Bild nicht mehr verfügbar.

Gerhard Schröder ist nicht der einzige "Russland-Versteher" in der SPD, auch Manuela Schwesig steht Moskau positiv gegenüber.

Foto: Soeren Stache/Pool via Reuters

Gerhard Schröder, immer wieder. Sag, wie hältst du es mit der Russland-Treue des Altkanzlers (1998 bis 2005) – so lautet in diesen Tagen die Gretchenfrage an jeden deutschen SPD-Spitzenpolitiker.

Gerade erst wurde Schröder als Kandidat für den Aufsichtsrat des russischen Staatskonzerns Gazprom nominiert. Selbst Kanzler Olaf Scholz (SPD), der am Dienstag in Moskau zu Besuch ist, ging mittlerweile auf Distanz zu ihm und stellte klar: "Er spricht nicht für die Regierung."

Doch Schröder ist nicht der einzige "Russland-Versteher" in der SPD. So werden jene Genossinnen und Genossen genannt, die Moskau und auch der Gaspipeline Nord Stream 2 sehr positiv gegenüberstehen.

Zu den prominentesten zählt Manuela Schwesig, die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern. "Ich hoffe auf ein zügiges rechtsstaatliches Verfahren, damit die Leitung in Betrieb gehen kann. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir diese Ostseepipeline dringend brauchen", sagte sie unlängst.

Wirtschaftsfaktor Gas

Mecklenburg-Vorpommern ist jenes Bundesland, wo das russische Gas an Land kommen soll. In Lubmin, einem kleinen Ort an der Ostsee, befindet sich die sogenannte Anlandestation von Nord Stream 2. Die Pipeline ist dort noch einmal ein ganz eigener Wirtschaftsfaktor.

Daher hat das Land Mecklenburg-Vorpommern (MV) auch eine Stiftung ins Leben gerufen. Sie trägt den schönen Namen Stiftung Klima- und Umweltschutz MV und hat "gemeinwohlorientierte Aufgaben". Artenschutz hat sie sich zum Ziel gesetzt, sie will auch die Wissenschaft fördern und Austausch ermöglichen. In der Satzung steht aber noch ein anderer Zweck, nämlich dass die Stiftung sich "vorrangig an der Vollendung von Nord Stream 2 beteiligen" werde.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern steuerte 200.000 Euro Stiftungskapital bei, die Nord Stream 2 AG, eine Gazprom-Tochter, 20 Millionen Euro. Schwesig sah sich bald scharfer Kritik ausgesetzt: Sie wolle weniger die Natur schützen, sondern habe es Firmen ermöglichen wollen, Nord Stream 2 fertigzubauen – ohne von US-Sanktionen getroffen zu werden.

Diese nämlich richteten sich gegen private Unternehmen, nicht aber gegen öffentlich-rechtliche Institutionen wie eine Stiftung. "Leider war sehr viel nötig an Mithilfe wegen der Sanktionen der USA", sagte Stiftungschef Erwin Sellering, der frühere SPD-Ministerpräsident von "Meck-Pomm", kürzlich und erklärte auch: "Aber jetzt können wir sagen, wir haben den Auftrag erfüllt: Nord Stream 2 ist lieferbereit."

Die Interessen Putins

In Brandenburg ist man mit Russland ebenso in gutem Kontakt. Ex-Ministerpräsident und Ex-SPD-Chef Matthias Platzeck ist heute Chef des Deutsch-Russischen Forums.

Er fordert mehr Verständnis für Moskau und sagt: "Auch wir im Westen waren nachlässig und arrogant und haben russische Interessen gar nicht für möglich gehalten. Wir hatten uns daran gewöhnt, dass Russland keine Interessen hat. Sie haben aber wieder welche."

Im brandenburgischen Schwedt, unweit der Grenze zu Polen, hat der russische Energiekonzern Rosneft (Aufsichtsratschef Gerhard Schröder) eben erst seinen Anteil an der Erdölraffinerie PCK von 54,17 Prozent auf 91,67 aufgestockt. Dass das Unternehmen damit fast gänzlich in russischer Hand ist, wertete Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) als "gute Nachricht".

Im März 2020 hatte Woidke Russlands Premier Michail Mischustin auch um Schutzbrillen, Masken und Desinfektionsmittel gegen Corona gebeten. Die Bild-Zeitung zitierte später aus dem Brief. Darin versicherte Woidke den Kreml "im 75. Jahr nach der Befreiung Deutschlands von der Geißel des Nationalsozialismus durch die Rote Armee" der "besonderen Freundschaft der Bevölkerung Brandenburgs". (Birgit Baumann aus Berlin, 15.2.2022)