Nach Hofer, Wien Energie, Tchibo und einigen anderen Unternehmen bietet nun auch die Raiffeisenbank Handytarife an.

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Sportklubs, Supermärkte, Energieanbieter – eine ganze Reihe von Unternehmen, die man nicht unbedingt mit Telekommunikation in Verbindung bringen würde, pflegt mittlerweile eine eigene Mobilfunkmarke. Mit Raiffeisen Mobil gesellt sich nun eine weitere dazu.

Österreichs größtes Bankhaus versteht das Angebot mit seinen drei Tarifen als "Treueangebot", das sich ausschließlich an bestehende Kunden richtet. Inkludiert ist jeweils ein 1.000-Einheiten-Kontingent für SMS und Telefonieminuten. Den Unterschied macht das verfügbare Datenvolumen. Für knapp fünf Euro sind es 5.000 MB, für zehn Euro sind es 15.000 MB, und für 15 Euro erhält man 25.000 MB, die man mit einer maximalen Bandbreite von 100 Megabit pro Sekunde verbrauchen kann. Ein Teil davon kann gemäß Roaming-Richtlinie auch im EU-Ausland versurft werden. Genutzt wird das Netz von Magenta.

Konto, Sparbuch, SIM-Karte

Das sind durchaus konkurrenzfähige Preise. Dazu verspricht die Bank volle Flexibilität und Kostentransparenz. Es gibt keine Zusatzgebühren, keine Preisanpassungen nach oben, und ein Wechsel ist monatlich möglich. Wer länger dabeibleibt, dem erlässt man für jeden zwölften Monat die Gebühr. Flankiert wird das Paket von einem, wie man verspricht, umfangreichen Self-Service-Portal, das via Webbrowser und App genutzt werden kann. Ende Februar soll eine großangelegte Werbekampagne anlaufen, die sich speziell an jugendliches Publikum richten wird.

Die drei Starttarife von Raiffeisen Mobil.
Foto: Raiffeisen

Es sei der "logische nächste Schritt", hält man auf der Vorstellungs-Pressekonferenz fest. "Das Handy ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken", sagt Petra Walter, Geschäftsführerin der zentralen Raiffeisenwerbung. Die Mehrheit der Zugriffe auf das E-Banking-System des Unternehmens kommen mittlerweile von Smartphones.

Marketing-Synergien und Treue

So weit, so gut. Aber warum steigt nun auch eine Bank ins Telekomgeschäft ein? Erklären kann das Michael Krammer, Chef des virtuellen Mobilfunkanbieters (MVNO) Ventocom, gegenüber dem STANDARD. Er wickelt für Raiffeisen die technische Seite und den Support des Angebots ab.

Seiner Ansicht nach sind große Marken, die bestimmte Kriterien erfüllen, prädestiniert dafür, ihren Kunden auch Mobilfunkangebote zu unterbreiten. Es müsse eine relevante Kundenzahl vorhanden sein und ein leistungsfähiger Vertrieb – offline oder online – existieren. Dazu ist auch eine gut gefüllte Marketingkasse eine der Voraussetzungen, die Ventocom potenziellen Kunden abverlangt und bei der Raiffeisen als gegeben sieht.

Weil die Handytarife hier zu einem Teil des Ganzen werden, ergeben sich im Marketing große Synergieeffekte. Die Integration in bestehende Werbemittel und die Vermarktung gemeinsam mit anderen Produkten sorgt dafür, dass nur geringer Zusatzaufwand erforderlich ist.

Gleichzeitig schafft man einen Belohnungsmechanismus für Kunden und stärkt ihre Bindung an das Unternehmen. "Je mehr Produkte ein Kunde bei eine Marke hat, desto loyaler wird er", erklärt Krammer. Dazu kommen Komfortvorteile, da man mehr Dienstleistungen aus einer Hand bezieht und diese abrechnet. Ob sich das Anbieten von Mobilfunk rechnet, kommt auf die individuelle Kalkulation des Anbieters an. Man habe sich da "nach außen keine harten Ziele gesetzt", heißt es von Raiffeisen.

"Hot" als Vorreiter der Alternativanbieter

Laut Krammer kann bei einer reinen Marketingkalkulation schon ein Stamm von ein paar Tausend Kunden ausreichend sein, um als rentabel angesehen zu werden. Anders sieht das aber bei Angeboten aus, die sich an die breite Masse richten. So wie etwa die – ebenfalls von Ventocom betriebene – Hofer Telekom, kurz "Hot". Sie kommt auf mittlerweile 1,2 Millionen Kunden und ist damit finanziell längst ein Selbstläufer. Der Break-even war bei rund 100.000 Kunden erreicht.

Ob es auch hier einen Treueeffekt gibt, der Erfolg von Hot also auch klassische Einkäufe beim Diskonter angekurbelt hat, lässt sich nicht eruieren. Allerdings gehen speziell mehr jüngere Männer nun dort einkaufen, seit man das Angebot gestartet und Smartphones ins Sortiment genommen hat.

Keine Erfolgsgarantie

Ein garantierter Erfolg ist das Aufsperren einer Mobilfunkmarke aber nicht. Denn im heiß umkämpften österreichischen Markt streiten sich viele Anbieter um geschätzt eine Million prinzipiell wechselbereite Kunden. Dementsprechend intensiv verläuft die Marketingschlacht. Gerade kleinere Anbieter, die keine besondere Nische gefunden haben, können hier langfristig auf der Strecke bleiben.

Aber auch ein bereits bekannter Name ist nur die halbe Miete. So versuchte es etwa der Elektro-Handelsriese Mediamarkt ebenfalls mit Handytarifen für sich und seine mittlerweile assimilierten Schwester Saturn. Zweieinhalb Jahre später musste man mangels Erfolg einen Schlussstrich ziehen. Nicht von großer Dauer war auch das Engagement des Versicherungskonzerns Allianz.

Das Interesse an eigenen Mobilfunkmarken sei aber nach wie vor groß, berichtet Krammer. Viele Interessenten lehnt Ventocom aber schnell ab, da man keine geeignete Perspektive für sie sieht. Für Unternehmen, bei denen man Potenzial erkennt, startet man ein auf drei Monate anberaumtes Evaluierungsprojekt, in dem man unter anderem eine Bestandsaufnahme durchführt und Tarife entwickelt. Am Ende des Prozesses steht ein Businessplan. Entscheidet man sich gemeinsam zur Umsetzung, dauert es ab dann mindestens sechs Monate, ehe der erste Kunde sich beim neuen Anbieter einwählen kann.(gpi, 15.2.22)