Thyssen-Bornemisza ist ein in der Kunstwelt überaus klingender und mit qualitätsvollsten Werken assoziierter Name. Vor allem Baron Hans-Heinrich "Heini" wegen, des Schweizer Sprosses der bekannten Unternehmerfamilie, der von seinem Vater eine wertvolle Sammlung geerbt hatte, die er im Laufe der Jahre ständig erweiterte.

Paul Gauguin "Mata Mua (In Alten Zeiten)" (1892): Ein Filetstück aus der Sammlung Thyssen-Bornemisza, das 250 Millionen Euro wert sein soll.
Foto: © Carmen Thyssen-Bornemisza Collection on loan at the Museo Nacional Thyssen-Bornemisza

1988 hatte er mit Spanien einen Vertrag über die Leihgabe von 775 Werken aus dem 13. bis 20. Jahrhundert geschlossen, die er 1993 für 350 Millionen Dollar an den Staat verkaufte. Sie fanden im Museo Nacional Thyssen-Bornemisza in Madrid eine neue Heimat. Für die Verwaltung des Museums und den in der Familie verbliebenen Sammlungsbestand ist eine Stiftung zuständig.

Verkäufe zwischendurch

Francesca Habsburg, Hans-Heinrichs Tochter aus dritter Ehe, repräsentiert mit Thyssen-Bornemisza Art Contemporary (TBA21) bereits die vierte Generation der kunstaffinen Familie. Sie gründete ihre Stiftung 2002, in jenem Jahr, als ihr Vater starb. Dessen Witwe (aus fünfter Ehe), Carmen Cervera, steht seit Jahren mit der spanischen Regierung in Verhandlungen: Ihr gehört seit 1993 ein weiterer Anteil der Sammlung, den sie mit ihrer eigenen fusionierte und erweiterte, etwa 1200 Werke insgesamt, die sie zum Teil unentgeltlich als Leihgabe zur Verfügung stellte.

Im Jahr 2010 versuchte sie erfolglos, Teile ihrer Kollektion an den Staat zu verkaufen. Die Vereinbarungen zur leihweisen Überlassung wichtiger Werke wurden seither etappenweise verlängert. Zwischendurch ließ sie jedoch das eine oder andere Werk versteigern, bevorzugt bei Christie’s, darunter etwa John Constables Gemälde The Lock (1824), das 2012 fast 27 Millionen Euro einspielte.

Gauguin als Druckmittel

Und manchmal war es bei der bloßen Ankündigung geblieben wie im Falle eines auf 28 Millionen Euro geschätzten Degas von 2017. Insgesamt schürte das in Spanien Ängste, dass Cervera Hochkarätiges irgendwann endgültig zum Zwecke des Verkaufs abziehen würde. Im Mittelpunkt stand dabei insbesondere Paul Gauguins Mata Mua (In Alten Zeiten) (1892), eine Tahiti-Szenerie, die laut FAZ 250 Millionen Euro schwer sein soll. Der Baron hatte das Gemälde Mitte der 1980er-Jahre für 3,9 Millionen Dollar bei Sotheby’s ersteigert. Damals ein Auktionsrekord für den Künstler.

Als das Museum nach Monaten des Lockdowns im Sommer 2020 seine Pforten öffnete, war der Gauguin nicht mehr vor Ort. Die Witwe hatte das Bild abgezogen.

Ein Druckmittel für einen Deal mit Spanien? Gut möglich. Jedenfalls kam Bewegung in die Verhandlungen. Im Februar 2021 verkündete man den Deal, der jetzt ein Jahr später nun mit Unterschriften besiegelt wurde: Mata Mua gastiert, zusammen mit 330 anderen Kunstwerken von Monet, Renoir, Degas oder Picasso zu einem Gesamtwert von 1,7 Milliarden Euro, für weitere 15 Jahre im Museum. Danach bekommt Spanien ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Bis dahin lässt die Regierung dafür eine stattliche Leihgebühr springen: "Heinis" Witwe und ihrem Sohn werden dafür jährlich 6,5 Millionen Euro überwiesen. (Olga Kronsteiner, 19.2.2022)