukrainer entscheiden." Das gelte auch dafür, dass die Ukraine bei ihrer Position bleibe und Nato-Mitglied werden wolle. Moskau verlangt Garantien, dass die Ukraine nicht Mitglied wird.

Einen Tag nach seinem Telefonat mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin sprach US-Präsident Joe Biden am Sonntagabend auch mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj. Der ukrainische Präsident lud Biden zu einem baldigen Besuch in der Ukraine ein, teilte Selenskyjs Büro im Anschluss mit. "Ich bin überzeugt, dass Ihre Ankunft in Kiew in den kommenden Tagen, die für die Stabilisierung der Lage entscheidend sind, ein starkes Signal sein und zur Deeskalation beitragen wird", zitierte das Präsidialamt Selenskyjs Worte an Biden. Der Sender CNN zitierte einen ungenannten ukrainischen Beamten mit den Worten, Biden habe nicht positiv auf die Idee reagiert. Das Weiße Haus lehnte eine Stellungnahme zu der Einladung ab.

G7 wollen bei Angriff Sanktionen verhängen

Auf eine gemeinsame Position haben sich am Montag die Finanzminister der G7-Staaten geeinigt. Im Falle eines russischen Angriffs auf die Ukraine drohen die führenden Industrienationen mit umfangreichen Sanktionen. Die Unterzeichner kündigten eine schnelle, abgestimmte und kraftvolle Antwort an, die sowohl wirtschaftliche als auch finanzielle Sanktionen gegen Russland beinhalte.

Aus Sorge über die Sicherheitslage fliegt neben der niederländischen Airline KLM auch Norwegian bis auf weiteres nicht über den ukrainischen Luftraum. Die AUA ändert genauso wie der Mutterkonzern Lufthansa vorerst nichts an ihrem Flugplan. Man beobachte jedenfalls die Lage genau, hieß es in einer Stellungnahme.

Anders als die USA und andere Staaten plant Österreich zudem keinen Abzug seiner OSZE-Beobachter aus der Ostukraine. "So wie auch das österreichische Botschafterpersonal in Kiew die Stellung halten wird, wird Österreich auch weiterhin die Sonderbeobachtungsmission (SMM) personell unterstützen", teilte das Außenministerium mit. Von den derzeit zwölf österreichischen Mitgliedern der SMM befänden sich vier in den Separatistengebieten von Donezk und Luhansk. (APA, red, 14.2.2022)