Ende gut, alles gut.

Foto: HÖHLENRETTUNG/WOLFGANG GADERMAYR

St. Martin bei Lofer/Weißbach bei Lofer – Am Tag nach der erfolgreichen Rettung dreier polnischer Höhlenforscher aus der Pinzgauer Lamprechtshöhle hat die Salzburger Höhlenrettung Details zur komplizierten Bergung der vom Föhn überraschten Speläologen bekanntgegeben. Hunderte Meter unter der Erde spulten die gefangenen Höhlenprofis demnach eingeübte Routinen ab und hielten sich an einen klaren Rhythmus aus Schlafen, Kochen und aufwärmender Bewegung, um der psychischen Belastung in der Enge der Höhle standzuhalten.

Plötzlicher Anstieg des Schmelzwassers

Am Donnerstag war das dreiköpfige Expeditionsteam in den abgeschlossenen Forscherteil hinabgestiegen, den ein Gitter von der beliebten Schauhöhle trennt. Schmelzwasser aus höher gelegenen Reservoirs hatte die Forscher eingeschlossen. Durch plötzlich einsetzendes, für diese Jahreszeit in den Leoganger Steinbergen ungewöhnliches Tauwetter war die Null-Grad-Grenze auf 2.500 Meter gestiegen. Daraufhin lief geschmolzener Niederschlag aus tiefergelegenen Reservoirs und Hohlräumen ins Höhleninnere und flutete zwei Siphons, muldenartige Vertiefungen im Höhlengang, die die Forschergruppe vorher noch trockenen Fußes passiert hatte.

Die Höhlenforscher mit den Einsatzkräften.
Foto: APA/LAND SALZBURG/MELANIE

Da kein unmittelbarer Kontakt zu den Eingeschlossenen hergestellt werden konnte, alarmierte ein Forscherkollege und Höhlenretter, der die Expedition von außen koordinieren sollte und auf den sprunghaft ansteigenden Wasserpegel aufmerksam wurde, die Rettungskräfte. Gegen 17 Uhr fand sich der Einsatzstab der Höhlenrettung, mitsamt der Einsatzleitung, dem Pinzgauer Katastrophenreferent sowie Feuerwehr, Polizei und Rotem Kreuz zu einer Krisenbesprechung nahe dem Höhleneingang ein. Zu diesem Zeitpunkt war der Wasserspiegel im Inneren der Lamprechtshöhle konstant, schien aber weiter zu steigen, was die Rettungsaktion zu behindern drohte.

Schließlich konnte einer der beiden Bergungstaucher mithilfe einer hinterlassenen Notiz zu den Eingeschlossenen vordringen, die den hinteren, lediglich teilgefluteten Siphon noch rechtzeitig hatten durchschwimmen können. Da sich einer der drei Forscher bei Eintreffen des ersten Tauchers nicht dazu in der Lage sah, den 150 Meter langen vorderen Siphon zu durchtauchen, harrte die Gruppe aus und schickte sich an, den erhofften Rückgang des Wasserpegels am nächsten Tag abzuwarten.

Durchgetaucht

Nach bangen Minuten des Wartens erfuhren die vor der Höhle postierten Einsatzkräfte von der Verzögerung. Währenddessen versuchten sich die erfahrenen Speläologen im sogenannten Lamprechtsdom, einem großen Hohlraum zwischen den wassergefüllten Siphons, zu beschäftigen, um Panik und Hyperventilation vorzubeugen. Durch kontinuierliche Bewegung und die Zubereitung mitgebrachter Essensrationen hielten sich die Eingeschlossenen in der dunklen, nur durch behelfsmäßige Lichtquellen spärlich beleuchteten Höhle warm und behielten damit einen in derartigen Krisensituationen wichtigen Rhythmus bei, wie Monika Feichtner, Landesleiterin der Salzburger Höhlenrettung, der APA berichtete.

Gegen Abend erreichte die einsatzbereiten Rettungskräfte schließlich die ebenso überraschende wie erlösende Nachricht, dass sich die drei Forscher nun doch dazu entschieden hätten, den vorderen Siphon in Begleitung der vorgedrungenen Höhlenretter zu durchtauchen, woraufhin sie leicht unterkühlt, aber wohlauf geborgen werden konnten.

"Keine unvorsichtigen Adrenalinjunkies"

Nachdrücklich betonte die langjährige Leiterin der Salzburger Höhlenrettung, es handle sich bei den drei Geretteten um achtsame und erfahrene Profis und keine unvorsichtigen Adrenalinjunkies. Die Erforschung der Salzburger Höhlen als wichtige Quellen sauberen Trinkwassers und geologische Garanten des fruchtbaren Gedeihens von Flora und Fauna sei eine bedeutsame und unerlässliche Aufgabe, der sich die Expeditionsgruppe freiwillig und ehrenamtlich gestellt habe. Ein Höhlenforscher sei sich stets dessen bewusst, dass er im Ernstfall auf sich allein gestellt sei. Die drei Eingeschlossenen seien ruhig geblieben, hätten sich hochprofessionell verhalten und so zum schnellen Erfolg der Rettungsaktion beigetragen. Man sei "beeindruckt von allen Mitwirkenden".

Feichtners Fazit über die spektakuläre Rettungsaktion fiel angesichts des allenthalben gefeierten guten Endes durchweg positiv aus: Mit der effizienten Zusammenarbeit der 18 Höhlenretter, "Hand in Hand" mit den Behörden, der Feuerwehr und der Polizei, die aus jahrelang eingeübten Notfall-Routinen resultiere, könne man mehr als zufrieden sein. (APA, 19.2.2022)