Die ersten Waren wurden noch in Kellerräumen gestapelt. Mittlerweile verfügt Niceshops im Dorf Saaz über mehrere große Lagerhallen.

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Im Dorf Saaz in der Oststeiermark hat sich ein mittlerweile europaweit agierendes "Klein-Amazon" mit einigen Millionen Kunden entwickelt. Das große Ziel von Niceshops: In ein paar Jahren will das Start-up an die Börse.

Es geht dahin", sagt Roland Fink und meint damit die Performance der – eigentlich in seinem Keller entstandenen – Onlinehandelsplattform Niceshops.

Anfang 2007 war es noch "ein nettes Hobby" sagt Fink, ein Versuch, sich mit Nahrungsergänzungsmitteln im E-Commerce-Geschäft zu üben. Die Familie sei im Keller gesessen und habe die ersten Packerln geschnürt und zur Post gebracht.

Das Geschäft lief so gut an, dass nach und nach neue Produkte dazukamen. Heute hortet das Unternehmen zwei Millionen Produkte in seinen Lagern und führt in den Büchern mehr als fünf Millionen Kunden, die einen Umsatz von 150 Millionen Euro generieren. In Summe also sozusagen eine offenbar gelungene Version des "Kaufhaus Österreich".

Die mittlerweile international agierende Firma hat nach wie vor ihren Sitz tief in der Oststeiermark, im kleinen 340-Einwohner-Dorf Saaz bei Paldau nahe Feldbach. Zuletzt sind neue Standorte in Graz, Wien und Ulm dazugekommen. Das steirische E-Commerce-Unternehmen hat sich nach Jahren mit stetem Umsatzwachstum vor einigen Monaten in Graz im Roseggerhaus mit einem großzügigen Office etabliert.

Das Roseggerhaus ist eines der bedeutenden Gebäude in der Annenstraße, einer ehemaligen "Grazer Mariahilfer Straße", die massiv an Attraktivität verloren hat und durch Firmenansiedlungen wie Niceshops oder ein großes Hotelprojekt langsam wieder in die Gänge kommt.

Pools und Frischfleisch

Unter dem Dach Niceshops sammeln sich mehr als 40 Onlineshops. Die Produktvariantionen reichen von Poolequipment über Naturkosmetik, "alles für den Garten", Pferdefutter bis zu Bewässerungsanlagen, Kinderspielzeug, Lederhosen, Frischfleisch aus dem Vulkanland bis zum angesagten E-Bike Geero.

Kunden und Kundinnen aus mehr als 150 Ländern werden nach Unternehmensangaben damit beliefert. Europaweit will man sogar alle Waren innerhalb von 24 Stunden liefern, verspricht Fink. Das Konzept des oststeirischen Start-ups scheint stimmig zu sein, immerhin hat sich mittlerweile der deutsche Handelsriese Müller mit 26 Prozent eingekauft und damit den Standort in Saaz, der bereits um zwei große Hallen erweitert wurde, abgesichert.

Großer regionaler Arbeitgeber

Für die oststeirische Region ist Niceshops mittlerweile zum stattlichen Arbeitgeber angewachsen. In Summe sind beim Onlinehändler 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, 160 davon im zentralen Standort in Saaz. "Eigentlich brauchen wird gar nicht suchen, wir haben seit Jahren genug Bewerbungen für unsere offnen Stellen", sagt Fink. Was wohl auch daran liegt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit de facto selbst regeln können.

"Wir haben, glaube ich, mittlerweile 45 unterschiedliche Arbeitszeitmodelle. Ein Wunder, dass das funktioniert", sagt Firmengründer Fink, der das Unternehmen inzwischen mit einer weiteren Geschäftsführerin und zwei Geschäftsführern managt.

Das Credo der Firma, das Fink unterstrichen wissen will: absolute Klimaneutralität. Versandt wird ausschließlich plastikfrei, ein Drittel des Energiebedarfs wird mit der hauseigenen Photovoltaikanlage abgedeckt, zwei Drittel mit Ökostrom. Das Logistikzentrum in Saaz wird mit der Abwärme der Biogasanlage des benachbarten Landwirts beheizt. "Wir versuchen insgesamt eine neue Unternehmenskultur zu leben. Das wirkt sich, wie wir sehen, auch positiv aufs Unternehmen aus, klimaneutral", sagt Fink. Immerhin gibts auch etliche Benefits: gratis Slow-Food-Mittagessen oder Kinderbetreuungszuschüsse.

Da passe auch die jüngste Acquisition dazu. Kürzlich meldete Niceshops, dass das Unternehmen 51 Prozent der Austro Connect übernommen habe und damit neben Graz, Wien, Linz und Salzburg die CO2-neutrale Zustellung via Fahrradboten ausbauen werde. In der Folge wolle man dies auch in weiteren europäischen Ballungszentren sowie für externe Handelsbetriebe anbieten.

Damit soll von der Verpackung bis zu den Kunden alles nach ökologischen Prämissen ablaufen, sagt Fink. Austro Connect ist ein Spin-off der Fuhrwerk Logistik GmbH, die in Graz Veloblitz Graz betreibt, das schon bisher Botendienste und Paketzustellungen per Fahrradboten in Zentralräumen anbietet.

Geplanter Gang an die Börse

Bisher lief das Geschäft im Netz über einzelne Shops, nach dem Prinzip eines Shoppingcenters: Man konnte zwischen den einzelnen Geschäften switchen. Das soll sich jetzt ändern. Niceshops will sich nun mehr an Amazon orientieren und mit einer neuen Adresse alles unter einen Hut bringen: Alle Produkte oder einzelne Produktkategorien können jetzt unter saaza.at aufgerufen werden.

"Sich alle zwei Jahre zu verdoppeln ist das eine Ziel", sagt Fink. Das andere käme einem Quantensprung gleich. Bei der Geschwindigkeit, mit der sich der steirische Onlinehändler entwickelt, wird demnächst auch neues Geld für die Expansion gebraucht. "Daher überlegen wir auch, in einigen Jahren an die Börse zu gehen, letztendlich auch, um unabhängig zu bleiben." (Walter Müller, 22.2.2022)