Die Grünen drängten schon länger auf eine Reform der Parteienfinanzierung, am Montag präsentierten die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer und der ÖVP-Abgeordnete Andreas Ottenschläger den Gesetzesentwurf.

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Die Koalition ließ sich Zeit. Zumindest die Grünen wollten bereits 2020, im ersten Regierungsjahr, "gläserne Parteikassen" einführen, doch die Verhandlungen mit der ÖVP zogen sich auch pandemiebedingt dahin. So lange, dass der Rechnungshof (RH) im vergangenen Herbst mit einem ungewöhnlichen Schritt vorpreschte und selbst einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegte.

Nun zogen die Regierungsparteien nach. Am Montag präsentierten ÖVP und Grüne ihre Pläne, wie bei der Parteifinanzierung mehr Transparenz Einzug halten soll. Die Koalitionäre wollen laut den präsentierten Eckpunkten dabei so manche Forderung des Rechnungshofs umsetzen. "Faire Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb", verspricht der ÖVP-Abgeordnete Andreas Ottenschläger, Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer sieht ein Ende für "eine langen Geschichte von Intransparenz" nahen.

Prüfrechte: Bisher darf der Rechnungshof nicht direkt die Finanzen der Parteien kontrollieren, sondern bei vermuteten Unregelmäßigkeiten im Rechenschaftsbericht nur Wirtschaftsprüfer mit der Einschau beauftragen. Das soll sich nun ändern. Der türkis-grüne Plan gesteht der Prüfinstitution ein "direktes Kontroll- und Belegseinsichtsrecht" zu, sofern es einen begründeten Verdacht auf Verletzung des Parteiengesetzes gibt. Die betroffene Partei hat vorab die Gelegenheit zur Stellungnahme, im Zweifelsfall soll es eine Streitschlichtung vor dem Verfassungsgerichtshof geben.

Umfangreichere Nachweise: Die Rechenschaftsberichte sollen – wie ebenfalls vom Rechnungshof gefordert – aussagekräftiger werden. Bundesparteien müssen eine Bilanz für Vermögen und Schulden sowie Erträge und Aufwendungen offenlegen. Landesparteien sollen ebenfalls Einnahmen und Ausgaben dokumentieren, inklusive Immobilienvermögen, Kredite und Darlehen über 50.000 Euro. Auch auf Ebene der Landeshauptstädte und Gemeinden sollen die Parteien erfasst werden.

Wahlkampfkosten: Die Parteien dürfen sich für Abrechnungen nicht mehr jahrelang Zeit lassen, ein eigener "Wahlwerbungsbericht" muss samt detaillierter Aufstellung der Ausgaben innerhalb von sechs Monaten vorliegen. Alle Kosten des Wahlkampfs – ob von Werbung, Agenturen oder Meinungsforschung – sind zu berücksichtigen, unabhängig von Zahlungs- und Lieferterminen. Der Rechnungshof erhält das gleiche Kontrollrecht wie beim Rechenschaftsbericht.

Parteispenden: Das Meldesystem soll neu aufgesetzt werden. Einzelne Zahlungen von bis zu 150 Euro fallen unter die Bagatellgrenze, gelten also nicht als zu dokumentierende Spende. Die Einnahmen daraus müssen aber sehr wohl im Rechenschaftsbericht angeführt werden. Ab 150 Euro Einzelspende sind Namen und Summen jedes Quartal dem Rechnungshof zu melden. In der Bandbreite zwischen 500 und 7.500 Euro – Obergrenze pro Spenderin oder Spender und Jahr– soll der Rechnungshof zusätzlich die Geldgeber, Adressaten und Summen veröffentlichen. Außerdem soll das Parteispendenverbot auf alle Unternehmen mit direkter oder indirekter öffentlicher Beteiligung ausgeweitet werden– in letzterem Fall gilt eine Bagatellgrenze von zehn Prozent.

Inserate: Bei jeder Schaltung einer Anzeige in Parteizeitungen im Wert von über 2.500 Euro ist der Name des Inserenten und des Mediums auszuweisen. Davon sollen künftig auch Medien von nahestehenden Organisationen und Personenkomitees betroffen sein. Überdies ist für Wahlkampfzeiten eine Impressumspflicht vorgesehen: Bei Inseraten mit Politikbezug ist anzugeben, wer das Inserat finanziert hat.

