Außenminister Alexander Schallenberg wurde für die "ZiB 2" live aus Brüssel ins ORF-Studio zu Martin Thür zugeschaltet.

Screenshot: tvthek.orf.at

Aus einem orangefarbenen Flammenmeer oder der Hölle selbst schien der österreichische Außenminister am Sonntagabend zu seinen Landsleuten daheim zu sprechen. Schallenberg wurde für die ZiB 2 live aus Brüssel ins ORF-Studio zu Martin Thür zugeschaltet – hinter ihm wehende Unionsflaggen vor dramatisch beleuchteter Architektur. Zum brennenden Bild fand Schallenberg auch eindringliche Sprachbilder für die tatsächlich dramatische Lage in der Ukraine: "Die Zeichen stehen auf Sturm." Sprachbilder, die mehr den Gepflogenheiten der Diplomatie folgen, wenn Schallenberg von einer Desinformationskampagne (bien sûr französisch ausgesprochen) spricht, als wenn Bundeskanzler Karl Nehammer neudeutsch von "Fake-Abzügen" spricht.

Ein kleines Bisschen Hoffnung gab er mit dem Bild des "Fensters der Diplomatie", das sich immer weiter schließt, aber eben noch nicht ganz zu sei.

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Doch ein Satz der Sprache des Diplomaten, der sich immerhin für die das Ausschreibungsgesetz ignorierende Bestellung des Botschafters in Berlin entschuldigte, war ganz schief: "Wir haben doch 1938 am eigenen Leib erlebt, wie es ist, wenn man allein gelassen wird." Wenn Schallenberg nicht im Pluralis Majestatis spricht und zudem an Wiedergeburt glaubt, also sich etwa als wiedergeborener politischer Gegner des Nationalsozialismus in Österreich daran erinnert, was ihm "am eigenen Leib" widerfahren ist, ist der Satz bemerkenswert. Oder meinte er mit "wir" gar den Ständestaat? Wohl kaum. Die Opferrolle hat Österreich eigentlich in den 1980er-Jahren abgelegt – und schon das war nicht überhudelt, wie man hierzulande sagen würde. Lassen wir sie in der Mottenkiste. (Colette M. Schmidt, 21.2.2022)