Wolfgang Ischinger ist dieses Jahr zum letzten Mal Gastgeber der Münchner Sicherheitskonferenz. In Kürze gibt er die Führung ab.

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Schon seit 14 Jahren leitet Wolfgang Ischinger die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC). Nie hätte es in dieser Zeit "so eine multiple Krisenentwicklung gleichzeitig" gegeben, stellt der deutsche Ex-Botschafter im Vorfeld klar. Von Freitag bis Sonntag werden sich bereits zum 58. Mal Staats- und Regierungschefs in der bayrischen Hauptstadt treffen, um in informellem Format diverse Krisen zu erörtern. Die aktuelle Situation stelle alles Bisherige in den Schatten, so Ischinger.

Da wäre der Konflikt mit dem Iran; oder die Frage um den adäquaten Umgang mit China; oder die Zukunft des euro-atlantischen Bündnisses. Doch das alles dominierende Thema sind die Entwicklungen um die Ukraine: Nichts würde er sich mehr wünschen, als dass bei der Konferenz zumindest ein paar Impulse zur diplomatischen Entspannung gesetzt werden könnten, äußert Ischinger seine Hoffnung.

Möglicher Trigger

Ischinger (75), vor seiner Pensionierung unter anderem Staatssekretär im Auswärtigen Amt sowie deutscher Botschafter in Washington, erinnert etwa an den Durchbruch in Sachen Abrüstungsvertrag New Start zwischen Russland und den USA, der unter anderem im Zuge der Veranstaltung zustande gekommen war und dessen Ratifizierungsurkunde 2011 ausgetauscht wurde. Eine "Sternstunde der Konferenz", die zeige, dass München nicht nur eine "Quatschbude" sei.

Die Vorzeichen für die erwünschte Entspannung sind allerdings schlecht. Pessimistische Stimmen orten in der MSC sogar einen möglichen Trigger für einen russischen Einmarsch in die Ukraine. 2014 war es auch just während der Konferenz, dass Russland völkerrechtswidrig die Krim annektierte.

Putin bleibt zu Hause

Russlands Präsident Wladmir Putin hat eine Teilnahme ausgeschlossen. Überhaupt würden keine Regierungsvertreter anreisen, gab eine Sprecherin des russischen Außenministeriums bekannt: Die MSC habe ihre Objektivität verloren und sich immer mehr "zu einem transatlantischen Forum" gewandelt.

Gastgeber Ischinger betont unterdessen, dass sich sehr wohl Duma-Abgeordnete angekündigt hätten. Auch Vertreter russischer Thinktanks würden virtuell teilnehmen.

Die USA schicken mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris jedenfalls eine hochrangige Vertreterin. Ihre Teilnahme unterstreiche das "eiserne Bekenntnis" zu den Nato-Verbündeten und ihr "Engagement für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine". Ebenfalls erwartet werden der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der deutsche Kanzler Olaf Scholz, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Nato-Chef Jens Stoltenberg. Uno-Generalsekretär António Guterres wird die MSC am Freitag eröffnen. Am Rande der Konferenz soll außerdem ein G7-Außenministertreffen mit Gastgeberin Annalena Baerbock stattfinden.

Aus Österreich werden Außenminister Alexander Schallenberg und Europaministerin Karoline Edtstadler teilnehmen, nicht aber Bundeskanzler Karl Nehammer (alle ÖVP).

Bericht im Vorfeld veröffentlicht

Die Konferenz zählt zu den wichtigsten Treffpunkten der globalen Außen- und Sicherheitspolitik. Im Vorfeld veröffentlichen die Organisatoren jährlich einen Bericht zur globalen Sicherheitslage. Während im vergangenen Jahr der Bericht unter dem Titel Beyond Westlessness die Orientierungslosigkeit des Westens thematisiert wurde, steht der heurige Report unter einem fast noch düsterer anmutenden Motto: Unlearning Helplessness. Hilflos – so fühlen sich demnach viele Menschen angesichts multipler Krisen wie Pandemie oder Klimawandel. Besonders bedenklich sei, dass jener Trend in Demokratien markanter als in autoritären Staaten sei.

Um jener "Hilflosigkeit" entgegenzuwirken, findet die Konferenz heuer wieder teilweise in Präsenz statt und nicht, wie 2021, rein virtuell. In München sind im Laufe des Wochenendes mehrere Protestveranstaltungen angekündigt. (Anna Sawerthal, 17.2.2022)