Große Braukonzerne beantragen Patente für Gerste und bringen somit kleine Brauer in Bedrängnis.

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Nikolaus Riegler ist in Sorge. Für den Eigentümer der Privatbrauerei Hirt geht es immerhin um die Zukunft seines Bieres. Der Grund: Heineken und Carlsberg – Nummer zwei und drei der weltweit größten Braukonzerne – haben den bisher dritten Patentantrag auf Braugerste eingebracht. Das macht den Kärntner nervös.

Geht der Antrag durch, befürchtet Riegler langfristig enorme Auswirkungen auf den Rohstoff. Gerste sei wichtig für Geschmack, Farbe und Geruch des Bieres. Ein Patent beträfe nicht nur einzelne Gerstensorten, auch deren Stämme könnten nicht mehr ohne weiteres verwendet werden.

Denn auch Folgezüchtungen seien geschützt. "Das limitiert den Zugang zum Rohstoff für kleine Brauereien wie uns. Außerdem wird er teurer", sagt Riegler.

Drei Anträge von Carlsberg

Den ersten Antrag hat das Europäische Patentamt (EPA) bereits genehmigt. Den zweiten haben Carlsberg und Heineken selbst zurückgezogen. Dem Vernehmen nach sei das den massiven Widerständen sowie Darstellungs- und Rechtfertigungsproblemen geschuldet.

Der dritte Patentantrag wird am 10. Mai in München verhandelt. Zudem hat Carlsberg rund ein dutzend weitere Patentanträge in der Pipeline.

Verbot unter bestimmten Voraussetzungen

Ob ein derartiges Patent überhaupt rechtens ist, zweifelt Riegler überhaupt an, und damit ist er nicht allein. Unterstützung bekommt er vom Verein der Unabhängigen Privatbrauereien Österreichs und von der Organisation Arche Noah, allen voran Dagmar Urban.

Generell liegt ein Verbot von Patenten auf herkömmlich gezüchtete Pflanzen und Tiere vor, erklärt die Expertin. Bei vielen Anträgen handle es sich nicht um patentierbare Methoden und damit gentechnische Veränderungen, sondern um "zufälligen Mutationen". Diese unterliegen der normalen Züchtung.

Die Formulierung "wesentlich biologische Verfahren" lasse aber Interpretationsspielraum zu, den das Europäische Patentamt laut Urban anders auslegt als etwa das österreichische. Der Expertin zufolge wissen Züchter teilweise nicht mehr, was sie verwenden dürfen.

Sommer- und Wintergerste

Landwirte wie Hannes Zehetner hingegen brauchen keine patentierten Sorten. Sie wissen von den Brauern genau, welche Saat zu verwenden ist. Für den Vollerwerbsbauern aus der Gemeinde Stetten im Bezirk Korneuburg ist das auch "vollkommen in Ordnung".

Besonders beliebt ist im Übrigen weniger Winter- und mehr Sommergerste. Letztere habe bessere Braueigenschaften und wird ob der Frühjahrstrockenheit mittlerweile im November ausgesät.

Zehetner hat das vergangenes Jahr erstmals auf knapp acht Hektar probiert und sowohl Winter- als auch Sommergerste ausgesät. Spielt die Witterung mit, kann er bis zu sieben Tonnen pro Hektor erwirtschaften. Pro Tonne bekommt er zwischen 180 und 250 Euro für Sommergerste.

Nach der Ernte übergibt er den Ertrag sortenrein. Das besagt auch die vertragliche Vereinbarung. Patentierte Gerste habe von ihm aber noch kein Kunde verlangt.

In Österreich gebe es überhaupt keinen Brauer, der patentierte Gerstensorten verwendet, heißt es vonseiten der Brau Union Österreich, die seit 2003 eine Tochtergesellschaft von Heineken ist. Wer patentierte Gerstensorten verwenden will, könne das tun, aber hierzulande sei die Vielfalt groß genug.

Neuregelung seit 2017

Das Europäische Patentamt erklärt, wie auch schon Dagmar Urban, dass keine Patente mehr für Pflanzen erteilt werden, die in biologischen Züchtungsverfahren wie Kreuzung und Auswahl entstanden sind.

Allerdings fügt man hinzu, dass diese Regelungsänderung erst seit 1. Juli 2017 gelte und nicht für Fälle, "die vor dem genannten Stichtag anhängig wurden". Carlsberg hat den Patentantrag, der am 10. Mai verhandelt werden soll, bereits 2013 eingebracht.

Außerdem würden Pflanzensorten auch nicht durch Patente geschützt, sondern vom EU-Sonderschutzamt, mit dem das EPA eng zusammenarbeite. Damit wird die Verantwortung gemäß dem Motto "Nicht mein Bier" also wieder eine Institution weiter geschoben. (Julia Beirer, 20.2.2022)