Bild nicht mehr verfügbar.

Johannes Strolz bleibt die Skisensation in Peking.

Foto: AP/Bruno

Kaum jemand hatte ihn auf einer Medaillenrechnung.

Johannes Strolz hat nach Kombi-Gold bei den Olympischen Winterspielen in Peking auch noch Silber im Slalom gewonnen. Als Halbzeitführender musste sich der Vorarlberger am Mittwoch am Ende nur dem Franzosen Clement Noel, der mit Laufbestzeit von Platz sechs zum Sieg stürmte, um 0,61 Sekunden geschlagen geben. Bronze ging an Weltmeister Sebastian Foss-Solevaag (NOR). Michael Matt, als Halbzeitsiebenter auch aussichtsreich im Medaillenrennen, schied in der Entscheidung aus.

Der Slalom war die letzte olympische Einzelentscheidung bei den Alpinski-Männern und fand in Yanqing bei erneut sehr kalten Temperaturen (minus 21 Grad am Start) und den so eigenwilligen Schneebedingungen statt. Österreichs Quartett baute auch darauf, dass mit Marko Pfeifer ihr eigener Trainer einen anspruchsvollen ersten Kurs in den an sich eher einfachen Slalomhang gesetzt hatte.

Dem nach wie vor seine Form suchenden Slalom-Weltcupsieger Marco Schwarz half das aber ebenso nicht wie Manuel Feller. Der Kärntner klassierte sich mit großem Rückstand nur als Halbzeit-25., verbesserte sich dank eines Skiwechsels in der Endabrechnung noch auf Platz 17. Feller schied nach hoffnungsvoller Zwischenzeit mit einem Einfädler vor dem Schlusshang überhaupt gleich im ersten Durchgang aus.

Sehr knapp

Matt hingegen legt eine soliden Lauf hin und positionierte sich in Medaillen-Schlagdistanz, ehe Strolz mit hoher Startnummer 19 noch einen drauf setzte. Der vor der Olympia-Saison schon ausgemustert gewesene 29-Jährige, der sechs Tage zuvor sensationell Gold in der Kombination geholt hatte, drehte nach einer frühen Schrecksekunde im Zielhang noch so auf, dass er zwei Hundertstel vor Henrik Kristoffersen und sechs vor Foss-Solevaag sogar als Halbzeit-Führender vor dem norwegischen Duo in die Entscheidung ging.

Strolz war Anfang Jänner mit seinem Überraschungssieg in Adelboden auf die große Skibühne zurückgekehrt und hatte damit auch das Ticket für die Spiele gelöst, wo er dann unerwartet Kombi-Gold holte. Der Slalom hatte es an Spannung in sich. In den sechs Weltcup-Slaloms davor hatte es sechs verschiedene Sieger gegeben. Nur sechs Hundertstel zwischen eins und drei waren im 20. Olympia-Slalom der Geschichte zugleich die knappste Ausgangslage bisher überhaupt.

Selbst Matt hatte – siehe Noel – als Siebenter in der Entscheidung noch gute Medaillen-Chancen, schied auf dem wie in Kitzbühel von Jacques Theolier gefinkelt gesetzten Kurs aber früh aus. "Es war schneller vorbei als es angefangen hat. So unwohl auf den ersten Toren habe ich mich die ganze Woche nicht gefühlt", rätselte der Arlberger.

Skimärchen geht weiter

Im vermeintlichen Hundertstelduell um die Medaillen fielen dann die Dinge an der Spitze durcheinander und Strolz hatte plötzlich 38 Hundertstel Vorsprung auf Noel, als es um alles ging. Am Ende rettete er mit der nur 13. Laufzeit neun Hundertstel vor Foss-Solevaag noch Silber und damit die 17. ÖOC-Medaille bei diesen Spielen. Er wandelte damit auch weiter auf den Spuren von Vater Hubert, der 1988 nach Kombi-Gold ebenfalls auch noch Silber – allerdings im Riesentorlauf – gewonnen hatte.

