Der Fachkräftemangel im Bereich der Technik ist massiv. Laut einer aktuellen Umfrage unter den Mitgliedern des Fachverbands Ubit (Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie) gibt es in Österreich derzeit rund 24.000 offene Stellen im IT-Bereich, in Deutschland sind es 94.000 offene Stellen.

"Eine Zeitlang haben unsere Mitgliedsbetriebe versucht, Mitarbeiter in unseren Nachbarländern zu finden, aber das kann man auch vergessen. Dort fehlen die Fachkräfte ja auch", sagt Alfred Harl, Obmann der Ubit. Dazu kommen die ehrgeizigen Digitalziele der Europäischen Union bis 2030. Europaweit sollen bis dahin insgesamt 20 Millionen IT-Spezialisten – die Hälfte davon Frauen – beschäftigt sein. Wie das gehen soll, ist noch ungewiss. Ohne massive Anstrengungen werde es aber nicht gelingen, denn derzeit gibt es in der EU rund 8,4 Millionen IT-Fachkräfte, 82 Prozent davon sind Männer.

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Bei manchen Informatikstudiengängen bricht mehr als die Hälfte das Studium vorzeitig ab, sagt Alfred Harl, Obmann der Ubit.
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Viele Studienabbrecher

Von den Unis und Fachhochschulen kann dieser Bedarf nicht gedeckt werden. Zum einen weil es dafür zu wenige Studienplätze gibt, zum anderen, weil es nach wie vor eine sehr hohe Dropout-Quote unter den Studierenden der verschiedenen Informatikstudiengänge gebe, wie auch der aktuelle IKT Statusreport des Fachverbands zeigt. In den Bachelor-Studiengängen der österreichischen Universitäten lag die Dropout-Quote im Studienjahr 2019/2020 bei rund 43 Prozent, bei Informatik-Masterstudien auf Universitäten lag sie bei 51,4 Prozent. Die Abbruchquote bei Bachelorstudiengängen an Fachhochschulen lag im Studienjahr 2017/2018 ebenfalls bei gut 43 Prozent, bei Masterstudien bei 31,2 Prozent.

Aus wirtschaftlicher Sicht besonders schade sei ein Studienabbruch kurz nach dem Beginn eines Bachelors. "Hier müssen wir uns überlegen, wie wir Studierende besser zu einem Studienabschluss bringen können", ergänzt Harl.

Zwar müsse zwischen Drop-out und Job-out – also jenen, die wegen eines Jobangebotes das Studium beenden – unterschieden werden, aber auch Job-outs stehen beruflich irgendwann an, meint der Ubit-Obmann. Und das fehlende Know-how könne vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen, die nur eine kleine IT-Abteilung haben, allein über betriebliche Weiterbildung nicht nachgeholt werden. Ein Studienabschluss sei jedenfalls ein gutes Fundament.

Früh übt sich

Von der neuen Technischen Universität in Linz erwarte sich die Branche mittelfristig eine leichte Abfederung. Aber das allein reiche sicher nicht aus, ergänzt Harl. Genauso wenig, wie sich bei der Suche verstärkt auf weibliche Fachkräfte zu konzentrieren. "Der Fachkräftemangel betrifft ganz Europa", ergänzt Harl. Jede Ausbildung – egal ob kurz oder lang – sei sinnvoll.

Darüber hinaus braucht es aber noch mehr Anstrengungen. Und Harl nimmt dabei auch seine Branche in die Pflicht. "Im Bereich der Informatik gibt es in Österreich rund 80 verschiedene Berufsbilder." Hier brauche es mehr Aufklärung, welche das sind, kreative Lösungen, wie hier mehr Bewusstsein geschafft werden könnte, sind gefragt. Für Harl wären die Infoscreens auf Bahnhöfen und U-Bahn-Stationen eine mögliche Projektionsfläche für mehr Informatikaufklärung.

Daneben sollte schon früh und altersgerecht der Zugang zur Informatik ermöglicht werden. "Hier ist die Politik gefordert, den Bereich Technik in unserem Bildungssystem beginnend im Kindergarten durchzudeklinieren." (Gudrun Ostermann, 23.2.2022)