Das ist natürlich ein sehr gewagter Vergleich, aber dazu sind wir ja da, damit wir uns auch einmal was trauen: Dacia Spring gegen BMW iX xDrive50. Die beiden sind an den unterschiedlichen Enden dessen zu finden, was derzeit im Bereich der Elektrofahrzeuge möglich ist: spartanische Sparsamkeit gegen opulenten Komfort. Basis gegen High End.

Der eine stammt aus China und fühlt sich auch so an, der andere aus Deutschland: Dacia Spring versus...
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...BMW iX, automobiles Floß gegen Luxusyacht.
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Wenn der BMW ein Schiff ist, und der Vergleich liegt durchaus auf der Hand, vielleicht die Yacht eines saudischen Finanzministers, dann ist der Dacia nicht unbedingt ein Baumstamm, aber auch kein Boot. Vielleicht ein Floß. Das Beste am Dacia ist jedenfalls sein Preis. Er ist das günstigste Elektroauto, das derzeit in Österreich am Markt ist. Knapp 20.000 Euro, minus 5400 Förderung, die Staat und Automobilimporteure zuschießen. Also 14.400 Euro. Dafür gibt es ein fahrtaugliches Auto, das sich allerdings für den reinen Stadtgebrauch empfiehlt. Die Reichweite wird mit 230 Kilometern angegeben, das ist ein theoretischer Wert. Der Bordcomputer, der auch nicht immer stimmen muss, zeigt uns bei voller Ladung ein Maximum von 180 Kilometern an. Und da haben wir den Eco-Modus aktiviert und die Klimaanlage samt Heizung abgedreht. Geht man es etwas dynamischer im Fahrgebrauch an und bekämpft den Winter mit der Klimaanlage, dann ist noch früher Schluss. Und geschweige denn, wir brettern Vollgas über die Autobahn: Dann bricht die Reichweite in sich zusammen.

Und ja, brettern mit Vollgas auf der Autobahn ist möglich und legal. Wir können getrost ins Radar fahren. Der Wagen geht nicht schneller als 125 km/h. Und die fühlen sich schon recht abenteuerlich an. Hoffentlich gibt es keinen Seitenwind, der verstärkt das Bedürfnis, sich im Wagen zu verspreizen.

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Die Einrichtung ist frugal, die Sitze sind mit einem Imitat von Plastik überzogen. Insgesamt ist alles sehr übersichtlich, weil nicht viel vorhanden ist. Nur das Notwendigste. Das wird durchaus seine Anhänger finden, die nicht nur aufs Börsel schauen, sondern auch der Reduktion an sich etwas abgewinnen können. Aber: vier Räder, mit dem Lenkrad sogar fünf, ein Dach, vier Türen, vier Sitze. Und fährt. Wenn man immer schön den Schwung mitnimmt, lässt sich der Dacia Spring sogar recht flott fahren, in der Stadt. Die 44 PS sind herzig, fühlen sich auch so an. Man muss ja nicht immer Erster sein und kann auch einmal dem Fahrradboten den Vorrang lassen.

Einen Ausflug, na ja, muss nicht sein, Urlaub kann man mit der Reichweite sowieso abhaken. Aber in der Stadt, wenn nicht der Weg das Ziel, sondern nur das Ziel das Ziel ist, macht das schon Sinn. Und optisch gibt es zweifellos hässlichere Autos, auch im eigenen Konzern.

Zärtliches Heranbremsen

So, und jetzt der BMW. Atmen Sie durch, lehnen Sie sich zurück, schmiegen Sie den Kopf an etwas Weiches, hören Sie schöne Musik, überlegen Sie ein erstrebenswertes Ziel. Ja, so fühlt sich der BMW an. Totaler Luxus und Komfort. Das Auto kann alles. Denkt weiter und schneller als Sie am wohlig anschmiegsamen Lenkrad. Gleitet, wenn es der Verkehr zulässt, bremst sich zärtlich heran, wenn ein Hindernis auftaucht.

Die Ausstattung im Dacia ist frugal, auch in der Version Comfort Plus. Die Version Minus wollen Sie gar nicht kennen.
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Und jetzt werfen Sie einen Blick auf das rote Leder und diese Bildschirmfläche rechts.
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Das Auto protzt, schaut aber nicht so aus. Also Bescheidenheit ist eine Zier, besser fährt es sich ohne ihr, aber der BMW iX xDrive 50 ist zumindest kein so ein plumper Angeber wie der X6. 523 PS aus zwei Motoren, das ist ausreichend für absolut alle Lebenslagen, für die meisten sogar zu viel. Aber die Schnelligkeit oder der sportliche Anspruch sind gar nicht die Paradedisziplinen des iX, auch wenn er das sehr gut kann. Was er noch besser kann, ist die wunderbar herrliche Gemütlichkeit. Die darf man bei diesem Preis auch erwarten, wenn nicht gar einfordern. Nackt kommen wir auf mehr als 100.000 Euro. Allein die Extras, die das Leben und das Fahren lebenswert machen, summieren sich auf mehr, als für den Dacia ins gesamt hinzulegen ist. Mit allem Klimbim: 135.000 Euro. Da schnalzt manch einer mit der Zunge.

Dafür möchte man auch nicht mehr aussteigen. Reichweite: Von Wien nach Udine geht sich bei disziplinierter Fahrweise aus. Auch hier und hier erst recht gilt: Spompanadeln am Gaspedal erhöhen den Verbrauch. Mit feinfühliger Sohle sind auf dem Papier rechnerisch 630 Kilometer möglich, sagen wir 500 in der Praxis, das sollte hinkommen. Und reichen. Schnellladung auf 80 Prozent in 35 Minuten.

Grafik: Der Standard
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Ernsthaft geländegängig ist der BMW auch (der Dacia tut nur so), Sie kommen überall rauf – und runter sowieso. Und Platz hat er, Ihr Lebensgefährte wird jauchzen, die Kinder auch, aber die hören Sie in dem Wagen gar nicht mehr. Die sind hinten gut beschäftigt und werden zur rechten Zeit friedlich einschlummern, die Wangen ans feine Leder geschmiegt. Vielleicht werden sie noch neidisch nach vorne blinzeln, weil wir so ein tolles Bordsystem haben, Cinemascope. Die Breitbildfläche, die man früher einmal Armaturenbrett nannte, ist wirklich unglaublich. Und seid mir nicht böse, Ihr Elon-Musk-Jünger, aber da kann Tesla einpacken, aber so was von.

Niemand wird in die Verlegenheit kommen, sich zwischen einem Dacia Spring und einem BMW iX entscheiden zu müssen, da liegt einfach zu viel Geld dazwischen, das man hat oder eben nicht. Aber ja, es ist natürlich auch die Frage, was man so ausgeben will für ein Auto.

Der Dacia ist etwas für wage mutige Gesellen, die nicht die Freude am Autofahren in den Vordergrund stellen, aber auch wo hinkommen müssen. Ehrlich: Das Auto funktioniert. Und gar nicht so arg.

Der BMW ist ein Raumschiff dagegen, Warpgeschwindigkeit, und wir sind in einer anderen Welt. (Michael Völker, 22.2.2022)