"Wunderschön. Die Skimärchen gehen weiter", freute sich ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober. ÖSV-Männerchef Andreas Puelacher machte klar, dass Strolz womöglich ohnehin das Maximum herausgeholt hatte. "Gold war heute wohl außer Reichweite, Noel hat es einfach super getroffen." Slalomchef Pfeifer meinte: "Johannes hat gezeigt, dass er Nerven aus Drahtseilen hat."

Strolz selbst brüllte seine Erleichterung bei der Zeremonie nach dem Rennen mit geballter Faust laut heraus. "Ich war überraschend wenig nervös. Ich habe perfektes Material und ein super Team hinter mir, das macht es leichter. Und natürlich habe ich zur Zeit einfach eine Riesenfreude am Skifahren", sagte der Vorarlberger. "Aber ich hatte ja schon Gold, also war ich schon ein Gewinner und habe mich einfach auf meine Sachen konzentriert." Natürlich habe er sofort an seinen Papa gedacht. "Er hat ja in Calgary auch Gold und Silber geholt."

Überrascht von Schneeverhältnissen

Feller war nicht der Einzige, der von den Schneeverhältnissen überrascht worden war. "Ich hatte ein bisschen zu wenig Grip, da hätte ich mehr Risiko gehen können, was das Material betrifft", erklärte der Tiroler. Mit jedem Trainingstag hätten sich die Bedingungen geändert. "Am Anfang war es sehr schnittig und aggressiv, mit dem Schneefall hat es das Ganze glatter gemacht. Auf einmal hat es wieder minus 25 Grad und Wind und war wieder richtig spröde. Und jetzt mit dem Rutschen und der Bewegung auf der Piste ist es wieder glatter geworden."

Ihm habe es bei Olympia das Selbstvertrauen "ziemlich geputzt", gab Feller zu. "Ich nehme praktisch nichts Positives mit", sagte der Tiroler, der mehrfach von Corona-Quarantäne gebremst worden war. Er freue sich nun auf die Heimkehr nach Europa, wo ihm die Verhältnisse deutlich besser liegen würden. (APA, red, 16.2.2022)

Olympia-Slalom der Männer

1. Clement Noel (FRA) 1:44,09 Min. 54,30 49,79
2. Johannes Strolz (AUT) 1:44,70 +0,61 53,92 50,78
3. Sebastian Foss-Solevaag (NOR) 1:44,79 +0,70 53,98 50,81
4. Henrik Kristoffersen (NOR) 1:44,88 +0,79 53,94 50,94
5. Loic Meillard (SUI) 1:44,89 +0,80 54,22 50,67
6. Daniel Yule (SUI) 1:44,95 +0,86 55,06 49,89
7. Linus Straßer (GER) 1:45,02 +0,93 54,25 50,77
8. Giuliano Razzoli (ITA) 1:45,05 +0,96 54,79 50,26
9. Albert Popow (BUL) 1:45,15 +1,06 54,62 50,53
10. Alexander Choroschilow (RUS) 1:45,17 +1,08 54,63 50,54
11. Tommaso Sala (ITA) 1:45,37 +1,28 54,37 51,00
12. Ramon Zenhäusern (SUI) 1:45,47 +1,38 54,72 50,75
13. David Ryding (GBR) 1:45,57 +1,48 55,13 50,44
14. Luca Aerni (SUI) 1:45,83 +1,74 55,63 50,20
15. Samuel Kolega (CRO) 1:45,96 +1,87 55,54 50,42
16. Alexis Pinturault (FRA) 1:46,15 +2,06 55,12 51,03
17. Marco Schwarz (AUT) 1:46,61 +2,52 56,26 50,35
18. Filip Zubcic (CRO) 1:46,68 +2,59 55,79 50,89
19. Alexander Schmid (GER) 1:47,03 +2,94 55,95 51,08
20. Matej Vidovic (CRO) 1:47,36 +3,27 56,57 50,79
21. Dong-hyun Jung (KOR) 1:47,69 +3,60 56,85 50,84
22. Armand Marchant (BEL) 1:47,85 +3,76 56,13 51,72
23. Barnabas Szollos (ISR) 1:48,71 +4,62 56,83 51,88
24. Erik Read (CAN) 1:49,10 +5,01 55,90 53,20
25. Adam Zampa (SVK) 1:51,01 +6,92 57,76 53,25
26. Alexander Andrienko (ROC) 1:51,17 +7,08 57,47 53,70
27. Emir Lokmic (BIH) 1:52,80 +8,71 58,86 53,94
28. Denni Xhepa (ALB) 1:53,28 +9,19 58,32 54,96
29. Ioannis Antoniou (GRE) 1:54,29 +10,20 59,48 54,81
30. Casper Dyrbye (DEN) 1:57,27 +13,18 1:01,38 55,89

