Seit knapp 20 Jahren lebt Baubiologe Heinz Fuchsig mit seiner Familie im Innsbrucker Stadtteil Pradl. Nachhaltige Nutzung und eine gute Gemeinschaft im Haus sind dem Vermieter besonders wichtig.

"Unser Haus ist 1908 gebaut worden, mein Großvater hat es 1913 gekauft. Es war immer in Familienbesitz, aber nie von der Familie bewohnt. Aus verschiedenen Gründen blieb die Familie aber in Wien in einer sogenannten Friedenskronenwohnung. Das Haus in Pradl haben sie mit seinen zehn Wohnungen ebenfalls zum Friedenskronenzins vermietet. Nach dem Krieg hat man die Mieten stark gesenkt, sodass auch für die Ärmsten eine Wohnung gesichert war.

Ein unverstellter Blick auf die Nordkette war Heinz und Martina Fuchsig besonders wichtig.
Foto: Günter Richard Wett

Die Wohnungen konnten dann von Generation zu Generation zum Großvatertarif weitergegeben werden. Die Mieten sind nicht angepasst worden. Heute vermieten wir noch drei Wohnungen zum Friedenskronenzins. Die Mieter zahlen zwei bis drei Euro pro Quadratmeter. Die restlichen Mieter zahlen moderate Preise. Für 90 Quadratmeter verlangen wir netto bis zu 950 Euro, das macht dann mit Steuern und Betriebskosten rund 1250 Euro.

Ich kenne das Haus seit meiner Kindheit. Wir haben immer wieder Urlaub in Tirol gemacht. Nach dem Studium habe ich in Innsbruck ein Spezialprogramm für Arbeits- und Umweltmedizin absolviert und 13 Monate hier gewohnt. Ich habe die erste freie Wohnung hergerichtet und in einer Dreier-WG gelebt. Damals habe ich den Entschluss gefasst, den Dachboden auszubauen. Es war klar, dass man das Dach sanieren muss, weil es reingeregnet hat. Auch die Balkone der Wohnungen waren in schlechtem Zustand, also habe ich alles auf einmal erneuert und einen Lift eingebaut. Um Geld für meinen Dachausbau zu bekommen, habe ich ihn in zwei geteilt und die Hälfte verkauft.

"Wir haben gezielt Familien ins Haus geholt, weil wir selbst erlebt haben, dass es für Familien nicht immer so einfach ist in der Stadt", sagt Heinz Fuchsig.
Foto: Günter Richard Wett

Wichtig war mir als Baubiologe eine nachhaltige Sanierung des Hauses. Am Anfang hatten wir eine Pellets-, eine Strom- und zehn Gasheizungen. Mittlerweile laufen die Heizungen und die Warmwasseraufbereitung über zwei Grundwasserpumpen. Die Grundwassertemperatur lag 2014 bei 12,4 Grad, jetzt messen wir 13,4. Es wird immer wärmer – und dementsprechend kann sehr gut Wärme aus dem Wasser gewonnen werden.

Auch die Wärmepumpen werden immer effizienter. Zusätzlich haben wir thermische Sonnenkollektoren am Dach, die sind schon 26 Jahre alt und funktionieren noch immer einwandfrei. Im Sommer kühlen wir mit dem Heizkreislauf die Fußboden- und Wandheizung und die obersten zwei Wohnungen mit Niedertemperaturheizkörpern. Aus dieser Abwärme wird Warmwasser gewonnen. Das Ganze braucht nur 50 Watt für die Umwälzpumpe und bläst keine Warmluft hinaus.

"Unser Ziel ist, drei oder vier Elektroautos zu besitzen und via App zu teilen", sagt Heinz Fuchsig.
Foto: Günter Richard Wett

Meine Frau ist 1998, ein Jahr nach dem Umbau, eingezogen. Die Wohnung ist 115 Quadratmeter groß. Von der Küche aus sehen wir die Nockspitze und vom Esstisch die Nordkette. Dort haben wir uns beim Figln (Kurzskifahren, Anm.) kennengelernt, und nicht zuletzt deshalb war uns ein unverstellter Blick auf die Berge wichtig.

Dafür haben wir sogar ein zweites Mal umgebaut. Beim ersten Mal hat uns die Bauordnung noch sehr eingeschränkt. Wenn unsere Kinder einmal einziehen wollen, weil sie selbst eine Familie gründen, dann können wir einen Stock tiefer ziehen. Das ist ein großes Glück. Wir haben ein gutes Verhältnis mit den Mietern im Haus und teilen viel. Einmal im Jahr laden wir alle zu einem Hoffest ein. Wir haben gezielt Familien ins Haus geholt, weil wir selbst erlebt haben, dass es für Familien nicht immer so einfach ist in der Stadt. Oft sind die eigenen Eltern weit weg, dann springen wir oder die Nachbarn ein.

Das Rudergerät im Stiegenhaus teilt sich die Familie Fuchsig mit den Bewohnerinnen und Bewohnern des Hauses genauso wie eine Vorratskammer und eine Werkstatt im Keller.
Foto: Günter Richard Wett

Wir teilen den Garten oder bringen die Kleinen in den Kindergarten. Man hilft sich eben gegenseitig. Wir haben eine gemeinsame kleine Werkstatt im Keller. Die Dinge darin werden nie weniger, eher mehr. Wir teilen eine Vorratskammer im Stiegenhaus, ein Rudergerät und sogar Autos. Als wir eingezogen sind, hatten 17 Personen elf Autos, jetzt sind es 33 mit acht Autos. Unser Ziel ist, drei oder vier Elektroautos zu besitzen und via App zu teilen. Derzeit vermieten wir unser eigenes Hybridauto um 35 Cent pro Kilometer." (PROTOKOLL: Julia Beirer, 21.2.2022)