Sanktionen: Für Verstöße solle es empfindlichere Strafen geben als bisher. Unterschlägt eine Parlamentspartei einen Rechenschafts- oder Wahlkampfbericht, droht eine Pönale von bis zu 50.000 Euro, in weiterer Folge könnte die Parteienförderung einbehalten werden. Teurer werden soll auch eine Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze von derzeit 7,2 Millionen Euro, wie die Grüne Maurer anhand eines früheren Verstoßes des heutigen Koalitionspartners illustriert: Musste die ÖVP wegen der Nationalratswahl 2017 rund 800.000 Euro Strafe zahlen, wären es jetzt unter den gleichen Umständen acht Millionen Euro.

Nicht jeden Vorschlag übernommen

Auch den Parteien nahestehende Organisationen und Personenkomitees sollen in die meisten neuen Regeln für Spenden und Wahlwerbung einbezogen werden, so die Willenserklärung der Koalition, entsprechende Institutionen müssen aufgelistet werden. Wie stark Umgehungsmöglichkeiten (siehe Infobox) damit eingeschränkt werden, wird der konkrete Gesetzestext zeigen. So weit wie der Rechnungshof in seinen Vorschlägen sei man aber nicht gegangen, erläutert Maurer. Denn dann wären auch gewöhnliche Zusammenarbeit von Parteien mit allen möglichen Organisationen im Geruch der Parteispende gestanden, so die Argumentation – etwa wenn die Grünen mit Flüchtlings-NGO's oder Amnesty International kooperieren.

Bewusst nicht eingegangen sei man auf den Wunsch des Rechnungshofs, die Mittelverwendung der Parteienförderung auf Zweckmäßigkeit zu prüfen – der RH wollte auch unterbinden, dass staatliche Förderungen zur Begleichung von Strafen für Wahlkampfkostenüberschreitungen oder die Annahme illegaler Spenden eingesetzt werden dürfen. Der Eindruck sei, dass auch die anderen Parteien hier skeptisch seien, meinte Ottenschläger. Man wolle einen fairen Wettbewerb gewährleisten, aber jede Partei solle selbst entscheiden können, wie sie mit ihren finanziellen Mitteln umgehe.

Lob vom Rechnungshof

Der Rechnungshof äußert sich dennoch wohlwollend. Die Einigung zur Reform des Parteiengesetzes sei "ein wichtiger Schritt für mehr Transparenz und Kontrolle", urteilte Präsidentin Margit Kraker: "Der Rechnungshof soll unter anderem echte Prüf- und Einsichtsrechte in die Parteifinanzen erhalten. Darauf habe ich nachhaltig gedrängt".

Kraker wünscht sich nun "zügige Beratungen" des Parlaments, um diesen Gesetzesvorschlag in die Tat umzusetzen. Und: "Ich hoffe sehr, dass auch die Oppositionsparteien diesen Reformschritt mittragen können. Wir brauchen eine neue Transparenzkultur in Österreich."

Fertig haben will die Koalition das Gesetz bis zum Sommer. Beschlossen werden soll es mit möglichst breiter Mehrheit, wie Maurer und Ottenschläger sagten. Daher soll es auch mit der Opposition Verhandlungen geben, die sich am Montag verhandlungsbereit zeigte. Deren Vertreter waren schon am Vormittag über den Gesetzesentwurf informiert worden. Im Entwurf sind einige Verfassungsbestimmungen enthalten – dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit und damit die Zustimmung von FPÖ oder SPÖ notwendig.

Auch die Bundespräsidentenwahl soll von den neue Regeln erfasst sein, die heuer anstehende Wahl ist aber noch nicht inkludiert. Das wäre "sehr sportlich" gewesen, sagte Ottenschläger. Er versprach aber, dass dies nachgeholt werde.

Opposition kritisch wohlwollend

Der FPÖ stößt nicht nur das sauer auf. In der Regel, dass Spenden jedes Quartal ausgewiesen werden müsse, sieht die Oppositionspartei einen Rückschritt: Schließlich müssen Spenden ab derzeit 2573,03 Euro nach geltender Rechtslage sogar ad hoc an den Rechnungshof gemeldet werden. Es sei um eine praktikabel Regelung mit einheitlichen Fristen gegangen, hält Maurer entgegen.

Positiver urteilen die Neos, die auf den ersten Blick bereits eine Verbesserung gegenüber dem Status Quo entdecken. Grundsätzlich wohlwollend äußert sich auch die SPÖ, die bei der ÖVP allerdings "Scheinheilligkeit" zu entdecken glaubt: Schließlich liege der Rechenschaftsbericht der Kanzlerpartei für 2019 immer noch nicht vor. Das stimme nicht, so die türkise Replik: Der Bericht liege bereits beim Rechnungshof. (Gerald John, red, APA, 21.2.2022)