Ausgeschieden im 1. Durchgang u.a.: Manuel Feller (AUT), Kristoffer Jakobsen (SWE), Lucas Braathen (NOR)

Ausgeschieden im 2. Durchgang u.a.: Michael Matt (AUT), Kamen Zlatkow (BUL), Dries Van den Broecke (BEL), Alex Vinatzer (ITA)

Reaktionen:

Johannes Strolz: "Ich habe mich einfach auf meine Sachen konzentriert. Ich weiß, dass ich ein super Material hab. Gold habe ich schon geholt gehabt, somit habe ich gewusst, wurscht, was ich mache, ich fahre als Sieger weg. Ich war überraschend wenig nervös (vor dem zweiten Durchgang, Anm.). Ich glaube, dass ich zur Zeit sehr viel Freude am Skifahren habe. Das Kantentuning habe ich selbst gemacht. (An seinen Vater Hubert Strolz, der 1988 in Calgary Gold und Silber geholt hatte): Ja Papa, jetzt sind wir medaillenmäßig gleichauf bei Olympia."

Clement Noel (Goldmedaillengewinner): "Es ist unglaublich, ein sehr langer Tag. Mein zweiter Durchgang war sehr gut. Ich bin sehr, sehr glücklich, ich habe keine Worte für meine Emotionen jetzt. Der Jänner war sehr schwierig, aber das Training hier war sehr gut, sehr schnell. Das Rennen heute war perfekt. Danke an meine österreichischen Fans, wir sehen uns in Flachau."

Sebastian Foss-Solevaag (Bronzemedaillengewinner): "Ich war sehr nervös. Eine Medaille, ich bin zufrieden."

Marco Schwarz (17.): "Der zweite Durchgang war okay. Das Material hat sich sehr gut angefühlt. Wenn ich eine etwas breitere Brust zur Zeit hätte, dann hätte ich sicher noch ein bisschen mehr Gas geben können. War eine sehr abenteuerliche Zeit da herunten, skifahrerisch sehr schlecht, würde ich sagen, das hat nicht gepasst. Der Servicemann hat vorher gesagt, wenn die Berge hoch sind, sind sie schön, das Tal muss nicht so tief sein."

Roswitha Stadlober (ÖSV-Präsidentin): "Es ist wunderschön, diese Skimärchen gehen weiter, die sind noch lange nicht zu Ende. Es haben alle perfekt performt. Mir wär lieber gewesen, dass er Zweiter oder Dritter nach dem ersten Durchgang gewesen wäre. Das Strolz-Märchen geht in die nächste Runde. Ich bin stolz und dankbar, dass wir so ein Team haben."

Andreas Puelacher (ÖSV-Rennsportleiter Männer): "Johannes Strolz ist erstens ein sehr, sehr guter Skifahrer und zweitens mit der Goldmedaille war es ein bisschen leichter vom nervlichen Druck gewesen. Die Goldene ist heute außer Reichweite, der Noel hat das super runtergebracht. Wie er herunten war, habe ich schon gewusst, Gold ist weg. Strolz ist sehr gut Ski gefahren. In den kühnsten Träumen hätte ich nicht gedacht, dass er mit Gold und Silber nach Hause fährt. Seine harte Arbeit und der Glaube an sich selber, das ist heute bestätigt worden. Er war so locker vor dem ersten Lauf und vor dem zweiten auch noch."

