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Das Wiener Palais Coburg ist Schauplatz der Verhandlungen.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger/File Photo

Nichts ist fix, bevor nicht alles fix ist, ist sinngemäß eine vielgehörte Sentenz zu den Wiener Verhandlungen über das Atomabkommen mit dem Iran. So wie "Der Ball ist ..." – jeweils beim anderen. Einig sind sich alle, auch die Gegner einer Einigung, dass Fortschritte erzielt wurden und die Entscheidung bevorsteht; aber auch, dass die letzten offenen Punkte die schwierigsten sind.

Details, wie der Text aussehen könnte, gibt es nur durch Leaks und zuletzt durch Andeutungen von Israels Premier Naftali Bennett am Sonntag. Demnach wäre der Deal "kürzer und schwächer" als das ursprüngliche Abkommen von 2015. Das bestreitet der russische Delegationsleiter Mikhail Ulyanov in einem Tweet: Es handle sich ja um eine Rückkehr zu demselben. Für die Gegner wäre es aber eine Schwachstelle, zum ursprünglichen Zeitplan zurückzukehren, dessen Beschränkungen für das iranische Urananreicherungsprogramm bis 2030 sukzessive auslaufen.

Laut Bennett sollen etwa die neuen, potenten Zentrifugen, die Teheran entgegen den Regeln bereits verwendet, laut einem Deal nur "eingemottet", nicht zerstört werden. Nicht völlig ausgeschlossen ist, dass das Teil einer Umgehung der – nicht zu erfüllenden – iranischen Forderung nach einer Garantie ist, dass die USA nicht mehr, wie 2018 unter Donald Trump, unilateral aussteigen: Der Iran könnte in dem Fall die Zentrifugen, die bei einem Deal von der IAEA versiegelt und kontrolliert würden, wieder auspacken.

Iranische Forderungen

Bennett sagte weiters, dass der Iran die Rücknahme von US-Sanktionen gegen die Revolutionsgarden (IRCG) verlange: für den Iran wohl auch quasi eine technische Forderung, denn die IRCG sind in vielen Bereichen der iranischen Wirtschaft stark engagiert. Nicht stattgegeben hätten die Verhandler in Wien dem Wunsch Teherans, dass die IAEA die Investigation der ungelösten Fragen von Irans Atomprogramm, die auf eine militärische Dimension hindeuten, einstellen sollte.

Laut Bennett werde Israel einen nuklearen "Schwellenstaat" Iran nicht zulassen, diese Formulierung soll Israels Bereitschaft unterstreichen zu handeln, bevor sich der Iran Atomwaffen anschaffen kann. Genügend angereichertes Uran, um damit das für eine Atombombe ausreichende waffenfähige Uran zu produzieren, hat der Iran bereits fast, andere Technologien würden nach Einschätzung der Experten noch bis zu zwei Jahre dauern.

In Teheran meldete sich der geistliche Führer Ali Khamenei mit einer Kritik zu den Verhandlungen von 2015 zu Wort, die sich auf die jetzigen umlegen lässt: Damals wären gewisse Punkte, die spätere Probleme verhindern hätten können, nicht berücksichtigt worden. Er zieht also rote Linien. Gleichzeitig ist eine neue Formulierung bei seinen Verhandlern aufgetaucht: Alle "dem Atomdeal widersprechenden" Sanktionen müssen fallen. Bisher hieß es: "alle" seit 2018 verhängten.

20-seitiger Entwurf?

Wie der fertige Deal aussehen soll – wenn es denn eine Einigung gibt –, weiß man nur aus Andeutungen und Leaks. Vergangene Woche berichtet Reuters von einem Entwurf eines 20-seitigen Deals, dessen Authentizität jedoch zumindest vom Iran bestritten wird, der vor "Spins" warnte.

Darin geht es vor allem um die erste Phase der Rückkehr der USA zum Atomdeal von 2015 und jener des Iran zu den Regeln: Teheran soll die Urananreicherung über fünf Prozent stoppen (momentan ist sie auf 60 Prozent), dafür werden durch die US-Sanktionen in Südkorea eingefrorene sieben Milliarden US-Dollar für den Iran verfügbar gemacht. Der Entwurf soll auch die Freilassung von westlichen Gefangenen im Iran vorsehen, es ist unklar, auf welche der vielen in Teheran sitzenden westlichen Bürger – darunter auch zwei Österreicher seit 2016 beziehungsweise 2019– sich das bezieht.

Nach dieser Eingangsphase soll es nach einem nicht näher bekannten Fahrplan weitergehen, in den auch die Aufhebung von US-Sanktionen – unklar ist, welche – fällt. Das würde nach einer noch zu definierenden Zeitspanne zu einem Re-Implementierungs-Tag führen, ab dem der Wiener Atomdeal von 2015 wieder voll umgesetzt wird. Von Teheran gewünschte Garantien, dass die USA nicht wieder austreten, soll es keine geben, aber Iran soll in diesem Fall auf 60 Prozent anreichern dürfen. Das ist schwer vorstellbar: Wie gesagt, Bestätigung gibt es keine. (Gudrun Harrer, 21.2.2022)