Die Temperatur auf der Euroferry Olympia beträgt 600 Grad Celsius. Es gibt die Hoffnung, dass sich Leute im Maschinenraum verstecken.

Foto: AFP / Angelos Tzortzinis

Das rettende Nass vor den Augen, eingesperrt im Flammengefängnis: Auf der Fähre Olympia spielen sich seit Tagen apokalyptische Szenen ab. Am Sonntag wurde aber dennoch ein 21-jähriger Belarusse auf dem Heck des Schiffes entdeckt und auf ein Boot heruntergeholt. Der Mann war offensichtlich allein aus dem Schiffsrumpf hinaufgeklettert. "Bin ich wirklich noch am Leben?", fragte er, als er am Hafen von Korfu ankam.

Insgesamt 281 Passagiere konnten von dem Schiff, das unter italienischer Flagge unterwegs ist und am Freitag auf dem Weg vom griechischen Igoumenitsa nach Brindisi in der Nähe der Insel Korfu Feuer fing, gerettet werden. Drei Personen musste mit Atembeschwerden ins Krankenhaus gebracht werden.

Manche Passagiere haben jedoch durch den Brand ihre ökonomische Grundlage komplett verloren. Denn es handelt sich vor allem um Frächter, die mit ihren vollbeladenen Lkws unterwegs waren. Diese stehen nun ausgebrannt, manche noch rauchend, auf dem Deck der Fähre und geben als graue Gerippe Zeugnis von dem Unglück.

Rettungsaktion geht weiter

Die Rettungsteams wollten am Sonntag nach wie vor nach elf Vermissten suchen, doch angesichts der extrem gefährlichen Temperaturen von etwa 600 Grad Celsius auf dem glühenden Schiff ist ihre Rettung extrem schwierig. Vier bis fünf Personen könnten noch am Leben sein. Es besteht die Hoffnung, dass sich diese in den Maschinenraum gerettet haben, wo die Erstickungsgefahr durch die giftigen Gase nicht so hoch sein dürfte. Noch kann die Katastrophenschutzeinheit das Schiff aber nicht betreten.

Auf der Olympia waren zudem Explosionen zu hören, das Schiff ist auch leicht gekippt wegen der Tonnen von Wasser, die zum Löschen auf die Fähre geschüttet wurden. Die Olympia wurde am Sonntag in die Nähe der nördlichen Küste von Korfu geschleppt. Dies war aufgrund geänderter Wetterbedingungen notwendig geworden, aber auch um sicherzustellen, dass die Fähre nicht abdriftet oder sinkt. Rund um das Schiff sind zurzeit fünf Schlepper, ein Boot der Feuerwehr und zwei Schiffe der Küstenwache sowie ein Helikopter im Einsatz.

Aus dem Schlaf gerissen

Die elf Vermissten aus Bulgarien, Griechenland, der Türkei und Litauen sind wohl im Innenraum des Schiffes eingeschlossen. Wie durch ein Wunder konnten die Rettungsteams aber am Freitagabend noch einen Afghanen und einen Bulgaren mit einem Helikopter aus dem Rauch retten, die gar nicht auf der Vermisstenliste aufgeschienen und in der Garage im Inneren festgesteckt waren. Die anderen Geretteten – unter ihnen auch Familien mit Babys – wurden am Freitag um etwa vier Uhr früh durch Schreie und Klopfen aus dem Schlaf gerissen und mussten im Stockdunkeln auf die Rettungsschiffe gelangen.

Die Crew soll griechischen Medien zufolge bei der Evakuierung großartig Hilfe geleistet haben.

Die Olympia, die zur Grimaldi-Flotte gehört, ist über 180 Meter lang und wurde 1995 fertiggestellt. Bei der jetzigen Fahrt waren 153 Trucks an Bord. Der Auslöser des Brandes ist noch nicht bekannt. Ein Untersuchungsteam der griechischen Behörde für Unfälle auf Hoher See reiste allerdings bereits nach Korfu, um gemeinsam mit italienischen Kollegen die Ursachenforschung zu beginnen. Passagiere berichteten, dass Lkw-Fahrer in den Trucks geschlafen hätten, obwohl dies eigentlich untersagt sei. Ein Lastwagen auf dem dritten Deck habe zu brennen begonnen.

Banges Warten

Im Hafen von Korfu warten indes Angehörige der Passagiere auf ihre Lieben, unter anderem jene, deren Verwandte vermisst sind. Es sind Stunden des schweren Bangens für sie. Der Kapitän und die beiden Ingenieure des Schiffes, die am Samstagmittag festgenommen wurden, wurden mittlerweile wieder freigelassen. Wenn die Suche nach den Vermissten beendet ist, sollen Spezialcrews das Öl aus dem Schiff pumpen, um das Risiko einer Meeresverschmutzung zu verringern.

Die Katastrophe auf der Euroferry Olympia erinnert viele an das Unglück auf der Fähre Norman Atlantic im Jahr 2014, bei dem zehn Menschen verstarben, als das Schiff, ebenfalls von Griechenland nach Italien unterwegs, Feuer fing. (Adelheid Wölfl, 20.2.2022)