Marko Pfeifer (ÖSV-Technik-Chefcoach): "Vom Strolzi unglaublich. Der Bursche hat wirklich gezeigt, dass er Nerven aus Drahtseil hat. Die Goldene im Gepäck ist natürlich fein, aber es ist schon spezieller ein Spezialslalom, wenn es ans Eingemachte geht. Der Clement hat richtig einen extrem starken Lauf heruntergelegt. Dass wir heute eine Medaillen mitnehmen können, ist nicht selbstverständlich. Der Adelboden-Sieg war sicher das Aha-Erlebnis. Er ist in der Weltspitze angekommen. (zu Michael Matt): Der Michi wäre heute auch um die Medaillen mitgefahren, das war schade. (zu Schwarz): Es ist die ganze Saison der Wurm drin."

Hubert Strolz (Vater, via ORF): "Wir sind alle sehr dankbar, dass dem Johannes das gelungen ist. Dass er das heute so cool gemacht hat, das ist einfach nur schön. Das (Vater und Sohn haben nun die gleichen Medaillen gewonnen, Anm.) ist eine unglaubliche Geschichte. Ich freue mich so wahnsinnig für ihn, weil er so mit Leib und Seele ein Sportler ist. Ich kann nur den Hut ziehen .... Wir haben in den letzten Tagen so viele Anrufe bekommen, unter anderem auch von Baldur Preiml (Als Coach einst verantwortlich für das ÖSV-Skispringer-Dreamteam, Anm.). Er hat gesagt, er gratuliert. Aber auch für das, was der Johannes für ein Mensch ist. Das kann man nicht planen. Das ist das, was ich so sehr schätze. Er ist mit beiden Füßen auf dem Boden und liebt den Skisport. Und er hat so viel Energie hineingehängt. Dass er da gerade so erfolgreich ist, ist eigentlich nicht zu begreifen."

Michael Matt (im zweiten Durchgang ausgeschieden): "Ich weiß es nicht, es war so schnell vorbei wie es angefangen hat. So unwohl wie im ersten Lauf bei den ersten vier Toren habe ich mich die ganze Woche nicht gefühlt. Keine Ahnung, was da anders war. (zu Johannes Strolz): Geil, er hat seit Adelboden den Flow. Die Spiralen, die es beim Skifahren gibt, gibt es auch in die positive Richtung. Das ist schon richtig cool. Es freut mich für ihn sehr, dass er endlich das zeigen kann, was er draufhat."

Österreichs bisherige Olympia-Medaillengewinne im Slalom der Männer:

GOLD (7):

1952 Oslo: Othmar Schneider
1956 Cortina: Toni Sailer
1960 Squaw Valley: Ernst Hinterseer
1964 Innsbruck: Pepi Stiegler
1994 Lillehammer: Thomas Stangassinger
2006 Turin/Sestriere: Benjamin Raich
2014 Sotschi: Mario Matt

SILBER (5):

1960 Squaw Valley: Hias Leitner
1968 Grenoble: Herbert Huber
2006 Turin/Sestriere: Reinfried Herbst
2014 Sotschi: Marcel Hirscher
2022 Peking: Johannes Strolz

BRONZE (6):

1968 Grenoble: Alfred Matt
1992 Albertville: Michael Tritscher
1998 Nagano: Thomas Sykora
2002 Salt Lake City: Benjamin Raich
2006 Turin/Sestriere: Rainer Schönfelder
2018 Pyeongchang Michael Matt

Steckbrief Johannes Strolz (29 Jahre)

Geboren: 12. September 1992 in Bludenz
Wohnort: Warth
Größe/Gewicht: 1,86 m/90 kg
Familienstand: ledig
Verein: SC Warth
Ski/Schuhe/Bindung: Head
Hobbys: Klettern, Fußball, Radfahren
Beruf: Polizeisportler

Größte Erfolge:

Olympia:

Gold Kombination 2022 Peking
Silber Slalom 2022 Peking

Weltcup:

1 Sieg Slalom Adelboden 2022

Junioren-WM:

Bronze Super-G 2012

Mehr zu Olympia 2022

Kalender und alle Ergebnisse
Medaillenspiegel und Entscheidungen des Tages

Straßenumfrage in Wien Ottakring: Was halten die Wiener und Wienerinnen vom Austragungsland der olympischen Spiele?
DER STANDARD