Der Lindwurm harrt der Dinge, die da kommen werden oder auch nicht.

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Landeshauptmann Peter Kaiser will "eine Kontradiktion setzen".

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ÖOC-Präsident Karl Stoss ist offen für Grenzüberschreitendes.

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Bestechend – Peter Kaiser gefällt dieses Adjektiv, mit dem Substantiv Idee gepaart, besonders im Zusammenhang mit Olympia. Der seit ihrem Entstehen in den 1970ern bestechenden Idee von grenzenlosen Winterspielen im Herzen Europas will Kärntens Landeshauptmann neues Leben einhauchen. Nie zuvor sei die Zeit günstiger gewesen, sie "zu regenerieren und eine Kontradiktion zu setzen", sagt Kaiser dem STANDARD und verweist auf die Debatten über die zu Ende gehenden Spiele in Peking, über deren Gigantomanie und politische Instrumentalisierung.

Agnellis Einfluss

Im Sommer 1999 stand die Idee schon recht knapp vor der Umsetzung. In der 109. Session des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zog die unter dem Motto "Senza Confini" lancierte Bewerbung Klagenfurts für die Winterspiele 2006 in Kärnten, Slowenien und Friaul schlussendlich aber gegen die von Italiens Olympiern bevorzugte Bewerbung Turins den Kürzeren. Der, nun ja, Einfluss von Gianni Agnelli setzte sich dann auch im Stechen gegen Sion durch.

Für 2010 und 2014 scheiterten Salzburger Bewerbungen, den Grazer Anlauf für 2026 stoppte Österreichs Olympisches Comité (ÖOC) von sich aus wegen mangelnder politischer Unterstützung. Einer neuerlichen Kärntner Bewerbung im Verein mit Friaul und Slowenien stehen die Olympier sehr positiv gegenüber. Seitens des IOC gäbe es großes Interesse, sagte ÖOC-Präsident Karl Stoss im Rahmen seiner Olympiabilanz in Peking. "Ich würde mich riesig freuen, wenn es uns gelingen würde, eine länderübergreifende Bewerbung aktuell werden zu lassen. Da wäre Österreich geradezu prädestiniert, weil es geopolitisch so ideal liegt."

Zudem müssten keine Sportstätten neu erbaut werden. Winterspiele könnten ein großes Geschäft sein. "Und ein noch größeres, wenn man möglichst gar keine Infrastrukturmaßnahmen setzen müsste." Immerhin lobt das IOC für den Veranstalter 800 Millionen Dollar aus.

Das Geschäft will Kaiser aber nicht in den Vordergrund stellen. Er verweist lieber auf den Reiz von Spielen in einer Kernregion des Kontinents, in einem "Schmelztiegel dreier Europa prägender Kulturen". Die einstige Kriegsregion sei mittlerweile eine Vorzeigeregion der Zusammenarbeit.

Schön klein

Olympia könnte dem Ausdruck verleihen – ohne gewaltige Investitionen in die sportliche Infrastruktur und durchaus auch unter Einbeziehung kleinerer Anlagen. Kaiser nennt da das Skigebiet Simonhöhe in seinem Bundesland, in dem erst im vergangenen Jänner der alpine Snowboard-Weltcup gastierte.

Freilich solle "Senza Confini II" mit Klagenfurt als Hostcity antreten, aber für Kaiser braucht es keine olympischen Dörfer als Begegnungsräume für Sportlerinnen und Sportler. Vielmehr sollen Hotels und andere schon bestehende Unterkünfte in den Kernregionen dieser Spiele zusammengefasst werden. Die Kärntner Bewerbung, die, wenn spruchreif, auch einer Volksbefragung unterworfen werden soll, müsse die Redimensionierung der Spiele zum Ziel haben. "Es müssen nicht unbedingt Hallen für 15.000 Zuseher her", sagt Kaiser, der auf die beschlossene Sanierung der Klagenfurter Stadthalle verweist, die 6000 Zuseher fassen wird. "Das könnte man noch einmal adaptieren, aber wir haben ja auch Hallen in Ljubljana, in Jesenice, in Innsbruck oder Salzburg – das sind alles keine großen Distanzen."

Ohnehin müsste der Begriff "Senza Confini" noch weiter gefasst sein, Österreich kann nur in Innsbruck-Igls mit einer Bob- und Rodelbahn aufwarten, aber Kaiser sieht es auch als Vorteil für eine mögliche Bewerbung, dass in vier Jahren Mailand zusammen mit Cortina d’Ampezzo an der Reihe ist. Zehn Jahre später wäre die olympische Ausstattung der "Königin der Dolomiten" auch noch gut nützbar.

Ein Herzensanliegen wäre Kaiser aber ein quasi die Olympiaregion verbindender Wettkampf im Dreiländereck, "vielleicht in Form des Langlaufs über 50 Kilometer oder eines Vorführbewerbs".

Abkühlphase

Da die Winterspiele 2030 wohl wieder in Übersee steigen werden – Salt Lake City wird favorisiert – ist für die nächste aussichtsreiche europäische Bewerbung noch Zeit. Peter Kaiser erwartet eine "gewisse Cool-down-Phase" zur Analyse der Spiele in Peking. Danach will er mit den Präsidenten der betroffenen nationalen olympischen Komitees in Gespräche eintreten. Mit Proponenten von Senza Confini 2006 hat er Kontakt. Die Idee ist ja noch immer schamlos bestechend. (Sigi Lützow, 19.2.2022)