Ja, der eigentlich aus der Technik kommende Kommunikationsgrundsatz "Die Botschaft entsteht bei der Empfängerin" ist eine weise Erkenntnis. Aber ehrlich – wo genau könnte ein Missverständnis entstehen, wenn Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein in der Ö1-Sendung Im Journal zu Gast Folgendes sagt: "Und in der zweiten Phase ab 15. März wird stichprobenartig kontrolliert, und wenn man keinen Impfnachweis vorlegen kann, dann wird gestraft. Und dabei bleibt es, das ist gültige Gesetzeslage."

Aussagen des Gesundheitsministers Mückstein im Radiosender Ö1 wurden kurz darauf vom Ministerium richtig gestellt.
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Aus Sicht des Gesundheitsressorts erkannte man offenbar am Samstag erst nach mehreren Schreckstunden, dass Mückstein mit diesen Sätzen gar nicht meinte, dass ab 15. März Verwaltungsstrafen fix seien. Sondern eh erst die vom Gesetz vorgesehene und am Freitag eingesetzte unabhängige Expertenkommission ihre Meinung kundtun solle. In einer schriftlichen Stellungnahme des Ministeriums an die Austria Presse Agentur las sich das dann so: "Wenn es im Rahmen dieses Berichtes neue Empfehlungen zu den Startterminen der im Gesetz vorgesehenen Phasen gibt, dann sind diese politisch zu bewerten und entsprechend zu entscheiden."

Ausbaufähig

In Wahrheit gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder ein österreichischer Bundesminister plappert im Radio einfach irgendwas dahin, was er gar nicht so meint. Oder er weiß nicht, was gerade Sache ist. Was die Frage aufwirft, wie genau mit einer derartigen Aktion das Vertrauen der Bevölkerung in die Lösungskompetenz von Politik und Verwaltung dieses Landes gesteigert werden soll.

Dass dieses Vertrauen ausbaufähig ist, beweist ein anderes Interview. Am Sonntag hielt der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck, Klaus Schröder, fest: "Damit meine ich ganz konkret das, was man in den Medien als ,System Pilnacek‘ bezeichnet hat." Eine "systematische Aufarbeitung dieser Vorgänge" sei seiner Ansicht nach unabdingbar. Entweder durch eine externe Untersuchungskommission oder durch angesehene pensionierte Justizorgane.

Wenn selbst ein hoher Richter abseits etwaiger straf- und disziplinarrechtlicher Konsequenzen von unabhängiger Seite erfahren will, was da eigentlich in den höchsten Rängen der Justiz los ist, ist das ein Alarmsignal. Ein Signal dafür, dass ein inkompetentes oder verfilztes System geortet wird. Bleibt nur zu hoffen, dass die Empfänger diese Botschaft auch richtig decodieren. (Michael Möseneder, 20.2.2022)