Gründer Benjamin Hadrigan hatte für die zahlreichen Gerichtsverfahren eine Spendenaktion gestartet.

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Der Oberste Gerichtshof hält die Lehrerbewertungs-App Lernsieg für zulässig. Das geht aus einer Entscheidung hervor, die das Höchstgericht am Freitag veröffentlicht hat. Aus Sicht der Höchstrichterinnen und Höchstrichter sind anonyme Bewertungen von Lehrerinnen und Lehrern vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt (OGH 2.2.2022, 6 Ob 129/21w).

Lehrer klagte

Schülerinnen und Schüler können mit der App Schulen und einzelne Lehrerinnen und Lehrer bewerten und in mehreren Kategorien einen bis fünf Sterne vergeben. Dabei müssen sie sich zwar mit einer Telefonnummer registrieren, nicht aber mit ihrem Namen. Da ein Lehrer datenschutzrechtliche Bedenken gegen die anonymen Bewertungen hatte, klagte er das Unternehmen und verlangte, dass sein Name gelöscht wird.

Vor dem Oberlandesgericht Wien bekam er mit dieser Argumentation teilweise recht. Die Richter erlaubten die App zwar grundsätzlich, allerdings nur unter der Bedingung, dass Lehrer ausschließlich von Schülern bewertet werden, die sie tatsächlich unterrichten. Die App müsse die Namen der User also registrieren.

Erfolg für Lernsieg

Der Oberste Gerichtshof hat dieser Auffassung nun widersprochen und die App in ihrer bisherigen Form für zulässig erachtet. "Gewisse Missbrauchsmöglichkeiten" ließen sich laut den Höchstrichterinnen und Höchstrichtern nicht ausschließen. So können theoretisch auch Schüler, die den bewerteten Lehrer gar nicht kennen, Sterne vergeben.

Verhindert werden könnte das nur durch eine namentliche Registrierung der User – und das würde wiederum die Meinungsfreiheit der Schülerinnen und Schüler einschränken, weil sie sich davon abhalten lassen könnten, überhaupt eine Bewertung abzugeben. Das Recht auf Meinungsfreiheit überwiege die Rechte des Lehrers auf Datenschutz und guten Ruf.

90.000 Lehrer

Für die App wurde eine Datenbank mit rund 90.000 Lehrern und den entsprechenden Schulen angelegt. Schüler können nach Registrierung via Handynummer ihre Pädagogen ab der AHS-Unterstufe bzw. Neuen Mittelschule (NMS) in Kategorien wie Unterricht, Fairness, Vorbereitung oder Pünktlichkeit bewerten. Daraus werden dann Rankings erstellt.

Nach Launch der App hagelte es Beschwerden von Lehrerinnen und Lehrern an die Datenschutzbehörde. Auch dort hat man laut Lernsieg mittlerweile mehr als 40 Verfahren gewonnen. Insgesamt habe das Unternehmen schon "hunderttausende Euro" für Klagen und Verfahren ausgegeben.

"Sieg für Meinungsfreiheit"

Gründer Benjamin Hadrigan hatte deshalb eine Spendenaktion gestartet. Entsprechend erfreut über die aktuelle Entscheidung zeigte er sich auf STANDARD-Anfrage. "Gemeinsam mit meinem Rechtsanwalt Dr. Florian Knaipp ist uns hier ein großer Sieg für die Meinungsfreiheit im österreichischen Schulsystem gelungen", sagt Hadrigan. Er bedanke sich bei allen Menschen, die ihn in den letzten drei Jahren unterstützt haben.

"Wäre die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt worden, hätte dies zur Folge gehabt, dass Bewertungsportale im Internet gänzlich verunmöglicht worden wären", sagt Rechtsanwalt Knaipp. Schließlich sei es einem Betreiber praktisch nicht möglich, vorab festzustellen, ob jeder, der eine anonyme Bewertung abgibt, hierzu auch tatsächlich berechtigt ist. (japf, 18.2.2022)