Ein Teil des internationalen Odebrecht-Schmiergeldskandals soll in Wien gespielt haben.

Foto: Matthias Cremer

Schlaflose Nächte dürfte das Aufpoppen des Schmiergeldskandals rund um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht im Herbst 2016 einigen Meinl-Bankern einst beschert haben. Jedenfalls erschließt sich das aus Aktivitäten, von denen Zeugen in den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zur Causa zu berichten wussten.

Es geht um den Österreich-Strang der Causa Odebrecht und Geschäftsbeziehungen der früheren Meinl Bank zur Meinl Bank Antigua. Über diese Ex-Tochter des Wiener Bankhauses sollen Schmiergeldzahlungen von Odebrecht in Milliardenhöhe abgewickelt worden sein. Die Beschuldigten bestreiten das.

Laut Recherchen der Ermittler, die auch auf Aussagen von Ex-Bankern beruhen, hat das Wiener Institut im Herbst 2017 Konten bzw. Depots für die Meinl Bank Antigua eröffnet, obwohl diese damals bereits acht Monate unter Aufsicht eines Liquidators stand. Weitere Konten wurden dann im Dezember 2017 eröffnet, als bereits das Insolvenzverfahren über die Antigua-Bank im Laufen war.

Nächtliche Transaktionen

Gemäß einem Zeugen aus der Internen Revision der Wiener Bank sollen diese Transaktionen ohne Auftrag des Kunden abgewickelt worden sein und zum Nachteil für die Meinl Bank Antigua. Konkret – und da kommen die schlaflosen Nächte ins Spiel – seien in der Nacht von 6. auf 7. Dezember 2017, nachdem man in Wien von der Liquidation der Antigua-Bank erfahren hatte, Wertpapiere und andere Assets zur Meinl Bank Antigua "verschoben" worden. Das ist in einem Anlassbericht der Ermittler aus dem Vorjahr nachzulesen. Profitiert von den Geschäften habe die Meinl Bank. Sie ging 2020 nach dem Konzessionsentzug durch die europäischen Bankenaufseher pleite; zuletzt hatte sie unter Anglo Austrian Bank AAB firmiert.

Dabei waren die Wiener Konten der Meinl Bank Antigua laut Zeugen damals schon wegen Geldwäscheverdachts gesperrt, die Transaktionen seien trotzdem weder intern noch an die zuständigen Behörden gemeldet worden. Wie das alles ablief und wie die Transaktionen begründet wurden, fragten die Ermittler eine Zeugin. Ihre Vorgesetzte habe ihr erklärt, "sie darf das, weil sie den Kunden genau kenne. Aus Sicht der Internen Revision bzw. aus meiner Sicht war diese Vorgangsweise nicht in Ordnung", lautete die Antwort der Zeugin.

"Drehscheibe" Meinl Bank Antigua

Allerdings eröffnete die vormalige Meinl Bank sogar noch im März 2019 Konten für fragwürdige Kunden. Für den wirtschaftlich Berechtigten einer Offshore-Gesellschaft mit Verbindungen zu Odebrecht etwa. Von diesen hätten die Wiener Banker gemäß Ermittlern auch Bescheid gewusst: Die Gesellschaft fand sich nämlich auf einer Transaktionsliste, die die Banker selbst an die Aufsichtsbehörde FMA übermittelt hatten. Die Behörde führte damals bereits ein entsprechendes Verfahren und brachte die Ermittlungen durch eine Strafanzeige im März 2017 ins Rollen.

Laut dieser Sachverhaltsdarstellung war die Meinl Bank Antigua von 2010 bis 2018 eine "Drehscheibe" für Schmiergeldzahlungen in der Höhe bis zu 1,6 Milliarden Dollar. Sukzessive habe die Meinl Bank ihre Antigua-Bank über ein Offshore-Firmengeflecht verkauft, hinter dem Brasilianer gestanden seien. Diese seien von Odebrecht als "Strohmänner" in die Geschäftsführung der Antigua-Bank eingesetzt worden, etliche von ihnen wurden dann zu Kronzeugen in der Odebrecht-Korruptionscausa, die international hohe Wellen schlug.

Bank "verweigerte" Auskünfte

Doch zurück nach Wien. Im Oktober 2018 hatte die FMA der Meinl Bank per Bescheid aufgetragen, ihre Geschäftsbeziehung mit der Meinl Bank Antigua ab 1. Jänner 2017 aufzuarbeiten. Sie musste eine "nachvollziehbare Dokumentation" erstellen und die Behörde über die Umsetzung informieren. Das ist laut FMA auch geschehen.

Eine inhaltliche Nachprüfung nahm die FMA nicht mehr vor, weil sie dann ohnehin das Konzessionsentzugsverfahren angestrengt habe, erklärte die Aufsicht den Ermittlern in einem Schreiben. Es sei zudem fraglich, ob ihr die Gesellschaft die vollständige Dokumentation überhaupt geschickt hätte: Im Zug der Anti-Geldwäsche-Vorortprüfung 2018 habe "die Bank ja wiederholt Auskünfte zu ihrer Geschäftsbeziehung mit der Meinl Bank Antigua verweigert".

Die WKStA ermittelt gegen drei Ex-Manager. Der frühere Bankchef Peter Weinzierl sitzt in London fest. Die US-Justiz will seine Auslieferung, im Juni soll seine Befragung stattfinden. Er bestreitet die Vorwürfe wie berichtet, und es gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, 17.2.2022)