Auch nach dem Baustopp für den Lobautunnel und der Räumung des Protestcamps bleibt die Ostumfahrung Wiens ein politisches Streitthema.

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Wien – Die Regierungspartner ÖVP und Grüne sind beim Bau von neuen Straßen weiter auf Konfrontationskurs. ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger hat Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) zu den von ihr abgesagten Projekten befragt und vermisst die von der Ministerin versprochenen Alternativen. "Es müssen rasch pragmatische Lösungen für die betroffenen Regionen gefunden werden", fordert Ottenschläger in einer Stellungnahme.

Die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage habe einen neuen interessanten Kostenaspekt hervorgebracht. Bisher sei in der Öffentlichkeit von Planungskosten beziehungsweise Wertberichtigungen für die Asfinag in der Höhe von 59 Millionen Euro für die S1 berichtet worden. Nun werde eine Summe von fast 147 Millionen Euro genannt. Die Anfrage zeige auf: "In Summe sind für alle evaluierten Projekte bereits rund 306 Millionen Euro an Kosten für die Asfinag angefallen. Es stellt sich somit auch die Frage, was mit den Grundstücken, welche von der Finanzierungsgesellschaft bereits eingelöst wurden, in Zukunft passieren wird", so der Abgeordnete zum Nationalrat.

ÖVP-Verkehrssprecher will mehr Transparenz

Hinterfragenswert erscheint Ottenschläger in diesem Zusammenhang weiterhin der Aspekt der drohenden Zersiedelung und des Bodenverbrauchs: "Es ist sinnvoller, Projekte wie die Seestadt Aspern mit der Errichtung sozialer Wohnbauten voranzutreiben (Wohnraum für bis zu 60.000 Menschen), als eine Zersiedelung des ländlichen Raums zu provozieren". Dort gebe es zum Großteil bereits gewidmete Liegenschaften, die eine geeignete Verkehrsanbindung benötigen.

"Uns geht es um die Entlastung von betroffenen Menschen in den unterschiedlichen Regionen sowie die Maximierung der allgemeinen Verkehrssicherheit in Österreich", so der Abgeordnete. "Gleichzeitig braucht es Transparenz in den Entscheidungsfindungsprozessen, damit für alle klar ersichtlich ist, welche Grundlagen, Überlegungen und Strategien herangezogen werden", so Ottenschläger. "Ohne Alternativen ist die Evaluierung ganz allgemein jedenfalls infrage zu stellen."

"Wir sind mit dem Koalitionspartner in dieser Frage inhaltlich nicht einer Meinung, aber eine gute Partnerschaft hält eine konstruktive Kritik aus. We agree to disagree", so der Abgeordnete. Eine im Verkehrsausschuss von der FPÖ eingebrachte Ministeranklage lehnt Ottenschläger klar ab: "Nicht jede politische Meinungsverschiedenheit ist gleich ein Fall für einen Misstrauensantrag oder eine Ministeranklage." (APA, 18.2.2022)